Frau Richterin im Höhenflug (Foto: A. Friedrich)
Ariane Friedrich ist eine hübsche junge Frau. Sie hat blondes, modisch kurzgeschnittenes Haar und eine reizvolle schlanke Figur. Die braucht man als Hochspringerin, was Ariane Friedrich recht erfolgreich tut. Schließlich gewann sie unter anderem auch mal die Bronzemedaille bei der WM 2009 in Berlin.
Im Hauptberuf ist Ariane Friedrich Polizeikommissarin mit abgeschlossenem Studium an der Verwaltungsfachhochschule Hessen. Sie ist also offenbar ebenso klug wie schön. Für den einen oder anderen jungen Mann mag sie sogar die Traumfrau sein. Jedenfalls bekommt sie viel Fanpost auf ihre Facebookseite. Und in einer dieser Nachrichten stand neulich dieser Satz:
„Willst du mal einen schönen Schwanz sehen, gerade geduscht und frisch rasiert?“
Das ist offenbar nicht das erste Mal, dass die schöne Ariane solchen Schweinkram bekommt, aber dieses Mal ist ihr der Geduldsfaden gerissen. Sie setzte sich hin und tippte eine Nachricht auf Facebook, die neben dem anzüglichen Satz auch Namen und Wohnort des Absenders enthielt. Er heißt angeblich Thorsten Dersch und ist in Allendorf ansässig. Ich kenne ein Allendorf an der Eder, ein mittelhessisches Städtchen, dass vor allem für seinen Flugtag und als Firmensitz der Kesselschmiedrei Viessmann bekannt ist. Es gibt auch ein Allendorf am Hohenfels. Die Fußballer des SSV Allendorf Hohenfels kämpfen bei den Amateuren um den Klassenerhalt, und ein gewisser Thorsten Dersch hat gerade ein ganz wichtiges Tor in der Partie gegen den TSG Mandeln erzielt, und zwar per Foulelfmeter. In der Ortsgruppe der DLRG ist Thorsten Dersch ebenfalls sehr fleißig, bekam dafür vor kurzem sogar die Ehrenurkunde für 25jährige Mitgliedschaft. Auf dem Foto von der Vereinsfeier ist ein bullig wirkender Mann mit etwas abstehenden Ohren zu erkennen. Die übrigen Körperteile sind nicht zu sehen, da er zur Vereinssitzung ordentlich gekleidet erschienen ist, mit Jeans und braunem Pullover.
Ach ja, und dann gibt es noch einen Thorsten Dersch, der dem jungen Mann bei der DLRG-Feier sehr ähnlich sieht und sich auf seiner Facebookseite als Fußballfan bezeichnet, unter „Interessen“ auch „Allendorf am Hohenfels“ angibt und außerdem unter „Lieblingssportler“ einen Link zu Ariane Friedrich gesetzt hat.
Das heißt: Die Facebookseite gibt es nicht mehr. Jedenfalls bekommt man, wenn man darauf klicken will, die Nachricht: „The page you requested was not found.“
Woher ich das alles weiß? Nun, fünf Minuten auf Google, das genügt. Und so wie ich kann natürlich jeder ins Netz gehen und recherchieren. Und er könnte er zur nächsten Versammlung des DLRG Allendorf gehen und verlangen, dass man Thorsten Dersch die Urkunde wieder aberkennt. Er könnte zum nächsten Spiel des SSV gehen und dort laut „buuh!“ rufen, wenn Thorsten Dersch an den Ball kommt. Oder er könnte ins Telefonbuch schauen und herausfinden, dass es zwei Thorsten Dersche in Allendorf gibt. Einer ist verheiratet, der andere offenbar nicht. Je nachdem, für welchen Kandidaten er sich entscheidet und wie sehr er sich über dessen Schweinemail aufgeregt hat, könnte er ihm dort auflauern und zum Krüppel schlagen oder tot.
Nun könnte man sagen, dass der Kerl ja selber schuld ist. Wie dämlich kann ein Mensch sein, dass er einen solchen Schwachsinn unter eigenem Namen und Angabe der Adresse schreibt?
