Dass die mediale Empörungslawine über Pferdefleisch in der Lasagne nichts weiter, als ein weiterer Zug im strategischen PR-Spiel der Pferdefleisch-Mafia gegen das Rind ist, liegt auf der Hand. Nachdem sich die Kampagne zum Rinderwahnsinn vor einigen Jahren nicht einfach wiederholen ließ, setzt man nun recht geschickt auf eine reziproke Empörungskampagne: nur scheinbar klagt man die Existenz von Pferdefleisch in Fertiggerichten an, um schließlich dem Pferd als Fleischlieferanten in der deutschen Küchentradition endgültig zum Durchbruch zu verhelfen. Positive Imagekampagnen wie „Pferd schmeckt“ oder „Von der Koppel auf den Teller“ hätten in deutschen Küchen keine Chance. Aber der Argumentation „Auch wenn Du es nicht wolltet, du isst schon lange Pferd – und es hat Dir geschmeckt!“ kann man sich kaum entziehen. Das Lasagne-Skandalon ist die letzte Etappe der Pferdefleischindustrie in ihrem Kampf um unsere Kochtöpfe.
Begonnen hat es eigentlich schon vor Jahren, indem man das Rind gleichmacherisch in den Pferdesport entsandte:
Unvergessen das Sulky-Rennen bayerischer Stiere in der Kult-Sendung „Irgendwie und Sowieso“.
Einzig der Dressur und dem Springreiten entzieht sich die Kuh mit einiger Würde. Bei Traver und Volte hört die Hippoisierung des Rindes auf.
Auch die zunehmende Kriminalisierung der Kuh – man erinnere an die neuerdings wieder aufkommende und beinahe schon panisch zu nennende Berichterstattung über den Kuh-Klux-Klan – ist nur als Teil dieser übergreifenden Kampagne der Hippophilen korrekt einzuordnen.
Rinder in Not – Rettet die Kuh!
Aber noch ist das Rind nicht in den Brunnen gefallen. Noch ist es Zeit, eine Krisenkommunikationsstrategie für die Kuh erfolgreich aufzusetzen. Dabei muss es in erster Linie darum gehen, die Marke „Kuh“ wieder positiv emotional aufzuladen. Dabei muss das Storytelling thematisch weit über die etablierte Kuhlinarik hinausgreifen und darf gerade in Zeiten, in denen wir nicht länger Papst sind, vor der Kuhrie nicht haltmachen.
So verfügt die Kuh über eine ganze Reihe an Kernkompetenzen, die es klar herauszuarbeiten gilt. Ein zentrales Alleinstellungsmerkmal ist ihre Verwobenheit in die europäische Geschichte. War nicht Europa inmitten einer Kuhherde von Zeus entführt und letztlich bestiegen worden? Steht das stolze Euter nicht am Beginn des modernen Europa?
Und sieht man nicht an der unheilvollen Geschichte der Pasiphae, welch grausame Konsequenzen gentechnische Experimente mit Rindern nach sich ziehen können? Letztlich ist der Minotaurus als überdeutliche Mahnung an alle Gentechnik zu interpretieren.
Es ist an der Zeit, endlich das Pferd vom hohen Ross seiner ethymologischen Vormachtstellung zu stoßen. Das fängt schon beim Flußpferd an, das, schon seiner fleischigen Gestalt wegen, viel eher eine Nilkuh genannt zu werden verdient.
Und sollten wir uns nicht anheischig machen, den Pferdeschwanz endlich als das zu bezeichnen, was ihm wahrlich wesensgleich ist – als Kuhschwanz? Stolz mögen unsere Frauen und kreativen Mode-Männer künftig einen Kuhschwanz tragen, statt ewig nur den Schweif eines Pferdes zu zitieren.
Und wo kommt die Milch her, die wir unseren Kindern angedeihen lassen? Wäre es nicht an der Zeit den gesunden Rohstoff in den Mittelpunkt der Süßwarenwerbung zu stellen, für eine Zielgruppe, der in Deutschland eh keine zukunftsträchtigen Umsätze mehr beschieden sind? Seien wir ehrlich: die Zeit der Kinderschokolade ist vorbei, die goldene Zukunft der Rinderschokolade scheint schon am Horizont auf.
Dass heute einer der größten Literaten, die das kleine Österreich je hervorgebracht hat, beinahe vergessen ist, verdankt sich nicht zuletzt den Geschichtsklitterern der Horsianer. Wer kennt denn heute noch Anton Kuh, den großen Kaffeehausliteraten Wiens, diesen „Redensten aller Redenden“ (Franz Werfel über Anton Kuh) von dem das wunderbare Bonmot stammt:
„Die versinkende Kultur der Gegenwart klammert sich an den Strohhalm, aus dem man den Cocktail schlürft.“
Eben!
Aber Michael, warum denn so pferdefeindlich?
Schon der berühmte englische König Richard III. soll in seiner Lieblingspizzeria im Londoner Westend ausgerufen haben:
„A horse, a horse, my kingdom for a horse!“
So nachzulesen in den apokryphen Schriften der „Chronica historia“ von Earl Charles of Lansky, dem berüchtigten Vorfahren des großen Czyslansky.
Erst William Shakespeare, der ja bekanntlich alles abkupferte, hat dieses bemerkenswerte Zitat in einen völlig anderen Kontext gebracht um so der Legendenbildung Vorschub zu leisten.
Bitte nicht vergessen, wie tief sich diese edlen Tiere bereits in unseren Sprachgebrauch eingenistet haben. Hört man doch noch heute oft:
„Kuhk mal da drüben“ oder werden aussergewöhnlichen Speisen oft als „Kuhlinarische“ Köstlichkeiten bezeichnet – Ein eindeutiger Verweis auf die schmackhafte Nutzung dieser Rindviescher. Selbst die Jugend ist tief mit den Hornträgern verbunden, wollen heute doch alle Hipp (verweis auf das, im Artikel vorkommene Hippo) und Kuhl sein.
Ausserdem sei angemerkt, dass die Österreicher nicht nur auf einen Literaten mit dem Namen Kuh zurückblicken können. Vielmehr scheinen dort bekannte Persönlichkeiten sehr gern unter dem Namen Kuh herran zu wachsen. Eine kleine Liste:
– Anton Kuh (1890–1941), österreichisch-jüdischer Journalist, Essayist, Erzähler und Redner
Emil Kuh (1828–1876), österreichischer Literaturkritiker und Schriftsteller
Paul Kuh-Chrobak (1863–1931), österreichischer Beamter und Finanzminister
Sophie Templer-Kuh (* 1916), österreichische Ehrenvorsitzende der Internationalen Otto Gross Gesellschaft e.V
(Quelle: Wikipedia)