Schnell: Mit welchem Finger drücken Sie die Haustürklingel? Mit dem Zeigefinger? Dann sind Sie über 30. Junge Menschen benützen den Daumen, weil sie mit Handy und PDA aufgewachsen sind. Das behauptet jedenfalls Alice Rawsthorn in einem Beitrag für in Paris erscheinende die International Herald Tribune. Dank der ständigen Verwendung bei der Texteingabe sei der Daumen junger Menschen heute stärker, beweglicher und ausdauernder als früher, was sie als Beweis für die These zitiert, dass sich der Mensch unter dem Einfluss seiner Technologie evolutorisch weiterentwickelt. Das gelte nicht nur für die physikalischen, sondern auch für die mentalen Eigenschaften junger Menschen, die angeblich inzwischen die Fähigkeit des Multitasking erlernt haben: Sie können gleichzeitig ein Gesrpäch führen und eine Textnachricht tippen, während sie sich gleichzeitig aus den Ohrknöpfen ihrer iPods die neuesten Musikstück ins Hirn pusten.
Ähnlich argumentierte schon vor Jahren die Soziologin Linda Stone, damals Chefin der Social Computing Group von Mircosoft, die dafür den Begriff „Continuous Partial Attention Syndrom„, kurz CPA, erfand. Ihrer Meinung verwandeln sich Menschen, die große Teile ihrer Lebens in vernetzten Welten zubringen, selbst in Netzwerkknoten. „Anders ausgedrückt: Wie wollen uns verbinden und verbunden sein. Wir wollen ständig AUsschau halten nach guten Gelegenheiten, uns selbst optimieren für die besten Chancen, Aktivitäten und Kontakte. Beschäftigt sein, verbunden sein, heißt leben, anerkannt werden, wichtig zu sein.“
Für viele ist die Vorstellung, der Mensch passe sich der Technik an, ein Albtraum. Andere wie Stone sehen darin zunächst einmal etwas Wertfreies, ja geradezu Unausweichliches, sozusagen ein Teil des darwinistischen Imperativs.
Vielleicht ist es aber auch alles nur Bullshit. Jedenfalls die Sache mit dem Handy-Daumen, denn beim Recherchieren zu diesem Post bin ich auf einen hochinteressanten Wikipedia-Beitrag gestoßen, dem zufolge der Daumen schon immer eine Sonderrolle gespielt hat. Sogar die Bezeichnung „Daumen“ ist dafür ein Beweis, denn er leitet sich angeblich aus dem westgermanischen Wort *thuman-, wörtlich „besonders stark(er) oder kräftig(er) (Finger)“ ab. Auch seien die für die Bewegung und Empfindlichkeit des Daumens verantwortlichen Hirnareale deutlich größer als die der anderen Finger.
Wir kommen also zu einem ganz anderen Schluß als Frau Rawsthorn: Die Handy-Kids von heute folgen nur ihrem uralten Daumentrieb…
nein nein, lieber tim. ich denke, dass nur deshalb immer mehr menschen mit dem daumen klingeln, als mit dem zeigefinger, weil die zeigefinger börsenbedingt immer mehr verkrüppeln.
wie die süddeutsche zeitung bereits am 13. januar dieses jahres berichtete sind menschen, bei denen der ringfinger länger ist, als der zeigefinger, an der börse signifikant erfolgreicher, als menschen mit zeigefingerdominanz (http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/372187). im zuge der allgemeinen börsenorientierung verkrüppeln natürlich dann die zeigefinger. ich habe sogar den verdacht, dass vor allem frauen, die ja relativ dominante zeigefinger haben (siehe die bild der wissenschaft vom 21. april 2004: http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/246039.html) heimlich ihre zeigefinger coupieren.
apropo: czyslansky hat ja bereits in den zwanziger jahren auf den zusammenhang zwischen der ausformung der finger und der zehen hingewiesen. czyslanskys zeigezeh soll derart unterdimensioniert gewesen sein, dass er sich gar nicht mehr in einer badeanstalt der öffentlichkeit zeigen wollte. sein ringzeh aber sei von seiner jugendliebe ilse wipperführt (die aus berlin) als geradzu „obszön und geil“ zu einem fußfetisch erklärt worden. das solltest du wissen.