Aber was ist, wenn er es gar nicht gewesen ist? Was, wenn jemand anderer in seinem Namen die Facebookseite angelegt hat und sich einen Spaß daraus macht, den armen Thorsten fertig zu machen? Und was ist mit den anderen Leuten, die „Thorsten Dersch“ heißen, aber vermutlich nichts mit der ganzen Sache zu tun haben? Einer von ihnen nennt sich auf Facebook „DerSchwatte Thorsten“ und behauptet von sich, männlich zu sein, single, verrückt, nachdenklich, offen, hilfsbereit und vor allem „chronisch unter „Vögelt“. Das möchte man natürlich alles gar nicht wissen, sondern nur, ob er vielleicht das Schwein ist, der… Ist er aber offenbar nicht, denn auf seiner Seite gibt es keinen Hinweis auf Allendorf, sondern nur das Foto eines jungen Mannes mit rötlichem Kurzbart und Piratenkopftuch.
Dann ist da noch der Thorsten Dersch, der mal den Dorfpolizisten in der Fernsehserie „Der Fahnder“ gespielt hat, also sozusagen ein Berufskollege von Frau Friedrich. Der ist Jahrgang 73 und arbeitet heute als Journalist, was beides natürlich nicht heißt, dass er nicht auch mal gerne hübschen jungen Frauen anstößige Mails schreibt, aber es macht es vielleicht eher unwahrscheinlich.
Das mit dem digitalen Denunziantentum ist eine zweischneidige Sache. Einerseits versteht man ja Frau Friedrich, dass ihr der Kragen mal geplatzt ist und sie es dem Typen mal so richtig gezeigt hat. Hunderte von Fans geben ihr ja auch in ihren Kommentaren auf der Facebookseite Recht. „Super reagiert Frau Friedrich“, schreibt dort zum Beispiel Jörg Boucsein. Und Ramona Schmidt findet es“ vollkommen richtig solche Leute öffentlich auszuschreiben!“
Andererseits mischen sich in den Empörungschor auch mahnende Stimmen, wie beispielsweise die von Jens Tuengerthal, der schreibt: „Der Pranger wurde abgeschafft, weil er die Menschenwürde verletzte und das ist auch gut so.“ Und Jörg Engmann findet: „So geht es sicher nicht, auch wenn natürlich die „Fans“ eifrig Beifall klatschen. Finde ich sehr unüberlegt.“
Ich selbst denke eher, dass eine studierte und ausgebildete Polizistin andere Mittel und Wege finden können müsste, um einen solchen Fall von verbaler Körperverletzung zu ahnden. Gut, der Dienstweg dauert länger, und vielleicht ist der Adrenalinschub nicht so groß, wie wenn man mit Schmackes auf die „Enter“-Taste drückt und das Posting in den Cyberraum abschießt. Eine Polizistin ist aber keine Richterin. Das sollte sie eigentlich wissen. Und auf der Fachhochschule hat man ihr sicher auch etwas von der Unschuldsvermutung erzählt.
Ihr Urteil wird aber bereits vollstreckt. Das geht bekanntlich blitzschnell im Internet-Zeitalter, wie alles andere auch. Die Kollegen von der Bild-Zeitung („Sex-Attacke bei Facebook“) haben natürlich gleich bei einem Thorsten Dersch in Allendorf angerufen. War ja auch nicht schwer, ihn zu finden – quod erat demonstradum. Ob er der „richtige“ Thorsten Dersch ist, werden wir vielleicht nie erfahren. Dieser Thorsten Dersch behauptet jedenfalls, seine Facebookseite sei gehackt worden und er habe sie deshalb vom Netz genommen. Mit der Schweinerei habe er nichts zu tun. Im Gegenteil: Er sei Fan von Friedrich und wünsche ihr alles Gute für die Olympiade in London. Da möchte sie ja hoch hinaus.
In Allendorf wird man ihr vermutlich die Daumen drücken. Ob es Thorsten Dersch auch tun wird, ist eher zweifelhaft. Der wird andere Sorgen haben – denn eines ist wohl klar: Auch ohne die angekündigte Strafanzeige von Frau Friedrich ist er bereits rechtskräftig verurteilt. Er wird es zu spüren bekommen, jeden Tag, im Verein, bei der DLRG, auf der Straße, in der Stammkneipe – überall.
Ob er es verdient hat? Welche Rolle spielt das schon…
Seltsamer Blog-Artikel. Was hat das alles mit dem Aussehen von Frau Friedrichs zu tun? Ist man selber Schuld, wenn man „schön“ ist? Sehr sexistisch und unangemessen.
…Drum prüfe wer sich ewig bindet….
