Im März 2014 feiert das World Wide Web 25jähriges Jubiläum, Anlaß für die Freunde Czyslanskys (alles Männer der ersten Stunde) Rückblick zu halten. Den Anfang macht „Internet-Urgestein“ Tim Cole.
Als Tim Berners-Lee 1989 seinen Vorschlag bei der Leitung des Kernforschungszentrums CERN in Genf einreichte, dauerte es ja noch ein paar Jahre, bis das Web tatsächlich mal lief. Ich war damals aber schon in diversen so genannten „Bulletin Boards“ unterwegs. Wir surften damals noch im Schneckentempo über Akustikkoppler, in die man einen Telefonhörer legte und wie beim Faxgerät die Daten über Piepssignale hin und her geschickt wurden.
Zum ersten Mal im Web war ich schon 1992, da gab es auf der ganzen Welt erst ungefähr 400 Web-Server, und der Web-Browser war noch nicht erfunden. Man gab stattdessen lange Befehlszeilen im UNIX-Code ein und wartete, ob etwas passiert. Aber es ging dann alles ganz schnell. Schon 1995 habe ich angefangen, einen „Online-Tagebuch“ zu veröffentlichen, also den wahrscheinlich allerersten deutschsprachigen Blog – nur hieß er noch nicht so, weil das Wort erst noch erfunden werden musste.
Das Web ist im Übrigen ja nicht das einzige, das dieses Jahr Jubiläum hat. Die Simpsons werden heuer 25. Vor 25 Jahren wurde der erste GPS-Navigationssatellit ins All geschossen. 1989 war auch das Jahr, in dem der Game Boy vorgestellt wurde. Ich denke, daran sieht man einerseits, wie lange das alles her ist und andererseits wie sehr sich die Welt inzwischen verändert hat.
In unserem Buch „Digitale Aufklärung“ schreiben Ossi Urchs und ich: „Alles, was sich digitalisieren lässt, wird digitalisiert; alles was sich vernetzen lässt, wird vernetzt – und das verändert alles.“ Und es stimmt: Ob in der Kommunikation, in der Nachrichtenverbreitung, dem Einkaufen, der Unterhaltung oder der Arbeitswelt – überall hat die digitale Revolution tiefe Spuren hinterlassen und unser Leben verändert. Und dabei stehen wir erst am Anfang!
Und wie geht es weiter? Man muss mit Prognosen sehr, sehr vorsichtig sein. Wer hätte vor fünf Jahren vorhersagen können, dass mehr als 50 Prozent aller Internet-User mit einem mobilen Endgerät, einem Smartphone oder einem Tablet-PC, im Web unterwegs sein würden? Facebook war vor sieben, acht Jahren höchstens ein paar Studenten in Harvard bekannt – heute nutzen es mehr als eine Milliarde Menschen weltweit.
Ich denke, das Web wird zunehmend die Grenzen zwischen unserer physikalischen Realität und der virtuellen Realität verschwimmen lassen. Google hat jetzt einen Vertrag mit dem größten Brillenhersteller der Welt geschossen, um seine Web-Brille „Google Glass“ massenhaft herzustellen. Wir werden uns zunehmend darauf verlassen, dass wir jederzeit und überall Informationen abrufen, Produkte einkaufen und Unterhaltungsangebote nutzen können, die im Web angeboten werden. Dieses Leben wird schneller verlaufen, weil Digitalisierung die Dinge automatisch beschleunigt. Damit werden wir erst lernen müssen umzugehen. Aber mit dem Web ist es im Grunde wie mit dem Mobiltelefon: Die Leute vergessen immer, dass es auch diesen kleinen roten Knopf gibt. Wer sich überfordert fühlt, der kann einfach abschalten…
Alles gut und schön, lieber Tim. Aber eine Google-Brille kommt mir nicht ins Haus. Dann schon eher die Brille von CWS: