Digitale Beduinen

Digitale Beduinen am Wasserloch. Eine Diskussion zur Zukunft der Arbeit im Presseclub München

„Digitale Beduinen in München und die Zukunft der Arbeit“ – über dieses Thema diskutierten am 18. Oktober im Münchner PresseClub auf Einladung des Unternehmerkreises MUK IT (von links nach rechts): Dr. Klaus von Rottkay (COO Microsoft Deutschland), Moderator Dr. Michael Kausch (vibrio), Diana Coso (Senior Director Channel EMC) und Laurent Brückner (Geschäftsführender Gesellschafter Brückner Architekten).

Podium
Diskutierten die Zukunft der Arbeit: Dr. Klaus von Rottkay, Dr. Michael Kausch, Diana Coso und Laurent Brückner.
Dr.-Klaus-von-Rottkay

Vor wenigen Tagen eröffnete Microsoft Deutschland in München seine neue Zentrale. Die Presse feierte die neue Firmenzentrale in zahlreichen Artikeln als „wegweisend für die Zukunft der Arbeit“. Im Kern geht es dabei um Smart Workspaces, also darum, dass fest zugeordnete Standardarbeitsplätze durch Arbeitsplätze ersetzt werden, deren Gestaltung sich an unterschiedlichen Arbeitssituationen orientiert. Dr. Klaus von Rottkay erläuterte im PresseClub das Konzept wie folgt:

Angeboten werden vier verschiedene „Zonen“, die die wesentlichen Arbeitsanforderungen abdecken: den „Think Space“ nutzen die Mitarbeiter für konzentrierte Alleinarbeit, im „Converse Space“ arbeiten Teams an gemeinsamen Projekten, im „Share & Discuss Space“ finden Meetings statt und zum Telefonieren stehen individuelle Telefonkabinen zur Verfügung. Mitarbeiter suchen sich je nach ihren aktuellen Anforderungen einen Platz in einem der Workspaces.

Mitarbeiter entscheiden autonom, wann sie zuhause und wann sie in der neuen Firmenzentrale in der Parkstadt Schwabing arbeiten wollen.

Microsoft Smart Office
Die Zukunft der Arbeit bei Microsoft: Smart Workspaces (Bild Microsoft)

Die Zukunft der Arbeit ist für Frauen eine andere, als für Männer

Diana Coso
Die Diskussion im PresseClub drehte sich allerdings vor allem um den vielleicht wichtigsten fünften Workspace: den Homespace. Die Verbindung von klassischem Büro und „Remote Office“ – also der Arbeit zuhause, im Café oder an der Isar – hat natürlich einen großen Einfluss auf Familie, Work-life-balance und insbesondere die Beschäftigungschancen von Frauen. Diana Coso beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit Modellen zur Förderung von Frauen und Geschlechtergerechtigkeit. Solange Erziehungs- und Familienarbeit weiterhin in erster Linie von Frauen geleistet werden sind Home Offices durchaus eine gute Chance für viele Frauen parallel einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Grundsätzlich sind deshalb Remote Offices und vor allen Dingen flexible Arbeits- und Präsenzzeiten zu begrüßen. An der Doppelbelastung der Frau ändere dies aber nichts. Diana Coso: „Männer und Frauen leiden und profitieren beide von der neuen Arbeitswelt. Frauen aber immer ein wenig stärker – in beide Richtungen.“

Die Zukunft der Arbeit soll Spaß machen und die Produktivität erhöhen

Laurent Brückner hat als Architekt nicht nur Teile der Elbphilharmonie, sondern auch schon viele Bürolandschaften geplant und realisiert. In wenigen Tagen werden die Münchner Mitarbeiter von Google neue Büroflächen beziehen, geplant und realisiert vom Büro Brückner Architekten. Für Laurent Brückner standen drei Kerngedanken im Mittelpunkt des neuen Büro-Designs bei Google: die Mitarbeiter sollen zahlreiche Möglichkeiten haben ihre Arbeitsumgebung selbst zu gestalten, sie sollen Arbeit und kreatives Spiel miteinander kombinieren und die neuen Büros sollen ein wenig über die Region München erzählen – schließlich kommen viele Google-Kollegen aus anderen Regionen und die neuen Büros sollen Lernräume zur lokalen Kultur sein.