Datenexhibitionismus hat seinen Preis. Jede(r) Facebooker, LinkedIner, Xinger, Twitterer wird irgendwann seinen Preis zahlen. 1984 schon ist lange vorbei. CIA & Co. freuen sich.
@ Frau Reusch: das nennt man einfach Berichterstattung. Wenn ein Mensch sexuell belästigt wird gehört es einfach dazu ob er oder sie schön oder hässlich oder sonstwas ist. Die Hochspringerin ist ja sicherlich wegen ihres Aussehens und Geschlechts und ihrer Bekanntheit belästigt worden. Man kann natürlich auch alles weglassen, aber dann wäre es ja am Einfachsten wir lassen Zeitung und Internet ganz bleiben, könnt ja irgendwie unkorrektes drinstehen.
@RichardT: Wie kommen Sie darauf, dass Reusch eine Frau ist? So unsachliche Kommentare wie den, auf den Sie eingehen, gibt es auch von Männern.
@Reusch: Ich denke, Sie argumentieren völlig an der Sache vorbei. Finden Sie es richtig, wenn jemand, darüber hinaus auch noch nach offensichtlich unvollständiger Recherche, jemand anderen an den digitalen Pranger stellt? Und wenn es dann auch noch ein „Gesetzeshüter“ ist, der so etwas macht? Dass der Täter eine Frau ist, hübsch, neutral oder greislich, ist hier völlig unerheblich und lenkt von dem wirklichen Thema ab. Das kann doch kaum Ihre Absicht gewesen sein. Oder?
@svb: Hat wirklich nichts mit dem Thema zu tun, aber du hast mich natürlich neugierig gemacht. Laut http://www.baby-vornamen.de ist „Tati“ ein kindlicher Kosename und eine Abkürzung von „Kathi“. Laut http://www.namepedia.org ist es auch eindeutig ein weiblicher Vorname. Ich finde ihn sehr schön (oops, jetzt hab‘ ich es schon wieder gesagt…)
Schlecht recherchiert!
Denn DER Thorsten Dersch ist auch der verheiratete und die DLRG-Auszeichnung liegt bereits mehrere Jahre zurück!
Ironie an: Ich finde, dass gutaussehende Frauen sich verschleiern sollten, damit sie keine perversen Nachrichten erhalten! Und knappe Röcke sollten gesetzlich verboten werden!!! Ironie aus!
Natürlich ist dieser „Fan“ ein Depp und ich kann jede Frau, die sowas häufiger zu hören oder zu lesen bekommt, schon verstehen, wenn sie das nervt. Aber das Risiko den Falschen zu outen ist so groß, dass man einen solchen Pranger wirklich nicht bedienen sollte. Es sei denn, man hat es hier wirklich mit einem Stalker zu tun. Aber auch dann sollte man gründlich recherchieren.
Es führt wohl kein Weg vorbei: das Ding angucken, nach Allendorf fahren, vergleichen und dann kann man ihn immer noch in aller Ruhe fertig machen 😉
Zu dem Bericht: Ich glaube ich hätte genau so gehandelt wie Ariane Friedrich aber ich finde das wäre das falsche gewesen!!!
Angenommen dem sein Facebookprofil wurde wirklich gehackt ist ist der Thorsten Dersch jetzt echt arm dran. Das Schwein das sein Ruf versauen wollte (Rufmord!!!) würde ich mir mal vorknöpfen da jeer Mensch, Perversling hin oder her so etwas nicht schreiben würde.
Glaubt ihr wenn der echte unschuldige Thorsten Dersch das alles hier anschaut wird er noch ruhig schlafen können?
Obwohl das sehr leicht rauszufinden ist würde ich ihn hier nicht so bloß stellen Verbrecher hin oder her. Soll sie ihn einfach anzeigen ohne gros ein Rummel daraus zu machen,das ist meine Meinung!!!
Übrigens heißt es:
quod erat demonstrandum
Und nicht quod erat demonstradum…
Ein paar Abmahnungen, kostenpflichtig, ein satter Schadensersatz, voilà: die Sache ist geregelt. Und der Versender der E-Mail pleite.
Das gute alte Zivilrecht bietet ausreichende Möglichkeiten.
Eine kleine geografische Korrektur; besagtes Allendorf liegt im Altkreis Biedenkopf und der Ort heisst Dautphetal-Allendorf/Hohenfels! Nur damit jeder den Herrn Dersch auch zuordnen kann, gell! Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen!
