Seit wenigen Tagen ist er verfügbar: der Astell & Kern AK Jr ist die Einstiegsdroge in die Welt mobiler hochaufgelöster Musik. Er ist so neu, dass er auf der deutschen Web-Site des Herstellers noch gar nicht existiert. Man findet auf die Schnelle dort auch kein Handbuch. Dem Produkt liegt auch kein gedrucktes Handbuch bei. Man soll es aus dem Web herunterladen. Im Web findet man aber keins. Aber lesen Männer Handbücher? Eben. (Ich hab dann später doch noch ein Handbuch gefunden: in internen Speicher. Von dort kann man es sich dann auf den Computer ziehen. Schräge Lösung.)
Auch wenn es nicht den Anschein hat, es gibt ihn, den Astell & Kern AK Jr. Ich hab ihn nämlich. Und er ist verdammt gut. Und für einen Analogi wie mich ist er die Einstiegsdroge ins digital-virtuelle Musikzeitalter.
Qualität aus Korea, nicht nur für Chick Corea (hüstel, hüstel …)
Astell & Kern aus Südkorea ist die unbestrittene Leitmarke für portable Abspielgeräte für Musik in Hochauflösung. Astell & Kern Player sind die Sony Walkmänner unserer Tage.
Hochauflösung, das ist Musik weit oberhalb von CD-Qualität. Im Prinzip handelt es sich um Musik in der Qualität der sagenumwobenen Originalaufnahmebänder. „Im Prinzip“ deshalb, weil auch die Qualität dieser Originalbänder von höchst unterschiedlicher Qualität ist. Was in frühen Tagen der Digitaltechnik in einem Studio digital aufgenommen wurde klang immer jämmerlich und klingt auch aus einem Astell & Kern widerlich. Aber wenn die Voraussetzung – das Masterband – stimmt, dann ist Musik von einem High Resolution Player so gut, dass rein akustisch der Plattenspieler das Nachsehen hat. Die Überlegenheit von Vinyl reduziert sich dann wirklich auf die Haptik und Optik. Aber Hand und Auge sehen nun einmal mit …
Der Astell & Kern AK Jr bietet Musik für Hand und Auge
Aber gerade bei Hand und Auge sind die Produkte von Astell & Kern ja bestens beleumundet: sie sind schön, wertig, handschmeichlerisch und einfach zu bedienen – auch für Menschen, die für gewöhnlich schon vor Jahren an der Fernbedienung eines Videorekorders kläglich gescheitert sind.
Bislang begann die Produktpalette beim AK 100 für rund 1.000,- Euro und neuerdings endet die Palette beim neuen AK 380 für schlappe 4.000,- Euro. Der kann dann aber auch schon alles, was es noch gar nicht gibt: Auflösungen bis zu 32Bit/384kHz, Speicher bis zu 384 GB und wenn man so ein Teil in die Hosentasche schiebt macht das je nach Hosenschnitt entweder gemächtig was her oder man sieht aus wie ein Baggy-Träger aus der südlichen Bronx.
Ganz anders mein neues digitales Einstecktuch, ganz anders der Astell & Kern AK Jr. Das „Jr“ steht für „Junior“, was nun wirklich bei einem HighTech-Leckerchen für immerhin auch noch rund 500,- Euro ein schlechter Marketing-Gag ist. Der „AK Jr“ – nein, ich bleibe beim „Einstecktuch“ – das AK Einstecktuch ist 8,9 mm flach, 117 mm hoch und 52,9 mm breit. Es bringt schlanke 93 Gramm auf die Waage, trägt also schon mal gar nicht auf. Und da es rundummerdum aus leichtem Aluminium gefertigt wurde, wäre es flugfähig, wenn die Konstrukteure auch noch einen kleinen Motor untergebracht hätten. Auch das Stealth-Design erinnert ja an Flugzeuge, sorgt aber auf jeden Fall dafür, dass man es von den vielen iphone-Klons hinreichend unterscheiden kann. Die Bestückung mit hervorragendem Gorilla-Glas erinnert mich an meine Leica M, nur das bei der Leica das Glas ungefähr den gleichen Aufpreis kostet, den die Koreaner für das ganze Einstecktuch nehmen.
