Es ist wirklich nicht zu begreifen: Um den Regeln des neuen 12. Rundfunkstaatsvertrages zu genügen, fahren die öffentlich rechtlichen Sender ihre Internet-Auftritte zurück und löschen rund 70 Prozent der bisherigen Inhalte. SZ-Online berichtet ausführlich darüber.
Auf den ganzen Serienkram, der jetzt nach sieben Tagen aus dem Netz genommen werden muss oder den 25tausendsten Kalorienzähler, den die öffentlich rechtlichen jetzt auch nicht mehr in ihrem Online-Angebot haben dürfen, verzichte ich gerne. Aber das Politiksendungen ebenfalls schon nach einem Jahr offline gestellt werden müssen und nur Kultur und zeitgeschichtliche Dokumente nach dem sogenannten Verweildauerkonzept des Staatsvertrages nicht gelöscht werden müssen, ist nicht zu fassen. Auf diese Weise verliert das Netz ein ganzes Stück Gedächtnis und gerade dort wo Erinnern dringend gebraucht wird. Im Politikbetrieb, beim Überprüfen von Glaubwürdigkeit und Rechtschaffenheit von Politikern. Ohne jederzeit über Suchmaschinen abrufbare ältere Inhalte verliert der Normalverbraucher nämlich das, was ihm vor den Zeiten des Web nie zur Verfügung stand. Ein Archiv!
Natürlich sind die Regelungen des 12. Rundfunkstaatsvertrages auf Druck der privaten Verleger und TV-Sender so gestaltet worden, dass die Entfaltungsmöglichkeiten der öffentlich-rechtlichen im Internet eingeschränkt wurden. Sie haben Angst um ihre Umsätze im Internet. Sie laufen Sturm gegen die inhaltsstarken Internetauftritte von tageschau.de oder heute.de, weil die öffentlich-rechtlichen gebührenfinanziert etwas anbieten, dessen die Entwicklung Verleger teuer bezahlen müssen und nur durch Werbung refinanzieren.
Dieses Argument würde allerdings nur dann gelten, wenn private Medienunternehmer überhaupt ähnlich große Anstrengungen unternehmen würden, um qualitativ hochwertige Inhalte in nennenswerter Menge anzubieten. Wer sich schon einmal die Auftritte von Pro Sieben, RTL und anderen angesehen hat, weiß, dass sie ihre Klienten nicht versuchen mit Nachrichten oder Hintergrundberichten zu begeistern, sondern eher mit Popo-Vergleichen prominenter TV-Schönheiten den . Auch viele Intenet-Auftritte privater Verlage sind nicht gerade von hochwertigen journalistischen Inhalten geprägt. Den Verlegern ist guter Journalismus in der Regel längst zu teuer geworden, sie brauchen Ihnn nur noch als Feigenblatt, um Bilderstrecken, Preisausschreiben, Preisvergleiche oder andere Klickmaschinen zu rechtfertigen, um Traffic-Zahlen künstlich in die Höhe zu treiben.
Deshalb finde ich es tragisch, dass man die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen im Netz einschränkt, die privaten Sender aber nicht verpflichtet, ähnliche Anstrengungen für die Information der Bürger zu unternehmen wie die öffentlich-rechtlichen sie unternehmen müssen.
4 Antworten
Ich weiß nicht, was du gegen Popo-Vergleiche hast. Wollen wir mal?
Völlig d’accord – gebührenfinanzierte Inhalte zu zerstören ist einfach dämlich. Nur wegen einiger begabter Lobbyisten? Willkommen in Schilda! Gerade bei diesen Inhalten kommt doch der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Auftrag nach …
Sei es nun Spiegel, Stern , RTL, Pro7 oder sonstwas. Den Berichten des öffentlichen rechtlichen Rundfunkes traue ich tausendmal eher als den privaten Medien. Traurig, dass diese zu so einer Beschränkung greifen müssen und nicht durch ihre Inhalte überzeugen können.