Generellt gilt, ab einer gewissen Promillezahl sollten manche Leute die Finger vom Internet lassen!
Als Beispiel kann man die Hetzjagd des Mobs in Emden anführen. Dort wurde ein Mädchen ermordet und ein junger Mann festgenommen. Per Facebook wurde eine Hetzjagd auf diesen jungen Mann durchgeführt und der aufgehetzte Mob organisierte sich sogar in Emden, im wirklichen Leben. Kurze Zeit später wurde der junge Mann wegen erwiesener Unschuld freigelassen und der wirkliche (?) Täter verhaftet.
Genau damit so etwas nicht passiert, gibt es die Unschuldsvermutung. Was Frau Friedrich hier getan hat, ist Selbstjustiz. Dass sie auch noch Polizistin ist, kommt erschwerend hinzu. Vielleicht hätte sie auf die Frage in der Mail einfach nur mit „Nein“ antworten sollen. Das wäre der Situation und der Email angemessen gewesen.
Inzwischen bin ich verwirrt. In diversen Foren streiten die Kombattanten, ob Frau Friedrich in Notwehr gehandelt hätte, oder ob es sich um den Tatbestand der Beleidigung handelt, was die Notwehr etwas problematisch macht. AGC schlägt hier im Blog zivilrechtliche Schritte vor. Einige der Diskutanten sind Juristen. Vielleicht habe ich nicht lange genug gelesen, aber die Frage ist: Wieso ging Frau Friedrich nicht einfach hin und zeigt den Schreiber an? Wie wäre es mit §184 Abs. 6 StGB? Bis zu 1 Jahr bzw. Geldstrafe dürfte Abschreckung genug sein. Sicherheitshalber sei hinzugefügt, dass ich kein Jurist bin.
@Sebastian: Sie hat, wenn mich an die FB-Einträge erinnere, Anzeige erstattet. Das allein dürfte ihrer persönlichen Genugtuung, vielleicht auch dem „Leg Dich nicht mit einem Promi an“ Gefühl allerdings nicht ausgereicht haben. Daher wohl der Schritt in die Öffentlichkeit, der ja nicht nur über die Vollnamensnennung erfolgte sondern sicherlich auch in dem geszielten unmittelbaren oder mittelbaren Einbezug des Boulevards. Wie sonst hätte die Bild-Zeitung das Ganze aufgreifen können, wenn nicht durch einen Wink und durch die Gespräche mit dem Trainer/Manager?
Und damit waren die Medien fein raus: Sie selbst haben und mussten auch gar nicht den Namen nennen. Es reichte ja der Hinweis auf FB undjede/r konnte es nachlesen, ohne dass die Journaille den Pressekodex verletzt hätte, den Namen einfach auch zu veröffentlichen.
Das haben dann weitgehend landauf landab die Foren und Artikel-Kommentatoren besorgt.
Nun hat – wenn ich das richtig sehe – Ariane Friedrich den April aus ihrer FB-Chronik gelöscht. Stellungnahmen ihrerseits sind wohl auch nicht zu erwarten. Es steht zu vermuten an, dass, während das „Teeren und Federn“, wie es ein Kommentator (der sich Thorsten D…. nennt) so zutreffend unter einem Focus-Online-Artikel schrieb, längst in vollem Gange ist, derweil sich Frau Friedrich auf ihre Sprünge vorbereitet als wäre nichts geschehen.
Aber wie heißt es doch so schön: „Die Not ist groß, die Geister, die ich rief, die werd ich nun nicht los…“ Da nützt auch ein Löschen der eigenen Facebook-Einträge und der dazugehörigen Kommentare nichts mehr.
Natürlich ist es ganz und gar nicht in Ordnung, solche Mails, Pinwandeinträge, PNs etc. abzusetzen – aber, und damit hat Tim recht: Die Art der Reaktion und unter Einbeziehung des Promibonus und der Bildzeitung eine solche Lawine loszutreten, ist es eben auch nicht.
„Information wants to be free“.
Wenn mir einer ein Penisbild mit Name und Adresse schicken würde, müsste ich wohl annehmen, dass er auf eine Veröffentlichung Wert legt. Stellt euch vor, man veröffentlicht es ohne Angabe des Urhebers … sofort käme eine Abmahnung. Auch bei Penisbilder gilt: „unbedingt den Fotografen und den Abgebildeten namentlich nennen …“