ARD und ZDF zwischen Trump und Lindner

Der 6. November 2024 war ein Supernachrichten-Tag. Eigentlich ein Tag, an dem das öffentlich-rechtlicher Fernsehen seine Qualität unter Beweis stellen könnte. In den USA wird ein verurteilter Straftäter zum Präsidenten gewählt und in Berlin scheitert eine Regierungskoalition. Aber um es klar zu sagen: In den deutschen Sendeanstalten scheiterte der öffentlich-rechtliche Journalismus.

Der Journalismus zur Wahl in den USA: Die Wiederholung des Immergleichen

Was mich gestern wirklich geärgert hat war die schwache journalistische Qualität der Berichterstattung in den Öffentlich-Rechtlichen zur USA-Wahl. Auf die Wahl von Trump war offenbar niemand wirklich vorbereitet. Irgendwie haben doch wieder alle mit einem Sieg der Demokraten gerechnet. Man wollte und will Amerika einfach nicht verstehen. Das Ergebnis war über Stunden ebenso bemüht wie desaströs: eine ständige Wiederholung des Immergleichen.

Ich erinnere die Frage in der Tagesschau an die „die Kollegin vor Ort“ in Washington: „Warum hat Trump eigentlich die Wahl nun doch gewonnen?“ „Weil Trump deutlich mehr Stimmen geholt hat“. Aha!. Und Jörg Schönenborn erklärte doch tatsächlich – sinngemäß – die Wähler*innen in den USA hätten bei der Wahl von Trump eben zuerst an sich gedacht und dann erst an die Demokratie! Als sei die Demokratie eine Aufgabe des Staatsschutzes und ein Wert für „den Staat“, aber nicht die Sache der Menschen. Das ist genau die Argumentation der extremen Rechten, nach der man sich Demokratie eben erstmal leisten können muß. Das meint Schönenborn natürlich nicht so, aber er hat das so gesagt. Gestern in der Spätausgabe der Tagesschau. Und niemandem im Studio ist es aufgefallen.

Alle anderen Versuche, das Ergebnis der Wahl zu erklären, erbrachte nur altbekanntes: Trump wird auf dem Land gewählt, von Männern und von wenig Gebildeten. Und zunehmend wählen auch Menschen Trump, die gar nichts von seiner Präsidentschaft haben werden. Als hätten wir das nicht schon tausend Mal gehört. Oder waren das die Erklärungen zur letzten Bundestagswahl?

Auch die Auswirkungen waren altbekannt: Zölle rauf, Steuern für die Reichen runter. Ausländer raus, Sozialleistungen weg. Deja vu.

Über die schwache Reaktion der Demokraten und deren Abtauchen nach dem Wahldebakel aber wurde kaum diskutiert. Dabei wird es bitter notwendig sein, dass die Demokraten in den kommenden Jahren eine Führungsfigur gegen Trump aufbauen, um sich in und außerhalb der Parlamente gegen den Abbau demokratischer Rechte zu wehren. Dass sich Kamala Harris nach der Wahl so lange versteckt hat, dass sie ihre Wahlkampfteams in deren Trauer allein ließ, ist ein Zeichen von großer Schwäche. Es droht nicht nur ein übermächtiger Trump, es droht ein Auseinanderfallen der Demokraten. Genau diese Debatte habe ich bislang in den Medien schmerzlich vermisst. Und sie ist wirklich relevant für die Zukunft unter Trump.

Das ist der Berliner Schuft Schuft Schuft ...

Und Matthias Deiß war ob der Situation im Berliner Regierungsviertel so überfordert, dass er kaum mehr einen kompletten Satz sprechen konnte. Und er war nicht der einzige. Überhaupt der Ampel-Bruch: Natürlich hat die FDP mutwillig diesen Bruch herbeigeführt. Keine Frage. Aber die Journalist*innen hinterfragen einmal mehr nur die Schuldzuweisungen des Kanzlers. „Ist Olaf jetzt beleidigt? War die Koalition nicht eh am Ende?“

Warum hinterfragt kein Journalist die Rolle der SPD in den letzten Stunden der Ampel? Das war doch seit langem – endlich – mal wieder ein taktisches Meisterstück aus der SPD-Baracke. Ich habe denen das gar nicht mehr zugetraut, die Schuld am Koalitionsbruch so klar der FDP zuschreiben zu können. Sogar noch das Scheitern der letzten Überweisung von drei Milliarden an die Ukraine wurde so dreist wie locker-selbstverständlich der FDP angelastet.

Dass die Ampel zerplatzt ist, lag zweifelsfrei an der FDP. Wie sie geplatzt ist, das haben die Jungs und Mädels aus der SPD-Baracke aber geschickt eingefädelt. Das war so gut vorbereitet, wie die Statements unseres Kanzlers. Kein Wort und nicht einmal eine investigative Frage hierzu von den völlig überforderten Medienvertretern, die allesamt immer nur an der Oberfläche der gesprochenen und gebrochenen Worte kratzten, aber nie hinter die Kulissen blickten.

Ein schwache Leistung.

Illustrationen © GeorgV – stock.adobe.com

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Eine Antwort

  1. Dem kann ich nicht zustimmen. Zumindest nicht in Bezug auf die Tagesthemen von gestern Abend, Mittwoch 6.11.24. Anders als sonst, wo in den Tagesthemen in 30 Minuten oft weniger abgehandelt wird als auf einer Titelseite der Süddeutschen Zeitung, dauerte dieses Sendung anderthalb Stunden. Ich kam von Phoenix, die gut gearbeitet haben und die Tagesthemen haben die Infoflut so gut bewältigt, wie ich es nicht zu hoffen gewagt habe. Die Moderatorin im Studio war gut und ist nicht in Hektik zwischen den Schalten zu den verschiedenen Schauplätzen in Berlin verfallen. Es wurde nicht postuliert, sondern hergeleitet, so dass man die Denkwege der Journalisten nachvollziehen konnte. Ingo Zamperoni hat seine Sache in den USA gut gemacht, unterschiedliche Perspektiven auf Trump und das Ergebnis gehabt und auch von dort souverän zu den verschiedenen Schauplätzen in Brüssel und Budapest umgeschaltet. Ein journalistisches Highlight war sicher, dass Strack-Zimmermann am Ende der Sendung noch das Gerücht bestätigen konnte, wonach die FDP-Minister die Regierung verlassen haben, so etwas ist in den ritualisierten Nachrichtensendungen eher selten geworden. Also ich habe mich rundum informiert gefühlt. Dass die Journalisten in Berlin vor Ort zunächst mit der Lage überfordert waren, leuchtet mir ein. Auch wenn man den Ampel-Bruch als Hauptstadtkorrespondent kommen sah, so war das wie und vor allem die Aussagen der Protagonisten dazu nicht absehbar. Wenn ich Analyse will, oder detaillierte Schilderungen aus den Parteizentralen, dann kaufe ich mir die Zeit – wobei es die aufgrund des Erscheinungstermins am heutigen Donnerstag am schwersten haben dürfte, selten war wohl eine Zeitung von heute so von gestern. Echtzeitberichterstattung im Breaking-News-Fall und gleichzeitig qualifizierte oder gar investigative Analyse das ist wohl kaum zu schaffen, das liegt in der Natur der Sache.

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