Schallplatte

Aus der Plattenkiste / Folge 2

Das ist dann schon die zweite Folge der Kurzvorstellungen von Fundstücken aus meiner Schallplattensammlung. Heute habe ich fünf Jazz-Platten herausgefischt: Volker Kriegels „Live in Bayern“, Charly Parker mit „Bird an 52dn Street“,  Charles Mingus mit „Ah Um“ und dann noch zwei ganz große Sängerinnen: „Strange Fruit“ von Nina Simone und eine russische Platte mit Ella Fitzgerald.

Volker Kriegel: "Live in Bayern"

Jeder kennt jeden über dreieinhalb Ecken. Jedenfalls in Facebook. Sagt Facebook. Das heißt aber noch lange nicht, dass jeder mit jedem schon mal über dreieinhalb Bühnen auf der Bühne stand. Immerhin stand ich schon mal mit einem auf der Bühne, der schon mal mit einem auf der Bühne stand, der schon mal mit Volker Kriegel auf der Bühne stand. Und der ist nun wirklich eine deutsche Jazz-Legende. Mit dem Mild Maniac Orchestra tourte er in den 70igern durch die Lande, an den Stöcken Evert Fraterman aus meiner Heimatstadt Ansbach. Und der ist nun selbst wieder eine Legende. Platten mit Dick Heckstall-Smith, Eberhard Schoener und und und.

Charly Parker: "Bird an 52dn Street"

Charly Parker, aufgenommen am 6. Juli 1948 im Jazzclub Onyx in N.Y.C. Ein Bebop-Klassiker mit Gillespies „A Night in Tunisia“, Monks „52nd Street Theme“ und ein Haufen Zeugs, das im Pflichtenheft der Jazz-Geschichte steht. Bei mir dreht sich immer wieder die Fantasy-Ausgabe aus den 60igern.

Charles Mingus: "Ah Um"

Diese Aufnahe ist genau so alt wie ich bin. Ein guter Jahrgang. Und vielschichtig. Ein bisschen Bebop, ein bisschen Avantgarde. Eine Platte, die mitten in der Zeitenwende entstand. Deshalb hat sie auch zwei Seiten: eine A- und eine B-Seite. Und diese Platte ist auch noch ausgesprochen hübsch: eine Picture-Disc. So ein bisschen Farbe macht doch gleich mehr her.

Und dann gibt es da noch den Song „Goodbye „, eine Reverenz an Lester Young und dessen Hut, einen Pork Pie Hat. Ich habe natürlich auch einen. Eine klassische Hutform, beliebt bei Musikern, vor allem bei Saxophonisten. Der Song alleine ist ein guter Grund sich diese Platte auf den Teller zu legen, ist ein Pork Pie doch nichts anderes als eine Fleischpastete. Und die gehört auf den Teller.

Nina Simone: "Strange Fruit"

„I want a little sugar in my bowl“. Ich liebe diese Frau. Nina Simone. Das Jahr 1933 hat nicht viel Gutes gebracht. Außer eben Nina Simone. In den sechziger Jahren engagierte sie sich in der Bürgerrechtsbewegung. Das Titel-Stück „Strange Fruit“ ist ein Protest-Song aus den 30iger Jahren gegen die Lynch-Morde an den Schwarzen in den us-amerikanischen Südstaaten:

„Southern trees bear a strange fruit,
Blood on the leaves and blood at the root,
Black body swinging in the Southern breeze,
Strange fruit hanging from the poplar trees.
Pastoral scene of the gallant South,
The bulging eyes and the twisted mouth,
Scent of magnolias sweet and fresh,
And the sudden smell of burning flesh.
Here is a fruit for the crows to pluck,
For the rain to gather, for the wind to suck,
For the sun to rot, for the tree to drop,
Here is a strange and bitter crop.“

Besser hat das nur Billie Holiday gesungen. Aber das ist eine andere Platte, die ein paar Zentimeter weiter links steht …

Ella Fitzgerald: Элла Фицджеральд

Eine russische Pressung von 1975 mit Ella Fitzgerald. Enthalten sind Hello Dolly, Blue Moon, Just In Time, Whisper Not, A Night in Tunisia, Mr. Paganini, Sweet Georgia Brown, All of me, I Can’t Give You Anything But Love, Airmail Special, Jersey Bounce. Gelbes Vinyl, dünnes Cover, fette Stimme. Die Pressung ist … äh … realistisch-sozialistisch. They can’t give us anything but Ella …

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Illustrationen © Michael Kausch

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Aus der Plattenkiste

Ähnlich wie ich in der Reihe „Literarisches Quintett“ in loser Folge in Kurzbesprechungen Bücher aus meiner Bibliothek vorstelle will ich ab heute ab und an in der „Plattenkiste“ einige Schallplatten und wenn es nicht anders geht auch CDs oder gar Platten, die ich als HD-Files besitze, vorstellen. Sie ergänzen die ausführlichen Besprechungen, die es nach wie vor geben soll. Die Kurzvorstellungen, die ich immer in handliche 5er-Pakete zusammenfasse, sind Beifang aus unterschiedlichen Postings und Sammelbesprechungen. Los geht es mit Novalis „Vielleicht bist du ein Clown“, Jane Birkin und Serge Gainsbourg: „Je t’aime moi non plus“, Johann Georg Albrechtsberger: „Zwei Maultrommelkonzerte“, Arlo Guthrie: „City of New Orleans“ und Charlie Chaplin: „Oh! that Cello“.

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