Der Ostteil des Bundesstaates Andra Pardesch ist das Armenhaus Indiens – selbst nicht gerade für seinen Wohlstand bekannt. Die Menschn hier leben in einfachsten bis primitivsten Verhältnissen vom Reis- und vom Kokosanbau. Aber das Internet hat es auch bis hierher geschafft und verändert jeden Tag das Leben der Leute hier. Ich bin zur Zeit auf Einladung der Byrraju Foundation mit drei Journalistenkollegen auf Recherchereise und versuche, trotz einigermaßen wackeliger Internet-Verbindung im Traingszentrum der Stiftung jeden Tag auf www.cole.de ein paar Eindrücke zu vermitteln. Hier eine Kostprobe:
Im Support Center von Jallikakinara geht es zu wie in jedem anderen auf der Welt: Es sitzen Menschen nebeneinander vo den Bildschirmen, tippen eifrig, sprechen in die Kopfhörer ihrer Telefonanlagen. Der einzige Unterschied: Diese Leute sitzen am Ende der Welt. Genauer: In einem kleinen indischen Dorf 800 Kilometer von der nächsten Großstadt entfernt.
Wir lösen mit diesem Unternehmen zwei Probleme auf einmal: Armut und Landflucht“, sagt K.R.M. Srinivs, der Chef von GramIT in Jallikakinara. Sein kleiner Laden mit seinen rund 110 Mitarbeitern irgendwo im Nirgendwo ist ein perfektes Beispiel, wie Entwicklungshilfe heute funktionieren muss – nämlich als echte Hilfe zu Selbsthilfe. „Wir haben das Dorf ins 21ste Jahrhundert geholt und ihm neues Leben gegeben“, sagt er, und es ist ihm irgendwie ein bisschen peinlich, so etwas Pathetisches sagen zu müssen.
Die 110 Mitarbeiter stammen aus Jallikakinara, einem einst völlig verarmten Dorf mit 1600 Einwohnern, das so abgelegen ist, dass es bis gestern dazu in Google keine Fundstelle gab (inzwischen ist mein gestriger Blogeintrag dort aufgetaucht), sowie aus der näheren und weiteren Umgebung. Sie haben einen wichtigen Job: Für rund 60.000 Ingenieure und Manager eines der größten indischen IT Service-Unternehmen, der Firma Satyam, in sechs Großstädten des Subkontinents die Taxifahrten zu organisieren. Wenn ein „Satyamite“, wie sie sich nennen, zum Kunden oder zum Flughafen muss, stellt er im Reiseportal des Firmen-Intranets einen Antrag, und der landet nach entsprechendner Prüfung bei einem der Mitarbeiter von GramIT, der ihn bearbeitet und ein Vertragsunternehmen in Hyderabad, Mumbai oder Delhi anruft, um eine Abholzeit zu vereinbaren. Auch die Abrechnung läuft über Jallikakinara: Die eingegangene Rechnung wird im Firmen-Hauptquartier in Hyderabad gescannt und per Internet zu GramIT geschickt, wo sie geprüft und genehmigt wird.
„Gram“ heißt auf Hindi „Dorf“. Das Projekt ist Teil einer neuartrigen Form von Entwicklungshilfe, die K.R.M.Srinivs als „Hilfe zur Selbsthilfe bezeichnet. Sie wird vom indischen Staat unterstützt und von der Byrraju-Stiftung organisiert, eine Organisation, die von Satyam-CEO und Gründer Raju ins Leben gerufen wurde. Er stammt selbst aus einem Dorf in der Nähe, und er hat es sich mit zur Lebensaufgabe gemacht, den Wohlstand, den die inischen Städte seit Jahren erleben, auch auf dem platten Land spürbar zu machen.
Dort herrschen vielfach noch Zustände wie im Mittelalter. Das einzige Plus der Menschen hier ist ihr vergleichsweise hohes Bildungsniveau: Dank des ausgezeichnet funktionierenden indischen Schulschystems haben viele von ihnen 10 Jahre Schule hinter sich, eine ganze Menge sind sogar weitere fünf Jahre aufs College gegangen, sind danach aber in der ackgasse gelandet. Es gibt für sie auf dem Land in Indien keine Jobs. „Hier kannst du zwei Dinge werden, Schullehrer oder Reisbauer,“ sagt Srivivis.
Dank GramIT hat sich das geändert. Die 110 Mitarbeiter hier verdienen zwischen 4000 und 6000 Rupies im Monat. Das sind rund 100 Euro – zehnmal so viel wie ein Lehrer und zwanzig mal so viel wie ein durchschnittlicher Bauer. Und der Support Center schafft indirekt noch mehr Jobs: zwei Trainer, zwei Netzwerkadministratoren und eine Putzfrau, zum Beispiel. Im Dorf gibt es jetzt drei Restaurants, wo die Leute von GramIT essen und die Auswärtigen unter ihnen schlafen. Und acht findige Unternehmer haben sich so genannte „Uato-Rikschahs“ gekauft, um die Mitarbeiter aus den umliegenden Dörfern zur Arbeit zu fahren.
„Die ganze Region spürt den Aufschwung, die GramIT in die Gegend gebracht hat“, behauüptet Srinivasa Raju, der ein Team bei GramIT leitet. Ja, es würden viele seiner Kollgen nach zwei Jahren – so lange müssten sie sich nach der Ausbildung zum Dableibenverpflichten – dochabwandern in die großen Städte, wo wie das Vier- und Fnffache verdienen können. Aber wenigstens steigen sie dort gleich auf höherem Niveau ein und müssten sich nicht erst durch bittere Stadtarmut nach oben kämpfen – wobei viel von ihnen scheitern und unter die Räder fallen, in der Gosse oder – die Frauen unter ihnen – im Bordell landen.
Ist GramIT ein Modell für ganz Indien oder gar für die sich entwickelnde Welt insgesamt? Ja, glaubt K.R.M.Srinivs, denn mit dem System von „checkbook charity“ komme man nicht wirklich weiter. „In India, everybody wants to improve themselves. They need help, not alms“, sagt er. Wenn man durch Jallikakinara läuft mag man es ihm glauben.
Ich habe letztens einen sehr schönen Film zum Thema ‚Outsourcing nach Indien‘ gesehen. „Outsourced“ daran erinnert mich dein Bericht. Wer Lust hat kann hier den Trailer angucken:
http://www.kino-zeit.de/filme/artikel/trailer_8969_outsourced—auf-umwegen-zum-gluck–outsourced.html