Einige warten hier auf meinen Reisebericht vom Amazonas. Tatsächlich bin ich ja vor wenigen Wochen den großen Fluss von Tabatinga bis Manaos hinunter gefahren. Sie müssen noch ein wenig warten. Der Bericht ist in Arbeit. [Nachtrag vom 1.1.2023: Inzwischen ist der erste Teil meines Reiseberichts mit der Jangada auf dem Amazonas erschienen]
Vor mehr als 150 Jahren unternahm diese Reise schon ein gewisser Joam Garral, eine Figur aus dem Figurentheater von Jules Verne, aufgeschrieben 1881, unter dem Titel „Die Jangada“ erstmals ins Deutsche übertragen 1882, dann lange Jahre vergessen und schließlich auf wundersame Weise gefunden, sorgsam editiert und sorgfältig wiederveröffentlicht als Band 406 der Anderen Bibliothek im Oktober 2018 im Berliner Aufbau Verlag.
Jangada war nun auch der Name des Schiffes mit dem ich im Oktober 2022 den Amazonas bereiste. Und ganz eigentlich bezeichnet Jangada eine besondere Art Floß, versehen mit einem dreieckigem Segel und einer Strohhütte, die einer Indio-Familie als schwimmende Wohnung dient. Eine Janganda war also im 19. Jahrhundert eine Art Hausboot in Form eines groben Floßes.
Die Storyline von Jules Vernes Jangada
Worum geht es in diesem Abenteuerroman?
Geschildert wird die Reise des peruanischen Farmers Joam Garral mit seiner Familie und rund 100 (!) Bediensteten auf einem großen Floß auf dem Oberlauf des Amazonas von Peru hinunter bis nach Manaos und weiter Richtung Atlantik. Der Anlass der Reise ist die geplante Hochzeit seiner Tochter mit einem jungen Mann. Der Schwiegersohn kommt aus Belem und eben dort soll die Hochzeit stattfinden.
Zur Reisegesellschaft stößt ein unheimlicher Gast, der sich im Besitz eines Kryptogramms befindet, dessen Entschlüsselung später über Leben oder Tod von Joam Garral befinden wird. Mehr will ich über den Plot nicht verraten, schließlich handelt es sich um einen durchaus spannende Abenteuergeschichte, alles in allem altmodisch, klassisch, geeignet für alle Menschen die nach klassischen Abenteuerromanen die ein wenig nach salzigem Meer, stinkendem Fisch, dunklem Urwald, ungeheuren Ungeheuern, bärtigen Banditen, bösen Jungs, hübschen zarten Mädchen und all so’n Kram lechzen. Ein klassischer Jules Verne eben, nur viel realistischer, als „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“, „Die Reise um den Mond“, „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ oder all die anderen phantastischen Reiseberichte, die ich fast alle mit Begeisterung und Hingabe gelesen habe. Ich liebe den Wahnsinn …
Jules Verne als Reiseführer
In der „Jangada“ empfiehlt sich Jules Verne tatsächlich als Reiseführer, der durchaus realistisch Natur und Menschen am oberen Amazonas beschreibt. Ich habe das Buch erst nach meiner Reise zum Amazonas gelesen und erkannte vieles im Buch wieder, was ich wenige Tage zuvor mit eigenen Augen gesehen hatte.
So beschreibt er schon im 19. Jahrhundert die Indigenen mit folgenden Worten:
„Man darf jedoch nicht vergessen, daß die heutigen Indianer (sic!) nicht mehr die Ebenbilder ihrer Vorfahren sind; statt des früheren Nationalkostüms mit dem Stirnband aus Arasfedern und der gewöhnlichen, aus Bogen und Blasrohr bestehenden Ausrüstung haben sie zum Beispiel auch amerikanische Bekleidung akzeptiert“.
Meine Begegnung mit dem aktuellen Präsidenten des Ticuna-Stamms Trovao – der Stamm wird auch von Jules Verne erwähnt – illustriert dies deutlich: Trovao trägt zu unserem Empfang den Federschmuck aus blauen Ara-Federn, der seine Funktion verdeutlicht, kombiniert mit passend blauen Jeans.
Auch die Tier- und Pflanzenwelt wird von Jules Verne absolut realistisch beschrieben, etwa die Kaimane, von denen ich allerdings in den Nebenflüssen des Amazonas nahe bei Manaus sehr viele gesehen habe, während Jules Verne behauptet, sie würden kaum im Weißwasser des Amazonas und seiner Nebenflüsse vorkommen, sondern fast ausschließlich im Schwarzwasser des Rio Negro.
Überhaupt: In Sachen Weißwasser und Schwarzwasser fehlte es Jules Verne noch an Wissen. Er beschreibt sehr realistisch das Zusammenkommen von Rio Negro (Schwarzwasser) und Amazonas (Weißwasser) bei Manuas und wie sich beide Gewässer über mehrere Kilometer kaum vermischen. Er kann es sich nur dadurch erklären, dass sich beide Flüsse in ihrer Fließgeschwindigkeit stark unterscheiden. Heute wissen wir, dass sich Schwarz- und Weißwasser vor allem im Hinblick auf ihren ph-Wert unterscheiden.
Jules Verne: Die Jangada. Leseempfehlung
Wer sollte „Die Jangada“ von Jules Verne lesen?
Jede*r die und der sich für klassische Abenteuerromane begeistern kann. Das Buch eignet sich für Jugendliche ab 12 ebenso wie für jung gebliebene Erwachsene bis 90 und darüber hinaus. Es entführt aufs Vortrefflichste an den Amazonas: es ist ein Reisebuch und anders als andere Jules Verne-Bücher kein Fantasy.
Und wie alle Ausgaben der Anderen Bibliothek ist es natürlich ein wunderschönes Buch: mit Lesebänchen, Kapitelbändchen, sauber gedruckt und gebunden, 90 Abbildungen, darunter sechs farbigen Autotypien. Dem Aufbau Verlag kann man für diese editorische Großtat nur danken.
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Hier geht es zu meinem Reisebericht mit der Jangada auf dem Amazonas.