Das neue Jahr beginnt genauso absurd, wie das vorangegange endete.
Zumindest gilt das, verfolgt man mehr oder weniger freiwillig die Posts und Tweets der selbsternannten Gralshüter der Political Correctness im Netz. Das Stichwort ist blackfacing.
Sie erinnern sich?
Bei der letzten Sendung „Wetten Dass“ im Jahr 2013 war das ZDF in Augsburg zu Gast. Nun fand es der Sender einigermaßen gelungen, als Saalwette die Augsburger aufzufordern, als Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer verkleidet in die Messehalle und damit auf die Bühne zu kommen.
Die beiden Figuren sind die Stars der Augsburger Puppenkiste und damit so etwas wie Lokalheilige. Autor Michael Ende, der Erfinder von Jun Knopf, hat in seiner Buchvorlage geschrieben, dass Jim schwarz ist. Konsequent also forderten die „Wetten Dass“ Gastgeber die Augsburger auf, sich das Gesicht schwarz zu schminken – mit Kohle, Schuhcreme oder was auch immer. Und schwupps! Da war sie, die Rassismusdebatte, die zunächst über soziale Medien und später die einschlägigen Nachrichtenseiten wie Spiegel online im Netz verbreitet wurde. Twitter erwies sich wieder mal als Speerspizte:
Die Bessermenschen, denn gut sein allein reicht heutzutage nicht mehr aus, initiierten einen Aufschrei, der sich so schnell steigerte, dass die digitalen Ableger der Politik- und Gesellschhaftsmagazine Wind davon bekamen.
#Blackfacing – den meisten hierzulande sicher bis dato kein Begriff – wurde zum Trendwort und Medienthema. Wikipedia klärt auf:
Blackface ist eine rassistisch geprägte Theater- und Unterhaltungsmaskerade, die in den Minstrel Shows des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten entstand. Dabei malten sich weiße Künstler das Gesicht schwarz und spielten den „naiven, trunkenen, schwachsinnigen und immer fröhlichen Neger“, so wie vor allem nordamerikanische Weiße sich Schwarze vorstellten.
Und schon sind wir mitten auf dem Schlachtfeld um unbedingte politische Korrektheit angelangt. Denn Weiße haben sich das Gesicht nicht zu schminken und gefälligst keine Schwarzen zu spielen. So lautet die unbedingte Maxime der Apologeten im Netz, unter denen sich wie immer die üblichen Verdächtigen Aufschreier befinden.
Es ist allerdings eine Sache, wenn Weiße in den Shows des 19. Jahrhunderts den fröhlich-dummen Neger spielen (s.o.), eine andere ist es, wenn sich heutzutage Menschen das Gesicht schwarz anmalen, weil die Rolle, die sie spielen, das nun mal verlangt.
Singt (oder sang) zum Beispiel Placido Domingo die Titelpartitur des Otello, dann bleibt der Maske gar nicht viel übrig, als Domingo schwarz zu schminken. Das ist so von Shakespeare angelegt und ist rollenimanent. Eine politisch korrekte und konsequente Lösung wäre also, wenn alle weißen Tenöre auf die Rolle des Otello bzw. die Opernhäuser auf diese Stimmen verzichteten und Otello nur noch von schwarzen Sängern gespielt würde – oder eben gar nicht mehr aufgeführt würde, denn das Stück ist ja per se verdächtig.
Und damit sind wir auch schon im Jahr 2014 angekommen, denn das Blackfacing-Gezeter ging gleich wieder los, als die Tagesschau der ARD über die Aussendung der Sternsinger berichtete. Postwendend füllten sich wieder Twitter und Co mit #blackfacing-Tweets, befeufert durch die Debatte um die Kolummne Über Täter und Opfer von Harald Martenstein, veröffentlicht auf Zeit Online: Menschen, die ins Visier von absurden Hashtags oder Shitstorms geraten, so lauten die neuen Fachbegriffe für das, was früher üble Nachrede hieß, sind natürlich erst mal erschrocken. Früher haben die selbst ernannten Wächter über Sitte und Anstand im Treppenhaus getuschelt, heute finden sie Tausende Mitstreiter.
Und die schießen sich, statt ihre Stimme gegen echten Rassismus zu erheben, lieber auf die Sternsinger ein. Wie in jedem Jahr ziehen auch heuer die Kinder der katholischen Gemeinden zwischen Silvester und Heilige Drei Könige von Haus zu Haus. Sie sind als Könige verkleidet, singen an jeder Tür ein Lied, sammeln für Hilfsprojekte und segnen die Häuser und ihre Bewohner. An sich ist das eine durch und durch gute Sache und eine sehr liebenswerte uralte Tradition. Wäre nur nicht Melchior.
Denn die Legende will, dass Melchior als Schwarzer dargestellt wird, was sich in der Kirchenkunst bis in die Renaissance nachweisen lässt (siehe z.B. Albrecht Altdorfers Anbetung der Könige von 1530). Und immer schon hat sich einer der Sternsinger das Gesicht schwarz angemalt und ist als Melchior gegangen…
Das als rassisitsches Blackfacing zu stempeln ist geradezu lächerlich. Hier wird kein naiver, trunkener, schwachsinniger und immer fröhlicher Neger gespielt, hier geht es um ganz etwas anderes. Der Sternsingertradition Rassismus vorzuwerfen ist vollkommen absurd. Man kann der katholischen Kirche Vorwürfe ohne Ende machen, sicher gehört auch Rassismus dazu, Stichwort: Nickneger. Aber Melchior ist nun mal schwarz und mangels schwarzer Gemeindemitglieder ist es völlig legitim, wenn sich weiße Kinder das Gesicht färben. Und nein: Man kann und sollte nicht einfach darauf verzichten und Melchior als Weißen losschicken.
Das wäre nämlich mindestens genauso fragwürdig, wenn nicht gar rassistisch.
artikel liest sich frisch wie am ersten tag – die politisch korrekten dümmlingInnen merken ja leider nicht, wie lächerlich sie sind