Herr Kausch empfiehlt Frau Komachi empfiehlt ein Buch
Herr Kausch empfiehlt Frau Komachi empfiehlt ein Buch Das musste ja so kommen. Kaum habe ich hier und auf Instagram, Facebook und LinkedIn das schöne
In letzter Zeit habe ich ja einige Bibliomane gelesen, also Romane über seelenkranke Bibliophile: Erst hat Satoshi Yagisawa ihre Lebenskrise in der Buchhandlung Morisaki ausgeheilt und dann hat auch noch Frau Komachi mehr als ein Buch empfohlen. Im Hintergrund habe ich mich dabei auch noch laufend mit dem Büchersammler Peter Kien und seiner Frau und Haushälterin Therese Krumbholz herumgeschlagen und trudelnd in den Irrsinn begeben. Von allen Schreiberlingen war Canetti zweifelsfrei der riesenhafteste, sein Held der wahnsinnigste. Kein Wunder, spielt seine Handlung doch auch im freudianischen Wien, nicht im vergleichsweise vernunftbegabten Tokio.
Aber es gibt eine Verbindung. Canettis Protagonist ist immerhin Sinologe und also mit fernöstlichen Weisheiten vertraut. Und er ist ein Büchernarr. Er lebt mit Büchern. Bis er eines Tages den verhängnisvollen Fehler begeht seine Haushälterin zu ehelichen. Damit beginnt der Absturz in den Wahnsinn. Gegen das, was er in der Folge an Schrecken erlebt, sind alle Erlebnisse Franz K’s ein heiteres Ponyschlecken.
In der Tat ist der Roman von größter Düsternis durchzeichnet. Salman Rushdie erkennt wohl zu Recht in der Blendung das Aufscheinen des in den 30iger Jahren auch in Österreich heraufziehenden Faschismus. Susan Sontag, die ich überaus schätze, würgt es ob des leidenschaftlichen Frauenhasses, der ihr in der Blendung entgegenschlägt. Andere erfreuen sich am Nestroyschen Witz, der ihnen aus Canettis Großwerk entgegenlächelt. Es ist schon ein arg wienerischer Humor, der hier wie ein mordender Clown aus den Buchdeckeln lacht. Peter Kien hasst ja nicht nur die Frauen, er hasst die Menschen ganz allgemein, insofern sie nicht gerade als Figuren in Büchern unterwegs sind. Er hasst eigentlich alles, was wirklich lebt und auf zwei bis vier Beinen steht. Andererseits, wie schreibt schon der us-amerikanische Schriftsteller Leo Rosten: „Ein Mensch, der Hunde und Kinder hasst, kann nicht ganz schlecht sein.“ Und ein Mann, der sich wie Kien mit 25.000 Büchern umgibt kann schwerlich auch noch ein Menschenfreund sein. Deshalb habe ich bei 15.000 auch aufgehört. Man will doch nicht der Blendung anheimfallen …
Elias Canetti: Die Blendung. 15 Euro. Beim Buchhändler Deines Vertrauens. Oder bei buch7.
Illustration © Michael Kausch
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Buch-Tipp für Leseratten: Satoshi Yagisawa: Die Tage in der Buchhandlung Morisaki Euch fehlt noch ein Weihnachtsgeschenk für eine Leseratte? Da hab ich was für Euch:
“Wien hat lauter Wahrzeichen und jeder Wiener fühlt sich als solches” soll Karl Kraus einmal gesagt haben. Und wirklich ist Wien, eine Stadt mit gerade mal knapp zwei Millionen Einwohnern, voll gestellt mit Sehenswürdigkeiten. Die Entwicklung dieser Stadt ist völlig untypisch: Schon im jahr 1920 hatte Wien mehr als zwei Millionen Einwohner. Danach ist Wien verzwergt. Damals war Wien eine turbulente Metropole, Hautpstadt einer Großmacht. Und das sieht man dieser Stadt heute noch an allen Ecken und Enden an. Hier ist alles ein wenig zu groß geraten: die Straßen, die Theater, die Bürgerhäuser, die Museen, das Selbstbewusstsein ihrer Einwohner. Selbst das Rad ist ein RIESENrad.
Czyslansky ist das Blog von Michael Kausch. Hier schreibt er privat über alles, was ihn interessiert: Literatur, Hifi, Musik, Reisen, Fotografie, Politik und Digitalkultur.
Beruflich ist er als Kommunikationsexperte spezialisiert auf strategische und konzeptionelle Unternehmensberatung und Coaching im Bereich integrierter Unternehmens- und Marketingkommunikation, Markenkommunikation, Reputationsmanagement, Krisen-PR, strategisches Social Media Marketing, Inbound Marketing und vertriebsorientierte Öffentlichkeitsarbeit.