Der wachsende Fachkräftemangel in den deutschen Wachstumsregionen erfordert phantasievolle Lösungen – und viele parallele Lösungsansätze. Weder ist es mit einigen zusätzlichen Förderprogrammen getan, noch mit ein paar Reformen in der schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung.

Allein in Bayern fehlen bald 450.000 Fachkräfte

Im eben veröffentlichen Fachkräftereport der bayerischen IHKs wird die Mangelwirtschaft sichtbar:

Fachkräftemangel in Bayern
Aktuelle Strukturdaten zum Fachkräftemangel in Bayern

Stellt man sich vor Augen, dass demnach in wenigen Jahren jeder zehnte Arbeitsplatz für eine Fachkraft in Bayern nicht mehr besetzt werden kann, dann wird offensichtlich, dass einzelne Maßnahmen immer zu kurz greifen werden. Gefragt ist eine umfassende Qualifizierungsoffensive und eine neue  intelligente regionale Verteilung des Wachstums.

 Wir brauchen neue qualifizierte Arbeitskräfte: mehr Frauen, mehr Asylsuchende

Noch immer befinden sich zu wenige Frauen unter den qualifizierten Fachkräften. Dabei variiert der Frauenanteil branchenabhängig stark. Vor allem in den technischen Berufen liegt der Frauenanteil noch unter 10 Prozent.

Frauen in technischen Berufen
Noch immer gibt es zu wenig Frauen in technischen Berufen (Quelle: Fachklräftereport Bayern 2017)

Es wird Zeit, dass mehr Frauen den Besen aus der Hand legen, damit sie die Hände frei haben für Schweißgerät und CAD-Computer!

Auch unter den Flüchtlingen und Asylsuchenden befinden sich Tausende qualifizierte oder qualifikationsbereite junge Menschen. Wir müssen sie fördern und integrieren, statt ausgrenzen und abschotten. Wir müssen sie schnell in Ausbildung bringen – das hilft ihnen und hilft uns. Das hilft dem WIR. Die diesbezüglichen Aktivitäten zahlreicher Arbeitgeberverbände sind zu begrüßen und aufzugreifen.

Wir brauchen anders qualifizierte Arbeitskräfte: mehr Fort- und Weiterbildung

Arbeitslose, die sich weiter qualifizieren wollen, müssen stärker unterstützt werden. Die aktuellen Forderung aus dem Schulzzug der SPD nach Leistungsverbesserungen beim Arbeitslosengeld I in Abhängigkeit von Weiterbildungsmaßnahmen geht in die richtige Richtung und war überfällig. 

Wir brauchen regionale Umverteilung

Betrachtet man die Statistiken zum Fachkräftemangel genauer, dann stellt man fest, dass es sich immer um einen „regionalen Fachkräftemangel“ handelt:

Es kann nicht das Ziel einer modernen Strukturpolitik sein, den Wachstumsdruck in den Metropolen weiter zu stärken. Immer neue Gründer- und Technologiezentren in München und Umland schaffen unlösbare Infrastrukturprobleme. Gleichzeitig sterben ländliche Regionen einen langsamen bitteren Tod.

Stattdessen müssen wir gezielt ländliche Räume fördern:

Der Fachkräftemangel ist das Ergebnis eines Phantasiemangels

Der viel bejammerte Fachkräftemangels muss Anlass sein, in der Industrie-, Arbeits- und Strukturpolitik entschlossen umzusteuern. 

© Illustrationen: Fachkräftemonitor 2017,Bayerischer Industrie und Handelskammertag;  © okalinichenko@stock.adobe.com

 

Eine Antwort

  1. Ich weiß, dass es tatsächlich in einigen Wirtschaftssegmenten einen echten Mangel gibt, zu wirtschaftlich vernünftigen Konditionen kompetente Mitarbeiter zu bekommen. Ich habe leider aber auch schon mehrfach erlebt, dass das Thema nur genutzt wird, um billigen Arbeitskräften das Wort zu reden: „Wir brauchen die BlueCard, weil ich für 2.000 Euro brutto keinen Netzwerkadministrator bekomme, der diverse Microsoft-Zertifizierungen mitbringt und bereit ist, regelmäßig Wochenend-Bereitschaftsdienste zu leisten“ – das war ein ernstgemeintes Statement eines IT-Systemhaus-Geschäftsführers! Daher bin ich skeptisch, wo echter Mangel herrscht und wo er nur eine politische Kampfparole ist. Was bei den Statistiken oben fehlt: Haben sich denn die Gehälter in den Regionen unterschiedlich entwickelt? Sollte ja der Fall sein, gemäß der Gesetzmäßigkeit von Angebot, Nachfrage und Preis in einer freien Marktwirtschaft…
    Und noch einen zweiten Punkt möchte ich anführen: Gerne wird die „Schuld“ bei der Politik gesucht bzw. dieser die Lösung des Problems aufgebürdet. Mehr Phantasie würde aber auch vielen Unternehmen gut zu Gesicht stehen. Jedenfalls wenn ich von Personalberatern höre, dass eine Stelle im Management lieber 12-18 Monate unbesetzt bleibt, weil man einen deutschsprachigen Kandidaten sucht, anstatt einen (sofort verfügbaren) Bewerber aus dem europäischen Ausland sprachlich und kulturell fit zu machen…

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