Dezent in der Bedienung
Der Bildschirm ist ein farbiger Touchscreen in der für den Zweck völlig ausreichenden Auflösung von 240 x 400 Bildpunkten. Zur schnellen und dezenten Bedienung gibt es noch drei kleine Tasten und ein wunderbar analoges Drehrad für die Lautstärkeeinstellung, die übrigens sehr feinfühlig in kleinem Raster reagiert. Das ist besonders wertvoll, weil der AK Jr auch bei geringer Lautstärke bei guten Aufnahmen ganz wunderbar auflöst. Ein Genuss.
Es gibt leider nur eine analoge Schnittstelle, eine 3,5-mm-Klinke, zur Musikanlage oder zum Kopfhörer. Der Ausgangswiderstand liegt bei niedrigen 2 Ohm, was in Verbindung mit der gegenüber dem bisher kleinsten Astell & Kern Player erhöhten Ausgangsspannung dazu führt, dass man eigentlich jeden Kopfhörer ordentlich antreiben kann. Mit meinem Audio-Technica ATH-W1000X funktioniert‘s jedenfalls hervorragend. Und im Auto geht’s auch gut ab. Auch einen klassischen englischen V8 kann man übertönen. Wenn man unbedingt will. Mit Aktiv-Boxen soll es auch klappen, das konnte ich aber mangels aktiver Lautsprecher nicht testen.
Gegenüber den größeren Astell & Kern Playern wurde beim Jr. auf einen symmetrischen Analog-Ausgang und auch auf digitale Schnittstellen verzichtet. Allerdings gibt es eine USB Micro-B Schnittstelle. Hängt man hier einen PC dran, so kann man den Astell & Kern AK Jr auch als durchaus hochwertigen USB-DAC nutzen. Und über Bluetooth lässt sich das kleine Kerlchen kabellos in die häusliche Netzwerkumgebung einbinden.
Was kann das digitale Einstecktuch?
Was der Astell & Kern AK Jr. kann? Eigentlich alles, was man in absehbarer Zeit braucht: Der Wolfson WM8740 DAC bereitet alle PCM-Signale bis zu 24 Bit und 192 kHz und DSD-Daten mit DSD 2.8 auf. PCM 24/96 ist heute der Standard, in dem es schon eine vernünftige Auswahl an Download-Musik bei den einschlägigen Anbietern wie The Classic Shop oder HD Klassik gibt. Alles was darüber ist, dient allenfalls der Zukunftssicherheit. Und ob DSD wirklich Sinn macht, darüber streiten sich die Großohren noch.
Es werden alle heute relevanten Format unterstützt, also konkret MP3, Ogg Vorbis, APE, WMA, AAC, ALAC, AIFF, WAV, FLAC sowie DFF und DSF. Das alles natürlich gapless. Ich selbst nutze bislang nur FLAC. Als FLAC 24/96 oder 24/192 im Download und für meine digitalisierten CDs als FLAC 16/44.1, also die Originalauflösung der Silberscheiben. CDs digitalisiere ich nur für den mobilen Gebrauch. Und ich werde nun wohl auch mal ein paar Vinyls für unterwegs digitalisieren. Von der Anschaffung eines Plattenspielers für’s Auto habe ich Abstand genommen. Obwohl – ich war mal nah dran mir so ein Teil aus der Bucht zu fischen, aber dann wäre mein Auto vom Zwei- zum Einsitzer geworden. Und das wäre dann wohl doch ein wenig exzentrisch …
Ein paar technische Daten zum ASTELL & KERN AK JR
- Frequenzgang:
± 0,04 dB (Bedingung: 20 Hz~20k Hz) nicht symmetrisch
± 0,3 dB (Bedingung: 20 Hz~70 kHz) nicht symmetrisch - Rauschabstand: 112dB @ 1kHz
- Übersprechen: 120dB @ 1kHz
- Harmonische Verzerrung: 0.005% @ 1kHz
- IMD SMPTE: 0.0006% 800Hz 10kHz(4:1)
- Ausgangsimpedanz: 2 Ohm
- Akku-Kapazität: 1,450mAh 3.7V Li-Polymer Batterie
Eine ganze CD-Sammlung in der Brusttasche
Der Astell & Kern AK Jr – Verzeihung: das Einstecktuch – verfügt bereits über einen integrierten Speicher von 64 GByte, kann aber mittels microSD-Card um weitere 64 GByte auf insgesamt 128 GByte erweitert werden. Der Platz reicht also für gut 450 Stunden Musik in CD-Qualität. Für hochaufgelöste Downloads reicht das immer noch für mehr als 200 Stunden. Und 200 Stunden Musik in Studioqualität hören – da kann die Blockabfertigung am Tauerntunnel ruhig kommen.