Zukunft der Arbeit bei Google
Google stellt in seinen neuen Münchner Büros die Region vor, hier zum Beispiel die nahen Alpen. Die Snow Boards kann man sich ausleihen. (Foto Google)
Laurent Brückner
Laurent Brückner
Laurent Brückner hat als Architekt nicht nur Teile der Elbphilharmonie, sondern auch schon viele Bürolandschaften geplant und realisiert. In wenigen Tagen werden die Münchner Mitarbeiter von Google neue Büroflächen beziehen, geplant und realisiert vom Büro Brückner Architekten. Für Laurent Brückner standen drei Kerngedanken im Mittelpunkt des neuen Büro-Designs bei Google: die Mitarbeiter sollen zahlreiche Möglichkeiten haben ihre Arbeitsumgebung selbst zu gestalten, sie sollen Arbeit und kreatives Spiel miteinander kombinieren und die neuen Büros sollen ein wenig über die Region München erzählen – schließlich kommen viele Google-Kollegen aus anderen Regionen und die neuen Büros sollen Lernräume zur lokalen Kultur sein. Ein Teilnehmer der Diskussion im PresseClub brachte denn auch den Unterschied zwischen den Konzepten von Google und Microsoft für sich auf den Punkt: „Google will seine Mitarbeiter bespaßen und Microsoft will, dass die Kollegen zuhause bleiben.“ Diese Zusammenfassung erscheint ein wenig arg verkürzt, geht es doch darum, die Kreativitätspotentiale der Mitarbeiter optimal zu fördern und die Attraktivität der Unternehmen für heutige und künftige Mitarbeiter zu erhöhen. Schließlich wird der Kampf um die besten Köpfe immer härter. So wies auch von Rottkay darauf hin, dass einige Software-Unternehmen bereits ihre Büros aus dem Umland in die Münchner City verlegen, weil sie befürchten sonst Mitarbeiter an Microsoft zu verlieren. Viele Mitarbeiter befürchten aber auch Nachteile, wenn sie ihr Home Office intensiv nutzen. Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom fürchten 47 Prozent soziale Isolation und immerhin 26 Prozent befürchten einen Karriereknick, da die Chance auf eine Beförderung sinke: wer nicht dauernd im Büro vor Mitarbeitern und Vorgesetzten sichtbar ist, kann seine Management-Qualitäten auch nur schwer beweisen. Viele Heimarbeiter fühlen sich zuhause abgelenkt: die Kinder sind laut, Nachbarn stehen plötzlich an der Haustür, der Hund bellt. Andererseits können aber eben auch Kinder versorgt und lange Fahrzeiten vermieden werden.
Gürkan Uzer
Gürkan Uzer, Sprecher des Unternehmerkreises MUK IT in Diskussion mit den Referenten im Münchner PresseClub.

Wesentlich hängt die Akzeptanz von Remote Offices von der Art der Tätigkeit und der Organisation des Unternehmens ab. Laurent Brückner etwa hält Home Offices für die in München tätigen Software-Entwickler von Google für schwer umsetzbar: „Die benötigen ein so komplexes technisches Computer-Equipment – das haben die zuhause einfach nicht!“

Wenn man es richtig macht, kann das Remote Office die Produktivität im Unternehmen erhöhen. Studien haben versucht diesen Produktivitätseffekt in unterschiedlichen Unternehmen zu messen. Demnach stieg die Produktivität zum Beispiel in diesen vier untersuchten Unternehmen wie folgt:

  • British Telecom: + 20 %
  • Dow Chemical: +32,5 %
  • American Express: +43 %
  • IBM: +50 %

Einig waren sich die Gäste des Unternehmerkreises in der Einschätzung, dass der Trend zu Remote Offices und Smart Workspaces unumkehrbar ist, einig aber auch darin, dass moderne Arbeitsformen neue Management-Qualifikationen erfordern:

  • Manager müssen lernen mit der größeren Autonomie der Mitarbeiter zu leben und ihren Mitarbeitern stärker zu vertrauen
  • Mitarbeiter müssen lernen eine neue für sich optimale Work-Life-Balance zu finden
  • Unternehmen müssen neue und sichere Kommunikationsinfrastrukturen schaffen

Grundsätzlich gilt, dass sich Unternehmen künftig stärker den Menschen und ihren Bedürfnissen anpassen müssen und nicht mehr so sehr die Menschen den Anforderungen der Arbeitgeber. Unternehmer – gerade auch mittelständische Unternehmer, die sich zum Beispiel im Unternehmerkreis MUK IT engagieren – müssen sich mit diesen Herausforderungen intensiv beschäftigen. Die Zukunft der Arbeit liegt in ihrer Hand.

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5 Antworten

  1. Vielen Dank für die Zusammenfassung. Ich konnte leider nicht dabei sein, habe jetzt aber ein gutes Gefühl dafür, was besprochen wurde. Ich schätze es, dass Du Dir die Zeit nimmst, es ausführlich zusammenzufassen.

    Inhaltlich bin ich mir noch nicht sicher, was das Neue an der Diskussion der „new way of work“ ist.

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