Mehr als ein Telefongespräch auf einmal führen geht eigentlich nicht. Warum haben also immer mehr Leute als ein Handy dabei?
Sie fallen mir in letzter Zeit dauern auf: Menschen, die gleichzeitig mit zwei verschiedenen Handys jonglieren. Man trifft sie in der Bahn, im Flugzeug, im Lokal und auf der Straße. Und jedesmal frage ich mich: Warum zwei? Wer kann schon gleichzeitig zwei Telefongespräche führen? Na ja, die Italiener, vielleicht. Aber was treibt einen Mitteleuropäer dazu, sich mit mehr als einem Sprechgerät zu belasten.
Als Journalist darf man zum Glück neugierig sein, und so habe ich angefangen, wildfremde Menschen einfach anzuhauen und sie zu fragen: „Sagen Sie mal, warum haben Sie zwei Handys?“ Die meisten schauen mich etwas verdutzt an, denken kurz nach und erzählen mir dann ihre Geschichte.
Meistens ist es eine ganz einfache: Sie haben ein Handy von der Firma, mit dem sollen sie aber keine Privatgespräche führen, weil es sonst Ärger gibt mit dem Controlling oder mit dem Chef. Klingt einleuchtend, wenn auch ein bisschen kleingeistig: Man könnte ja eine Pauschalregelung einführen, wie beim Firmenwagen.
Andere sagen, sie seien Opfer der Steuerpolitik, die für so genannte geringwertige Wirtschaftsgüter eine Obergrenze von 150 Euro vorschreibt. Aber was bekommt man zu dem Preis schon für ein Handy? Jedenfalls keines mit Megapixel-Kamera, MP3-Player oder GPS-Navi. Also legen sie sich ein standesgemäßes Privatgerät zu und holen das Firmentelefon wirklich nur raus, wenn es unbedingt sein muss.
Ein Rechtsanwalt, den ich auf der Fahrt mit dem ICE nach Bonn traf, hatte die plausibelste Erklärung parat. Er hat einen Blackberry, auf dem kann er E-Mails empfangen. Die Kanzlei schickt ihm oft auf Reisen wichtige Gerichtsakten und andere Dokumente hinterher. Die muss er oft lesen, während er mit dem Kollegen oder dem Mandanten spricht, und das geht nicht, weil er dabei das Gerät ja ans Ohr halten müsste. Deshalb also das Zweithandy.
Interessant auch die Begründung eines Handelsreisenden, der mit mir im Abteil Richtung Salzburg saß. Auch er hatte ein Blackberry von der Firma, mit dem er seine E-Mails liest und seinen Terminkalender führt. Klar könnte er damit auch telefonieren – er tut es aber nicht. Und zwar, weil sich seine Frau Sorgen macht wegen Elektrosmog. Da man das Blackberry ganz nah an den Kopf halten müsste, um zu sprechen, hat sie Angst, er könne sich einen Gehirntumor holen. Also hat sie ihm ein einfaches Klapp-Handy gekauft, nach dem Motto: Da ist der Sender so weit wie möglich weg vom Kopf des Liebsten. Und weil auch er seine Frau sehr gerne hat, hält er sich ihr zuliebe dran.
Der Trend, so scheint es, geht also zum Zweithandy. Aber manche sind schon einen Schritt weiter: Sie tragen drei Handys mit sich rum. So wie der Deutschlandchef einer US- Computerfirma, der neben mir im Flieger nach Frankfurt saß und nacheinander drei Blackberrys auspackte. „Ein privates, zwei von der Firma – eines mit einer deutschen Nummer, das andere mit einer amerikanischen“, erklärte er. Klar sei es ärgerlich, drei solche Teile durch die Gegend wuchten zu müssen, aber was soll man machen?
Manche brauchen allerdings deshalb zwei Mobiltelefone, weil sie offenbar schon komplett multifunktionsfähig geworden sind. So wie die junge Dame, die ich neulich in der Münchner Trambahn beobachtete. Sie hielt ein Handy ans Ohr und redete unaufhörlich mit jemandem – und schrieb gleichzeitig auf einem zweiten Gerät eine SMS. Was dem Begriff „mit einem halben Ohr hinhören“ ja eine völlig neue Bedeutung verleiht…
Eine Antwort
die dame aus der tram hat offensichtlich ein problem:
sie bräuchte ein drittes handy um mit dem anderen ohr noch mp3 zu hören (musik will ich das nicht nennen). und ein viertes handy, das sie dir in die hand drücken könnte, mit der bitte sie mit ihren anderen drei handys zu fotografieren. und schick wäre natürlich noch ein fünftes gerät mit anrufbeantworter: „leider sind derzeit alle ohren belegt…“