Zugegeben diese Geschichte ist nicht mehr ganz neu, aber sie hat mich eben später erreicht. Sie hat mich nicht nur spät erreicht, auf einem ganz ungewöhnlichen Wege hat sie zu mir gefunden.
Weil mein Notebookakku langsam schlapp zu machen drohte und ich eine längere Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vor mir hatte, ging ich in einen Kiosk (Analog Shop-System) und erwarb eine Art „Papier-Ausdruck“ von Spiegelonline, den sie dort unter dem Namen „Der Spiegel“ feilboten. Dieses Medium besticht durch seine Unabhängigkeit von Stromspeichermedien, hat allerdings den Nachteil nicht immer ganz aktuell zu sein. Aber jetzt zu der Geschichte, die ich in diesem Offline-Qualitätsjournalismus Medium geradezu verschlang.
Wir haben seit ein paar Tagen einen neuen Wirtschaftsminister, weil der alte keinen Bock mehr hatte amtsmüde war. Dieser neue Minister ist von adeliger Herkunft und hat, standesgemäß, nicht nur einen oder zwei Vornamen, wie wir bürgerlichen Leute, sondern in seiner Geburtsurkunde sehen sich ganze Heerscharen von Ahnen verewigt. „Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg“ heisst der Gute.
Diese stattliche Zahl an Vornamen reizte nun einen anonymen Schalk, ihm doch noch einen weiteren in der Wikipedia anzudichten, um damit die Recherchekunst des deutschen Qualitätsjournalismus auf die Probe zu stellen.
Freiherr von und zu Guttenberg bekam noch einen „Wilhelm“ verliehen und prompt ist die „Copy-Paste-aus-der-Wikipedia“ Journaille darauf reingefallen. Bild, Spiegel Online, Handelsblatt, Süddeutsche, taz, Rheinische Post uvm.
Hämisch wird das nun von den Bloggern kommentiert, die sich natürlich ins Fäustchen lachen, denn genau das wird ihnen selbst von den klassischen Journalisten immer vorgeworfen: dass sie unkritisch alles aus schwindligen Online-Quellen verwursten.
Dieser, wie ich denke, harmlose Spaß ist den Journalisten, laut Spiegel, eine heilsame Warnung und lässt sie hoffentlich an die Tugend der „mindestens 2 unabhängige Quellen“ rückbesinnen.
Czyslansky war selbst, so weiß man, ein großer Freund des Schabernacks und hat sich des öfteren des sogenannten „Grubenhundes“ bedient, um eitlen Publizisten eine lange Nase zu drehen. So ist überliefert, dass er zum Beispiel in einer wissenschaftlichen Arbeit auf die Gefahren des Dihydrogen-Monoxid hinwies. Auch, so munkelt man, soll er die Musikwelt durch einem weiteren Komponisten bereichert haben, aber dazu liegen leider noch keine gesicherten Erkenntnisse der Czyslansky-Forschung vor, … noch nicht.
Wir lernen: Auch (oder vielleicht: Gerade) Unsinn hat Methode!