Der griechische Reeder Aristoteles Onassis – hier auf seiner Yacht “Christina O.” – war ein guter Freund Czyslanskys
Im Rahmen aktueller Recherchen über hervorragende griechische Wirtschaftsführer und -wissenschaftler – publizistisch arbeite ich eher antizyklisch – bin ich jüngst auf eine interessante Ansichtskarte Czyslanskys gestoßen, die dieser an Ostern 1953 aus seinem Kurzurlaub bei Aristoteles Onassis seinem Berliner Freund Gustav Grünkern zugedacht hat.
Diese Karte vom 9. April 1953 dokumentiert Czyslanskys Besuch bei Onassis
Czyslansky verbrachte einige Tage mit dem großen griechischen Reeder auf Euböa, als er während eines Tagesausflugs nach Piräus in der Eignerkabine der Yacht “Christina O.” mehrere hundert Zigarrenkisten der spanischen Manufaktur Fortuna entdeckte. Der ganze Raum war, so Czyslansky, “kaum mehr betretbar, da über und über mit Kisten voller Lonsdale Zigarren zugestellt”.
Er stellte “Ari”, wie er den milliardenschweren Freund vertraulich nannte, ob dieses so offensichtlichen Aficionado-Messie-Syndroms zur Rede. Onassis wehrte laut Czyslansky alle psychologisierenden Erklärungsmuster strikt ab und verwies auf ökonomische Studien, denen sich die Existenz dieser Tabaktürme verdanke. Er, Onassis, habe seit seiner frühen Jugend, die er in Argentinien vor allem mit der illegalen Einfuhr türkischen Tabaks verbrachte, stets und ausschließlich kubanische Zigarren der Marke Partagas geraucht, bis er im Januar 1947 – kurz nach seiner Hochzeit mit Athina Livanos, was hier aber in keinerlei Zusammenhang mit den Zigarren steht und nur der historischen Vollständigkeit halber Erwähnung finden soll – auf die spanische Manufaktur Fortuna aufmerksam wurde. Bei Fortuna habe man schon damals Zigarren hergestellt, die denjenigen aus Havanna in Puncto Qualität aber auch gar nicht nachstünden, allerdings im Vergleich zu den Erzeugnissen der kubanischen Edelmanufaktur zum halben Preis erhältlich gewesen seien.
Aristoteles Onassis habe damals ausgerechnet, dass er, bei einem Wechsel auf die preiswertere Marke und einem täglichen Verbrauch von 178 Zigarren bequem von dem eingesparten Geld würde leben können. Leider aber könne er aus gesundheitlichen wie zeitlichen Gründen unmöglich Tag für Tag 178 Zigarren rauchen, und so stapelten sich an diversen Orten der Welt einige Vorräte. Dies habe Onassis Czyslansky im Vertrauen mitgeteilt und seinem Freund aufgetragen, das Geheimnis möglichst für sich zu behalten, da man seine, Onassis’, rein wirtschaftlich begründete Verhaltensweise sonst leicht in den Medien als Geiz auslegen würde können. [Den Hinweis auf seinen Namenspatron und die wunderbare, unter dem Titel “War Aristoteles ein Idiot” auf www.gutefrage.net geführte Diskussion, mag ich dem geneigten Leser hier nicht vorenthalten.]
Wir wissen von seiner späteren Frau Jacqueline Kennedy, die wie auch ihr erster Mann durchaus keine Berlinerin war, dass Onassis bis ins hohe Alter hinein davon überzeugt war, sein Reichtum verdanke sich wesentlich seines ebenso trickreichen wie preisbewussten Einkaufs von Zigarren.
Dieser heute leider fast vergessene aber zeitgeschichtlich so überaus wertvolle Hinweis unseres Freundes Czyslanky auf die traditionsbeladene und durchaus eigenwillige Wirtschaftsphilosophie griechischer Wirtschaftsführer lässt die aktuelle Diskussion um die griechische Misere in einem neuen Licht aufscheinen. Die Frage, wie viele preiswerte Fehlfarben die griechischen Staatsbeamten täglich rauchen müssten, um aus dem Ersparten den griechischen Staatshaushalt zu sanieren, ist noch nicht beantwortet, aber hiermit gestellt.
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