Der Fisch in uns

Hallo, Uropa!

Es war schon schlimm genug, als der Mensch noch vom Affen abstammte. Doch nun haben Forscher an der Cornell-Universität herausgefunden, dass Homo sapiens ein Nachkomme einer ziemlich hässlichen Fischart ist, Polyodon spathula, zu deutsch „Löffelstör“, im Englischen „Paddlefish“ genannt.

Laut Wikipedia handelt es sich dabei um die einzige Art der monotypischen Gattung Polyodon. Er wird 1,5 bis über 2 Meter groß und schiebt eine lange, löffelförmige Schnauze vor sich her, von dem auch der Name stammt und der gut einen Drittel seiner Körperlänge ausmacht.

Ich kenne zwar auch Menschen mit ausgeprägter nasaler Ausstattung, aber an einen Löffel hat mich noch keine Nase erinnert. Und mit dem Fisch teilen wir Menschen heute höchstens die Schuppen, gegen die wir uns aber mittels Spezialshampoo zur Wehr setzen können.

Andererseits sind eucharistische Fische ein verbreitetes Bildmotiv der frühchristlichen Kunst, oft in Verbindung mit der akronistischen Inschrift „IΗΣΟΎΣ“ (ICHTHYS), das griechische Wort für „Fisch“. Er soll an die wunderbare Speisung der Fünftausend erinnern, wo bekanntlich zwei Fische und fünf Laib Brot genügten, um alle satt zu machen. Nun, es gab im Galiläa der Zeitenwende keine Kühlschränke, und so könnte es auch sein, dass einfach keiner der Anwesenden großen Hunger verspürte bei dem Duft. Aber wie dem auch sei: Die Frühchristen wussten offenbar etwas, was wir erst jetzt (wieder) herausgefunden haben, nämlich dass der Fisch abstammungstechnisch gesehen unser nächster Anverwandter ist.

Ich bin gespannt, wann die ersten New Age-Gurus Bücher auf den Markt werfen werden, die uns helfen sollen, uns mit unserem inneren Fisch zu verbinden. Andererseits sehe ich schwere Zeiten auf die Anbieter von Delfintherapien zukommen, da Delfine bekanntlich keine Fische, sondern Säugetiere sind, und wer weiß wer da evolutorisch die Hand im Spiel hatte. Alternativ böte sich in der Zukunft die Stör-Therapie an, auch wenn die Viecher eine deutlich geringere Kuschelquote haben als die Delphinidae.

Ganz schlechte Karten haben jetzt natürlich Feinschmecker, denn es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis Fundamentalisten das Verspeisen von Kaviar mit der Abtreibung menschlicher Embryonen gleichsetzen werden.

Von Czyslansky wissen wir, dass er im Sternzeichen der Fische geboren ist, was seine lebenslange Vorliebe für wechselwarme, im Wasser lebende Wirbeltiere erklärt. Dass er sie allerdings bevorzugt mit zerlassener Butter oder Remouladensauce servieren ließ, deutet auf einen latenten Hang zur Anthropophagie hin – wobei wir wohl in Zukunft für die Gattung der Fischfresser einen neuen Begriff brauchen. Wie wär’s mit Psariophagie?

8 Antworten

  1. Hochinteressant. Werden wir nun aufhören, Dosenfisch zu essen? Und was ist mit Kaviar? Wird das nun zu Kannibalismus? Ich freue mich auf die New Wave Gurus, die dann das Fischige in uns herauskehren werden wollen.

    Winzige Korrektur: „ΙΗΣΟ’ΥΣ“ heißt „Jesus“. Der Fisch (Ichthys) ist „ΙΧΘΥΣ“. Sorry–aber 5 Jahre Altgriechisch hinterlassen ihre Spuren . . .

  2. Dann wollen wir mal Erbsen zählen werte Herren: Hinter “ΙΧΘΥΣ“ steckt

    Ι -> Jesus (mit griechischem Jota)
    X -> Christus (mit griechischem „chi)
    Θ -> Theou (=Gott)
    Υ -> yuios (Sohn)
    Σ -> Soter (Erlöser)

    Also = Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser

    Gelernt ist eben gelernt. Da reicht Altgriechisch allein nicht, da braucht’s auch Kirchengeschichte des Altertums.

    Lieber Tim Cole:
    Die enge Verbindung zwischen dem Menschen, der als Embryo sein Leben im Wasser beginnt, hat die New-Age- und Esoterikbewegung längst erkannt und ausgeschlachtet. Das geht letztlich bis hin zu den Wassergeburten.
    Der Topos ist auch literarisch sehr alt: Lion Feuchtwanger z.B. hat in seiner Josefs-Trilogie den römischen Kaiser Titus als „Walfisch“ charakterisiert (ok: Ich weiß, das Wale Säugetiere sind…). Und dann wäre da noch Undine…

  3. Eieiei, seid’s ihr alle g’scheit! Respekt.

    Mir wird bei dem sicher gewohnt gründlich recherchierten Artikel nur schlagartig klar, wo manche Menschen ihre olfaktorisch durchschlagende Wirkung her haben.

  4. Aus dem Zusammenhang zwischen “IΗΣΟΎΣ” und dem Fisch wird nun auch klar, warum Jesus seinerzeit den Kreuzigungstod erleiden musste und nicht ertränkt wurde. Hier muss künftig wohl weniger daran gedacht werden, dass ein Ertränken im Toten Meer auf Grund des bekannt hohen Salzgehalts gar nicht so einfach ist; auch der Hinweis darauf, dass sich angesichts einer späteren Verehrung der Todesumstände des Erlösers ein Aquarium in bayerischen Schulzimmern als wesentlich pflegeintensiver im Vergleich zum praktischen Holzkreuz hätte erweisen müssen, kann nunmehr ignoriert werden; einzig die Denunziation des alttestamentarischen Grabspruchs „Von Erde bist Du genommen, zu Erde sollst Du werden“ (1. Mose 3,16) stand bei einer Ertränkung zu befürchten. Der bescheidene Hinweis sei mir an dieser Stätte der umfassenden Bildung erlaubt, dass heute einzig die ehrenwerte Gesellschaft der Mafia dieses katholische Dogma zu hinterfragen wagt: mit der Methode „Vom Fische bist Du, zu den Fischen sollst Du gehen“ in Verbindung mit dem posttestamentarischem „Beton – es kommt darauf an, was man draus macht“ haben die Herren mit den Geigenkästen die Erkenntnis von der störischen Abstammung des Menschen früh antizipiert.

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