Die SZ blogt doch keinen hinter dem Ofen hervor …

„Zehn Gründe, warum Blogs in Deutschland nicht funktionieren.“ Das analysiert Felix Salmon im sz-magazin. Da man alldort leider nur kleine Kommentare hinterlassen kann, aber die Süddeutschen von sich behaupten, sie würden diese Thesen zur Diskussion stellen, bleibt einem leidenschaftlichen SZ-Leser ja gar nichts anderes übrig, als über diese Thesen zu bloggen. Was hiermit geschieht:

1. Deutschland blogge nicht, weil Deutschland in Hierarchien denke, während die Blogosphäre eine Gleichheitsmaschine sei.

Nein: auch in Deutschland glaubt man den „Oberen“ lange schon nicht mehr und die Beliebtheit der Leserbriefseiten in unseren Zeitungen wird nur von der Relevanz der Todesanzeigen („Schau mal an, der auch!“) getoppt.

2. In Deutschland zähle Qualifikation, in der Blogosphäre aber Originalität.

Nein: Wenn die bestbesuchten Blogs wirklich originell wären, dann würde das hier alles viel mehr Spaß machen. Wer sich vernetzt um des Netzwerks willen ist in Bloghausen „erfolgreich“. Die Perlen Blogingens liegen zumeist im Verborgenen.

3. In Amerika höre man auf die Stimme des Volkes (auf Blogs), in Deutschland nicht.

Ein drittes Nein: In Sachen Populismus und Politik nach den Vorgaben der Meinungsforschung gibt es lange schon keinen kulturellen Unterschied mehr zwischen beiden Küsten des Atlantiks. Jedenfalls nicht zwischen den nördlichen Küsten.

4. In Deutschland würden die Menschen an ihre Karriere denken, statt um die Dinge, die man brauche um ein guter Blogger zu sein.

Ja schon. Aber ist das in den USA anders? Sind es nicht auch dort vor allen Dingen die, die nichts zu sagen haben, die die Blogs vollquatschen?

5. Blogger müssten sich irren dürfen, in Deutschland dürfe man sich aber nicht irren.

Da ist was dran. Das ist wie mit einer ordentlichen Unternehmenspleite: in den USA muss man dieser Erfahrung wenigstens einmal gemacht haben, in Deutschland disqualifiziert man sich mit einer Pleite final vor allen Personalleitern und Bankberatern. In Amerika beginnt das Leben erst nach Chapter Eleven!

6. Die Deutschen seien methodisch und gründlich, die Blogger schnell und voreilig.

Wenn das stimmt, werden wir von Bloggern regiert …

7. Blogger seien Außenseiter, in Deutschland werden diese nicht geschätzt.

Solange es tausende Deutsche gibt, die Politiker und Journalisten werden wollen, solange gibt es auch Tausende mit dem Mut zu Außenseitertum und gesellschaftlicher Missachtung.

8. In Amerika würden Professoren bloggen, in Deutschland nicht.

Ja gut. Andererseits: in Amerika ist schon ein Ingenieur, wer eine Muffe von einem Flansch unterscheiden kann. Dort hat man eher ein italienischen Verhältnis zu Titeln. Sie „adeln“ weniger, als hierzulande. Das relativiert die Analyseergebnisse denn doch ein wenig.

9. In Deutschland arbeite man für Geld, nicht für Ruhm. Und Bloggen sei wie Arbeit.

Wenn erst einmal das Image aufkommt, dass man beim Bloggen reichlich zu Trinken bekommt, dann wird es hierzulande ebenso viele Blogger wie Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren geben. Das ist keine Frage des Geldes, sondern sozialer Anreize. Hilfreich wäre es auch, wenn der Playboy schreiben würde, dass Frauen Blogger einfach geiler finden … oder die BILD, dass Blogger länger können …

10. Die Deutschen nähmen ihre Ferien ernst, der Blogger aber kenne keine Ferien.

Wieder falsch: ich habe letzte Woche nicht gebloggt.

3 Antworten

  1. 1. Deutschland blogge nicht, weil Deutschland in Hierarchien denke, während die Blogosphäre eine Gleichheitsmaschine sei.

    Jawoll! (Geräusch zusammenklackender Hacken)

    2. In Deutschland zähle Qualifikation, in der Blogosphäre aber Originalität.

    Was ist an Tagebuchschreiben originell?

    3. In Amerika höre man auf die Stimme des Volkes (auf Blogs), in Deutschland nicht.

    In Amerika hört man die Stimme des Volks. In Deutschland nicht (Parteiendemokratie).

    4. In Deutschland würden die Menschen an ihre Karriere denken, statt um die Dinge, die man brauche um ein guter Blogger zu sein.

    Ich würde einen, der nicht bloggt, sofort feuern.

    5. Blogger müssten sich irren dürfen, in Deutschland dürfe man sich aber nicht irren.

    Hundert Millionen Blogger können nicht irren.

    6. Die Deutschen seien methodisch und gründlich, die Blogger schnell und voreilig.

    Blogger sind methodisch, gründlich, schnell UND voreilig (it takes all kinds to make a world).

    7. Blogger seien Außenseiter, in Deutschland werden diese nicht geschätzt.

    Wenn es denen nicht paßt, sollen sie doch nach drüben gehen.

    8. In Amerika würden Professoren bloggen, in Deutschland nicht.

    In Amerika wissen Professoren, wie man einen Compuzter bedient.

    9. In Deutschland arbeite man für Geld, nicht für Ruhm. Und Bloggen sei wie Arbeit.

    Dann müßte es bei uns mindestens 3.585.000 Blogger geben (Zahl der Arbeitslosen im April).

    10. Die Deutschen nähmen ihre Ferien ernst, der Blogger aber kenne keine Ferien.

    Stimmt! Wer in den Ferien nicht bloggt, der ist gar keiner (yes, this means you, Michael!)

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