Die nächste Sperre kommt bestimmt!
Gesperrte Websites, zensierte E-Mails: Die Machthaber in Peking haben schon eine Menge getan, um die Ausdrucks- und Meinungsfreiheit im Reich der Mitte zu zügeln. Jetzt haben sie eine weitere Lücke im staatlichen Überwachungsnetz entdeckt: Twitter.
Im Rahmen ihrer Kampagne gegen Pornografie, wie der Maulkorberlaß euphemistisch genannt wird, sollen die chineischen Telefongesellschaften in Zukunft alle gesendeten Text-Botschaften von Handys und Festnetztelefone routinemäßig nach verbotenen Begriffen scannen. Wird in einem Tweet oder einer SMS etwas gefunden, dass der regierungsamtlichen Definition von „illegalem oder ungesundem Inhalt“ erfüllt, soll dem Besitzer die Leitung oder der Zugang zum Mobilfunknetz gekappt werden.
Aber warum nur Texte? Man könnte doch auch gleich die ganzen Gespräche abhören (geschieht whrscheinlich ohnehin schon) und ebenfalls nach verbotenen Wörtern durchsuchen lassen.
Und gibt’s noch die Erfindung des indischen Neuroforscher Champadi Raman Mukundan, einem früheren Mitarbeiter des National Institute of Mental Health and Neuro Sciences in Bangalore, von dem bei Czyslansky schon die Rede war („Orwell läßt grüssen„): Mittels Analyse der Gehirnwellen, die von einem Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet werden, haben indische Gerichte bereits erste Urteile gegen Angeklagte gefällt, die ihre Schuld hartnäckig leugnen. Der nächste logische Schritt sind mobile Hirnscanner, mit denen die Polizei potenzielle Regimgegner auch dann aufspüren können, wenn sie noch gar nichts sagt, gewchweige denn getwittert haben.
Aber im Grunde ist das ja alles ein alter Hut. George Orwell bekamja seine Idee von der “thought police” aus Japan, wo 1936 ein “Gesetz zum Schutz und zur Überwachung von Gedankenverbrechern” verabschiedet wurde. Bereits 1911 war dort die “Spezielle Höhere Polizei” (Tokubetsu kōtō keisatsu, auch kurz „Tokko“ genannt) gegründet worden, die wegen ihrer Aufgabe, “gefährliche Gedanken” wie z.B. den Marxismus zu bekämpfen, unter dem Namen “Gedankenpolizei” bekannt war. Sie durfte “Gedankenverbrecher” allein aufgrund einer vermuteten regimefeindlichen Einstellung präventiv in Haft zu nehmen.
Bei der Textstelle über „indische Gerichte“ hatte ich abschweifende Assoziationen. Gedanken, die weniger regimekritisch, als viel mehr kulinarisch waren.
Und was 1984 angeht, bin ich echt froh, dass diese Zeiten totaler Überwachung vorbei sind. Wir sollten dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. Weiter so Tim!