Das Ende des Journalismus

Blogger und Bürgerreporter die Totengräber der Kultur?

Blogger, Bürger Reporter, You Tube und  Facebook – das Ende des kultivierten Journalismus? Als paradigmatisches Beispiel für den Niedergang des kultivierten Journalismus wird  in der heutigen  Ausgabe der Zeit, die Huffington Post aus Amerika  genannt. Das Konzept der Huffington Post kurz umrissen heißt user genrated content. Bürger Reporter, einige hochklassige Blogger – natürlich für lau – und das parasitäre Verlinken zu fünf Dutzend Zeitungen (frei  beschrieben nach Josef Joffe) – so einfach ist der langsame Niedergang des geschrieben Wortes zu erklären.

Weiter aus der Zeit: „Was macht ein richtiger Journalist ? Er trennt das Interessante vom Belanglosen und Blöden. Er sortiert und wählt aus. Er macht uns neugierig, aber nicht (oder nicht nur) mit der neuen Verlobten von Boris Becker – das als kurzes Zitat aus der heute  am 14. Auguts 2008 erschienenen Zeit – mit einem Leitartikel  von Josef Joffe.

Wenn man selber Blogger  ist fragt man sich – sind wir das Gegenteil dieser Vorbildjournalisten. Schreiben wir das Banale? Schreiben wir blöde seelenlose Artikel . Sind wir wahllos in dem, was wir schreiben? Findet sich auf meinem eigenen Blog zu Online und Performance Marketing, das auf der letzten WUV Meetnight eine Mitarbeiterin aus dem Online Marketing der sueddeutsche.de mit einem leitenden Angestellten von Google geknutscht hat, um ein paar Tricks zur Suchmaschinenoptimierung zu bekommen? Mehr zum Thema sueddeutsche.de gibt es auf dem Blog von Bastian Ebert oder auch bei der Horizont

Nein, ganz sicher nicht. Genauso wie in der Presse, findet man auch in der Blogszene interesssante und wertlose Blogs. Man liest über Dinge, die man nie wissen wollte, man erhält aber auch Informationen, die sonst nirgendwo verfügbar sind. Im Unterschied aber zu Zeitungen ist das Wertungssystem bei Blogs sehr differenziert. Wer einen interessanten Blog schreibt wird belohnt mit Lesern, Leuten, die einen RSS abonnieren, direktem  Feedback durch Kommentare, Links auf den eigenen Blog und einer guten Positionierung auf Google. Es gibt keine treuen Leser, die über ein Abo an einen gebunden sind. Jeder Artikel in meinem Blog muss einen Wert haben. Wer Dinge schreibt, die niemanden interessieren, schreibt ganz schnell nur noch für Sich selber.

Die Wahrheit über den beständigen Rückgang der Zeitungsauflagen liegt nicht in der Banalisierung und Verblödung  durch das Internet – da gibt es sicher einige Medien, die einen erheblichen größeren Anteil daran haben.  Viel eher stelle ich mir die Frage:

  • Warum verändern sich die Zeitungen nicht? Wer außer der Welt produziert ein Format das man morgens auf dem Weg zur Arbeit  in 20min lesen kann ohne sich auf dem Schoß des Nachbarn auszubreiten.
  • Wer außer der Zeit liefert wirklich neue Denkanstöße und betrachtet regelmäßig die Themen aus einem überraschenden Blickwinkel. (ein absolut überzeugter Zeit Leser)
  • Wie viele Zeitungen binden auf Ihren Online-Portalen, Ihre Nutzer mit ein oder nützen das Expertenwissen vieler Leser. Nein, hier herrscht nach wie vor die Meinung – wir wissen was Ihr wissen müsst.
  • Warum brauche ich jeden Tag 80 Seiten Zeitung  in meinem Briefkasten, von denen ich  nicht mal 5% lese. Und dann wenn ich mal Zeit und Muße habe, dann kann ich am Sonn- oder Feiertag nur eine einzige bunte aber zumindest aktuelle Zeitung kaufen.

