Be- und Enthaarung – Anmerkungen zum Weltmännertag (5)

Czyslansky-Mann

„Immerhin,“ so hört man von seinen Geschlechtsgenossen immer wieder „…müssen wir uns täglich rasieren.“
Diese völlig überflüssige Erwiderung folgt meistens, wenn Frauen sich über die enorme Lästigkeit der monatlichen Menstruation beschweren. Dabei besteht doch gar keine Notwendigkeit für uns Männer, sich hier quasi tröstend und entschuldigend zu äußern. Warum? Ich verstehe das nicht. Zu allem Überfluss ist diese Feststellung auch noch völlig falsch. Männer müssen sich nicht rasieren, Frauen hingegen schon:
Wenn Männer wollen, können sie oberhalb der Kehle Wildwuchs bis hin zum khomeini-artigen Barte des Propheten wachsen lassen. Gerade die Generation U30 gefiel sich ja in jüngster Zeit mit Versuchen, flauschige Flickerlteppiche um Wangen, Kinn und Oberlippe sprießen zu lassen. Das macht sie allerdings, wie man in den Pendel-U-Bahnen zur Universität beobachten kann, nicht unbedingt männlicher. Es lässt sie eher alt aussehen, aber vielleicht ist das ja so gewollt.
boris-czys1In den Körperpartien unterhalb des Adamsapfels aber haben wir Männer im Gegensatz zu Frauen eine Carte Blanche. Alles kann, nichts muss. Lediglich das eigene Körperbewusstsein, der eigene Geschmack und das Bedürfnis, seiner/m Lebens- oder Ehepartner/in gefallen zu wollen, bestimmen, was an Körperbe- oder enthaarung stattfindet. Man kann sich von glatt bis Bär präsentieren, ohne gesellschaftlichen Zwängen, Moden, Konventionen oder Ansprüchen Genüge leisten zu müssen. Das gilt auch für den öffentlichen Raum wie Strand, Schwimmbad oder Sauna. Da sind wir fein raus – im Gegensatz zu den Frauen.
Nehmen wir die Beine: Wer als Mann nicht gerade Profi oder der Sucht zum dauersporteln verfallen ist, der ist als Mann von der Pflicht befreit, sich die Beine zu rasieren. Und selbst das gilt nur für einige wenige Sportarten: Manche Radfahrer rasieren sich die Waden, gern auch Läufer und einige Schwimmer; wobei letztere noch immer den Beweis schuldig sind, dass die kahle Wade das fehlende Tausendstel zum Sieg reinholt. Radfahrer, die des öfteren unfreiwilligen Körper-Asphalt-Kontakt hatten, finden die anschließdende Wundreinigung und Versorgung auf rasierter Haut angenehmer – liest man. Ich weiß es nicht (s. Bild unten). Der durchschnittliche xy-chromosonale Homo sapiens benötigt keinen Kahlschlag am Schenkel. Frauen aber finanzieren für schöne Fesseln eine ganze Produktserien, Drogerieketten und eine blühende Werbeindustrie. Und das ist gut so. Hinzu kommt die einschlägige Fachpresse wie Brigitte.de, damit auch jede weiß, wie’s mit dem Epilieren oder Rasieren geht.
wadeNoch weniger besteht für uns Männer, wenn wir nicht gerade wie Paul Biedermann im Delphinstil die 50m-Bahn durchpflügen oder wie Fabian Hambüchen am Reck hängen, die Notwendigkeit, sich die Achseln zu rasieren. Manche tun’s trotzdem. Sollen sie. Wenn’s schee macht…
Auch das ist ein Kann, aber ganz sicher kein Muss.
Frauen haben diese Wahlfreiheit nicht. Quillendes Buschwerk aus den weiblichen Achselhöhlen ist heutzutage genauso verpönt wie eine Delacroix-Dose mit Schildkrötensuppe im Supermarktregal. In den frühen 80er Jahren war beides ganz normal. Jetzt ist es ein absolutes No Go. Die Zeiten ändern sich und nicht alles war früher besser (q.e.d.).
Auch der (Gärtner mögen mir die Begriffsentlehung verzeihen) strenge Erziehungsschnitt in der Intimzone ist für Männer eine Option aber keine Obligation. Frauen hingegen kommen an einer Bikinifrisur kaum mehr vorbei.
Nur die Haare auf den Zähnen scheinen bisher von jeder Rasurpflicht ausgenommen zu sein. Bei Frauen wie Männern.
Und das ist schade.
Was für eine Lust ist es doch, ein Mann zu sein…

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Alle Beiträge in der Übersicht:

(1) von Bomhard, Sebastian: Baumärkte, Big Data und Penis
(2) Broy, Alex: Jeder Tag ist ein Tag von irgendeinem Scheiss
(3) Cole, Tim: Wie schön es ist, eine Frau zu sein! Oder ein Hund…
(4) Kausch, Michael: „Pull Over“ – Sieben Erklärungen für den wahren Unterschied zwischen Mann und Frau
(5) Prauser, Lutz: Be- und Enthaarung
(6) Witte, Christoph: Männer: Von Harrison Ford bis Lady Gaga

Eine Antwort

  1. „ohne gesellschaftlichen Zwängen, Moden, Konventionen oder Ansprüchen Genüge leisten zu müssen“
    dein text ist ziemlich blind auf einem auge.
    schau dir mal übliche business bereiche an: Frauen haben eine große varianzbreite, was kleidung angeht; die männer hingegen müssen alle in anzügen, Hemd, krawatte auflaufen.
    darfst du dich als man schminken, nägel lackieren? wie sitzt mit haare aus? beliebige farben u frisuren als mann erlaubt?
    usw usw

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