Und wie klingt sie denn nun, die Musik vom Astell & Kern AK Jr?
Phan-tas-tisch! Der Jr. macht den Audio-Technica ATH-W1000X zur perfekten Abhöre. Die Wiedergabe bleibt neutral ohne überanalytisch hart zu werden. Die Abbildung ist realistisch breit und tief. Insbesondere bei hochaufgelöstem Material lassen sich Feinheiten in den Strukturen der Musik erleben, die man so von der CD nie zuvor gehört hat. Ich habe mir das Konzert Nr. 3 in F-moll von Scarlatti mit der Accademia Bizantina in 24/96 aufgespielt. Den recht großen Dynamik-Umfang konnte das kleine digitale Einstecktuch völlig unkomprimiert widergeben. Mauro Valli’s historisches Instrument, ein Barock-Cello, wird in seiner ganzen Wärme in all seinen melodischen Schattierungen erfahrbar. Besser hab ich das noch nie gehört.
Was soll ich resümieren? Der Astell & Kern AK Jr ist die Einstiegsdroge für Schallplattenhörer in die Welt hochaufgelöster digital gespeicherter Musik. Es ist ein schickes und dezentes Einstecktuch für gute Ohren. Ach ja, und noch was: so gerne ich ihn mag: vergesst Neil Youngs Musik-Toblerone, vergesst den Pono, der neue Astell & Kern, das Einstecktuch, ist kaum teurer.
—
Nachsatz
Czyslansky testet ab und an emotionale und technische Produkte: gründlich und kritisch, aber nach rein subjektiven Kriterien. Und bislang handelte es sich ausschließlich um Produkte, die regulär am Markt erworben wurden, keine kostenlosen Werbegeschenke oder „Besprechungsprodukte“ der Hersteller. Bislang erschienen auf diesem Blog folgende Testberichte:
Der Streaming Vollverstärker Advance Playstream A7 im Test – C’est Paris merveilleux
Kaffeemaschine von Kaffee Partner
Radio Tuner von Restek
Fahrrad (Trike) von HP velotechnik
Sony NEX-7 Digitalkamera
Microsoft Surface Tablet PC
Citroen DS 5 Hybrid
Der Audio-Technica ATH-W1000X Kopfhörer am Reussenzehn Röhrenkopfhörerverstärker Harmonie III
Der Tonarm Mörch DP-8 im Test
Dichtung und Wahrheit – Der RESTEK EPOS+ CD-Spieler im Test
Hallo Michael,
sehr pointiert geschrieben. Habe meinen Junior vor 30 Minuten erhalten. Per USB am I Mac angeschlossen.
Bei mir war ebenfalls kein Handbuch dabei. Meine I Pods
haben sich synchronisiert und Ruck Zuck hatte ich meine
Sammlung auf dem Einstecktuch. Bei diesem AK habe ich weder das interne Handbuch gefunden noch Titel
übertragen können ! Hiiiiilfe… Christian
Als leidenschaftlich Apple-Ignorant hab ich leider keine Lösung für Dich. Aber ich hoffe, A&K kann helfen. Ich nutze den A&K jr. regelmäßig und mit immer mehr Spaß. Inzwischen habe ich mir auch schon recht viele HD-Alben runtergeladen. Also Glück auf!