IT & Business und DMS EXPO auf dem richtigen Weg – ein Bericht nach drei Tagen Maultauschen

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Mit mehr als 10.000 Besuchern hat sich die Kombination aus IT & Business und DMS EXPO in Stuttgart nun als größte deutsche IT-Messe im Herbst etabliert

“Spätzle mit Kölsch” betitelte ich im vergangenen Juli ein Posting zur Ankündigung der Zusammenlegung von Stuttgarter “IT & Business” und Kölner “DMS EXPO” und identifizierte diese Zusammenlegung als “Blutsbrüderschaft zwischen Lahmen und Blinden”. Ein wenig möchte ich diese Aussage nun relativieren: Wenn der Blinde den Lahmen trägt und der Lahme den Weg weist, kommen die beiden gemeinsam ganz gut voran. Und wenn in der Südkurve die Konkurrenten aufgeben, dann können beide in Kombination sogar den Titel erringen. Und der Titel heißt hier “Wichtigster deutscher IT-Event im Herbst”. Und diesen Titel haben sich die fleißigen Schwaben nun geholt: Chapeau!

Mehr als 10.000 Besucher haben die Veranstalter diese Woche in ihren Hallen gezählt. Und aus eigener Ansicht – ich war an allen drei Tagen vor Ort: in der von vibrio organisierten Bloggerlounge und im Rahmen der Vorbereitung der IT & Business RoadFair 2011 – kann ich bestätigen: die meisten der 322 Aussteller sehen die Messe auf einem guten Weg.

Aber wie das so ist: der Titel des Südmeisters will verteidigt werden, und hier gibt es eine ganze Reihe von Herausforderungen und Entwicklungspotentialen:

Es muss zusammenwachsen, was zusammen gehört: DMS EXPO und IT & Business müssen enger miteinander verzahnt werden!

Gut: die Eintrittskarten galten für beide Events: für die IT & Business UND für die DMS EXPO. Und man konnte in fünf Minuten zwischen beiden Messen hin und her pendeln. Das war’s dann aber auch mit den Synergien. Jede Messe hatte ihren eigenen Ausstellerkatalog und die inhaltlichen Schnittstellen zwischen DMS einerseits und Themen wie CRM und BPM andererseits waren noch wenig entwickelt. Für 2010 konnte man auch nicht mehr erwarten. Schon die Zusammenlegung war ein mutiger Schritt. Aus Besucherperspektive muss die Integration aber im kommenden Jahr weiter reichen: Die Nomenklatur der vor Ort erfahrbaren Produkte und Lösungen muss übergreifend definiert werden, Besucher müssen sich ihre Besuchsplanung mit Hilfe integrierter Leitfäden, Kataloge und Programme erstellen können. Und auch das Programm auf den Foren muss die Schnittstellen zwischen Dokumenten- und Prozess-Management transportieren. Was in den Unternehmen zusammenwächst, muss auch auf dem Messegelände zusammenwachsen.

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Wolfram Huonker (Landesmesse Stuttgart), Werner Grohmann (SaaS Forum) und Michael Kausch (vibrio) auf der IT & Business 2010

Dann werden auch die Besucher in viel größerer Anzahl zwischen beiden Welten hin und her wandeln. Bei weitem nicht alle Besucher der DMS EXPO nutzten das Angebot der IT & Business. Und die Aussteller der IT & Business hatten sich von der Integration der DMS EXPO genau dies erwartet. Die DMS EXPO ist ja wirklich eine überregionale Leitmesse und zieht auch Besucher an, die des Schwäbischen eher unkundig sind. Die DMS-Aussteller mit denen ich sprechen konnte, haben denn auch durch den Umzug ihrer Messe von Köln nach Stuttgart kaum eine Änderung ihrer Besucherstruktur gespürt: die wichtigen hochwertigen Kontakte kommen nach Stuttgart, so wie sie zuvor nach Köln gepilgert sind.  Die IT & Business hingegen ist – kaum anders, als es die alte SYSTEMS war – stark regional ausgerichtet. Hier treffen sich die Maultaschen. Deshalb wird die IT & Business auch stärker von einer engeren Verzahnung beider Events profitieren, als die DMS EXPO. Letztere muss aus sich heraus weiter entwickelt werden.

Die Zukunft ist heute sie ist und spannender als die Gegenwart: CRM ohne Social Media ist wie ein C64 im Rechenzentrum

Die beiden Hallen der IT & Business waren stark von zweieinhalb Themen dominiert: von ERP, CRM und ein wenig von BPM. Womit schon gesagt ist, dass eine thematische Ausweitung des Events wünschenswert – aber für den Veranstalter nicht einfach zu realisieren – ist. Was aber notwendig und zu machen ist, ist eine stärkere Zukunftsorientierung der klassischen Themen: Nur selten konnten Besucher bei den beteiligten Ausstellern eine Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Customer Relations im Zeitalter von Social Media finden. Was ändert sich im “R”, wenn die “C” plötzlich anfangen ihre Relations selbst zu “M”anagen?

