Auf den Hund gekommen

Ich fülle dauernd irgendwelche Online-Formulare aus, um mir Zugang zu irgendwelchen mehr oder weniger nützlichen oder unterthaltsamen Websites zu beschaffen oder um etwas in einem E-Shop zu bestellen. Und da heißt es jedesmal von Neuem: Name eintragen, Strasse, Postleitzahl, Wohnort, Telefonnummer, E-Mail, manchmal wollen die auch noch die Faxnummer (obwohl ich seit Jahren kein Fax mehr gesendet habe und nur selten einen bekomme), häufig auch mein Geburtsdatum, beim Online-Einkauf natürlich auch die Kreditkartennummer. Und falls ich mein Passwort einmal vergessen sollte, werde ich häufig auch nach dem Geburtsnamen meiner Mutter oder dem Vornamen meines Hundes gefragt.

Leider habe ich gar keinen Hund, aber ich sollte mir vielleicht einen zulegen. Den könnte ich dann auf solche Leute wie den Betreiber von Vistaprint hetzen.

Eigentlich ist Vistaprint eine ganz tolle Firma: Es handelt sich um eine Druckerei, die Visitenkarten, Briefbögen und andere unverzichtbare Kommunikationsmittel liefert. Man kann dort per Internet bestellen, tippt (wieder mal) seine persönlichen Daten ein und bekommt das Gewünschte pünktlich und zu einem wirklich günstigen Preis ins Haus geliefert.

Seitdem ich Kunde von Vistaprint bin, bekomme ich aber fast jeden Tag E-Mails mit Betreffzeilen wie diese: „Dankeschön, Herr/Frau Cole. 24 Stunden bleiben, um es herauszufinden.“ Wenn ich weiterlese, finde ich heraus, dass Kugelschreiber mit meinem Firmenlogo bei Vistaprint um 50 Prozent herabgesetzt sind, oder dass es jetzt „Baseball-Caps gratis!“ gibt.

Ganz pfiffig, also – wenn da nicht die Anrede wäre. „Herr/Frau Cole“ – ja was denn nu? Männlein oder Weiblein – wissen die das denn nicht? Ich habe mir doch die ganze Mühe gemacht, alles einzutippen, und die kriegen es einfach nicht auf die Reihe. Was ist das denn für ein Sauladen! Lass‘ mich bloß in Ruhe!

Das ist jedenfalls meine spontane Reaktion. Ihre wahrscheinlich auch. Und so geht ein wohlgemeinter Marketing-Schuss nach hinten los, denn eigentlich hat Vistaprint ja verstanden, worum es im Online-Zeitalter geht: Um persönliche Ansprache. Mit Hilfe von modernen Computern, Datenbanken und so genanntem Customer Relationship Management, kurz CRM, kann heute jedes Unternehmen seine Kunden trotz Massenversand personengenau mit den richtigen Informationen ansprechen.

Unter der Überschrift „Kein Mangel an Kundendaten“ schreib kürzlich einer in der Fachzeitschrift „Informationweek“ über den angeblichen Geschäftsalltag im Jahre des Heils 2008: „Mitarbeiter aus den Bereichen Marketing und Vertrieb können in ihren Dokumentenerstellungsprozess automatisierte Rechereche-Funktionen einbauen, die Informationen über einen Kunden aus Briefen, Rechnungen, Depotauszügen oder Lieferscheinen zusammenfassen und so ein Bild über das genaue Kaufverhalten liefern.“ Klingt klasse, jedenfalls in der Theorie. In der Praxis kommt leider am Ende oft so etwas wie „Herr/Frau Cole“ heraus…

Neulich erzählte mir der Marketing-Guru  und Bestseller-Autor Edgar K. Geffroy („Das einzige, was stört, ist der Kunde“) eine nette Geschichte: Er sei im Ritz Charlton in Berlin aus einem Taxi gestiegen und wurde vom Portier mit den Worten begrüßt:  “Guten Abend Herr Geffroy, herzlich willkommen.“

Nun ist Geffroy auch bekannt wie ein bunter Hund, aber was ihn verwunderte: Er  war er noch niemals in diesem Hotel. Wie sich herausstellte, hatte der Mann seinen Namen einfach vom Koffer abgelesen. Und die Anrede hat auch geklappt. Anders als im Internet…

2 Antworten

  1. ach tim,

    wirklich zufrieden können wir mit dem thema kundenservice doch erst sein, wenn du früh morgens im frühstücksraum des formule 1 hotels mit einem blick auf dein handy mit „guten morgen herr czyslansky“ begrüßt wirst …

  2. Komischerweise immer die richtige Anrede wissen der Gas- und Stromversorger, die Stadwerke (Müll und so) und der Schornsteinfeger. Da die aber alle immer teurer werden, ärgere ich mich trotzdem.

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