Die Zeitungen müssen sich wandeln, das geographische Nachrichtenmonopol  ist weg und das wird sich auch nicht mehr ändern. Das Produkt Zeitung konkurriert mit den neuen Medien, es konkurriert auch mit uns Bloggern, es konkurriert mit dem Radio , dem Fernsehen und dem Mobiltelefon. Aber noch hat es im Gegensatz zu den etablierten Medien Radio und  Fernsehen einen großen Vorteil. Man kann nicht parallel Zeitung lesen und Im Internet surfen.

Also bringt mehr Spaß ,mehr Meinungen und Standpunkte, mehr Beteiligung, mehr Lernen und mehr Vergnügen in die Zeitungen. Oder wie meine Frau es einmal sagte – der schönste Moment  in der Woche – Sonntag, mein Kaffee, meine Zeitung und meine Zigarette.

P.S: Worum ich die Zeitungen wirklich oft beneide ist die Schlussredaktion 🙂

3 Antworten

  1. Eine Zeitung ist vor allem dazu gut, Fisch drin einzuwickeln. Als Medium ist es ein Auslaufmodell. Das sagt einer, der als Jungvolontaer noch den Bleisatz erlebt hat und taeglich zwei Tageszeitungen intensiv liest. Aber die Zahlen sind unerbittlich: Jedes Jahr sinkt die Auflage von Tageszeitungen in den USA ebenso wie in Deutschland um ca. 2,5%. Dieser Trend ist offenbar unaufhaltsam . Eine Tageszeitung ist, wie mir ein weiser Verleger einmal sagte, ein Buendel von unterschiedlichen Geschaeftsmodellen, die gemeinsam eine Druckerpresse finanzieren. Die Tageszeitungsverleger haben sehenden Augens zugesehen, wie ihnen ein Geschaeftsmodell nach dem anderen – Kontaktanzeigen, Immobilienanzeigen, Stellenanzeigen, Autoanzeigen, Vermischtes – abgenommen wurden. Diese Leser (und dieses Geld) haben heute z.B. eBay, eScout24, Monster.de und andere Branchenfremde. Das haette nicht sein muessen, aber jetzt ist es zu spaet.

    Ich gehe davon aus, dass ich noch die letzte Ausgabe der „Sueddeutschen“ lesen werde. Ich bin 58 Jahre alt. Do the math…

  2. Der Unterschied zwischen Journalisten und Bloggern ist heute ein zumeist fiktionaler, eine „fixe Idee“, die in den Gehirnen angstgeprägter Journalisten-Kollegen herumgeistert. Denn mit dem Medium haben die Kollegen-Blogger auc das Geschäftsmodell gewechselt. Und das ist zwar potentiell interessant und attraktiv, aber eben (noch) nicht praktisch – bis auf wenige Ausnahmen.

    Aber noch etwas zeigen die Bloger den Journalisten: Dass da draußen sehr viel mehr zu finden (und zu berichten) ist, als es der medial geprägte Ausschnitt der Wirklichkeit, den wir täglich konsumieren, uns alle vermuten lässt. Wo finden sich denn in den „Mainstream-Medien“, und dazu zählen neben Print genauso TV und Radio, egal ob privatwirtschaftlich oder öffentlich-rechtlich betrieben, Informationen und Meinungen z. B. zur aktuellen Politik der USA wie auf http://www.antiwar.com/ (auf der „konservativen“ Seite des politischen Spektrums) oder bei http://www.democracynow.org/ (auf der anderen, ist das noch die „linke“ desselben Spektrums)?

    Und das sind nur 2 kleine Beispiele für eine „Wirklichkeit“, die wir zwar online in der „Blogosphere“, nicht aber in den herkömmlichen Massenmedien erleben und diskutieren können.

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