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Oliver Gassner, Blogger seit 1999 (!) interviewte in der Bloggerlounge von IT & Business und DMS EXPO zahlreiche Aussteller für seinen Blog: http://blog.oliver-gassner.de/

Die Branche bewegt sich langsamer, als der Markt und es ist eine der vornehmsten Aufgaben einer Messegesellschaft die Branche auch ein wenig anzutreiben oder doch zumindest zaghafte zukunftsweisende Trends zu beschleunigen. Ich wünsche mir für die IT & Business 2011 Foren, auf denen ausgewiesene Social Media-Experten mit den Repräsentanten von Ausstellern aktuelle Social Media-Trends im Bereich CRM diskutieren. Das würde auch der Außenwirkung der Messe gut tun, denn Zukunftsthemen sind auch für die Medien und die neuen Meinungsmacher im Internet relevant. Die Messe sollte auch über das diskutieren, was kommt, nicht nur über das, was ist!

Hierzu gehört auch eine eigene nachhaltige Strategie der Messemacher im Umgang mit den sozialen Medien. Die Stuttgarter Messe-Profis haben sich auch hier schon auf den Weg gemacht und beweisen sich damit als Innovatoren in der deutschen Messe-Szene. Aber der Weg ist nicht nur kurvig, sondern das Gemeine ist, dass sich die Wegführung auch ständig ändert und das eingeschlagene Wege ständig überprüft werden müssen. In der Bloggerlounge waren in diesem Jahr weniger an der Messe interessierte Blogger, Twitterati und unabhängige Meinungsführer zu treffen, als ratsuchende Unternehmen und Aussteller, die für sich genau diesen Weg suchen.

Haben IT-Messen überhaupt eine Zukunft? Mit Sicherheit ja! Und mit einer Stuttgarter it-sa würde ich sogar Bartwürste mit Spätzle essen

Es wird immer behauptet, dass IT-Unternehmen Messe-müde seien. Das ist falsch! Dass diese Branche nur noch auf RoadShows und Corporate Events setzt, ist ein Trugbild, dem auch ich lange Zeit aufgesessen bin. Oder sagen wir: es ist nur ein – kleiner – Teil der ganzen Wahrheit. Natürlich suchen IT-Anbieter den Weg zum mittelständischen Entscheider und bemerken zu Recht, dass dieser Weg nicht über die Autobahn nach Hannover, sondern über die kleinen Kreisstraßen im Schwäbischen, im bayerischen Oberland und in den norddeutschen Niederlanden führt: der Mittelstand will in der Region abgeholt werden, weshalb übrigens das Interesse am Konzept der IT & Business RoadFair in den vergangenen drei Tagen phänomenal war.

IT-Anbieter haben verstanden, dass IT mehr und mehr zu einer bestens etablierten Querschnitttechnologie geworden ist. Sie besuchen die Branchenmessen ihrer Kunden und nicht mehr die Messen ihrer eigenen Branche. Sie gehen auf Events für Maschinenbauer, Banker und Einzelhänder. Und dieser Trend ist unumkehrbar. Deshalb sind die Zeiten einer CeBIT mit 800.000 und einer SYSTEMS mit 150.000 Besuchern für immer vorbei.

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In Nürnberg hat sich die it-sa erfolgreich als Spezialmesse für IT-Sicherheit etabliert.

Eine Marktnische mit Wachstumspotential können nur jene IT-Spezial-Messen langfristig erfolgreich verteidigen, für die jede Neuerung in der IT zugleich ein eigenes neues Thema generiert. Allen voran ist hier die it-sa zu nennen, die führende IT-Sicherheitsmesse, die sich mittlerweile in Nürnberg prächtig etabliert hat. Alles, was in der IT passiert, ist immer auch ein neues Sicherheitsproblem. Deshalb generiert Messe-Macher Peter Hohl aus jedem IT-Trend ein neues Thema für die eigene Veranstaltung. Und er hat erkannt, dass sich auch sein Thema “IT-Sicherheit” mehr und mehr in ein größeres Thema integriert: in das Thema Sicherheits- und Risikomanagement im Unternehmen. Deshalb engagiert er sich bei der Security in Essen und deshalb verknüpft er beide Märkte immer enger über beide Messen hinweg. Ein erfolgversprechender Weg, und würde dieser Weg einmal von Nürnberg nach Stuttgart führen, wäre das Ergebnis eine noch stärkere süddeutsche IT-Messe und ein weiterer Grund den Weg ins Schwäbische zu suchen. Und Stuttgart wäre ein Zusammenschluss der vielen Spezial-IT-Messen unter einem Dach, sinnvoll verknüpft, wo eine solche Verknüpfung Sinn macht, in Kooperation mit den jeweiligen Marktführern und Verbänden, eine Kombination der bestens etablierten Spezial-Marken. Und Menschen wie ich müssten nicht binnen Wochenfrist die Autobahnen nach Nürnberg und Stuttgart verstopfen. Dass wir Münchner immer fahren müssen, ist ja derzeit so …

Aber das alles ist freilich ein Wunschtraum, aber wenn es um die Zukunft der größten deutschen IT-Messe im Herbst geht wird man doch ein wenig träumen dürfen …

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