Wer regelmäßig Sport treibt und auf seine Ernährung achtet, bezahlt weniger Versicherungsprämien. Klingt wie ein gutes Geschäft? Ist es auch. Jedenfalls glaubt das die John Hanock Lebensversicherung in den USA. Sie bieten ihren Versicherungskunden ein Geschäftsmodell an, das im Wesentlichen auf ein Tauschgeschäft hinausläuft: Gib uns deine Gesundheitsdaten und wir geben dir dafür Geld.
Die Versicherung, eine Tochter des kanadischen Manulife Financial, stattet ihre Kunden auf Wunsch mit einem so genannten Fitbit Monitor, ein Armbandgerät mit GPS und WLAN-Funktion, das Aktivitäten, Training, Ernährung, Gewicht und Schlaf aufzeichnet und in einer Logdatei speichert. Solche Geräte werden seit Jahren von Fitnessfans verwendet, die damit Training, Ernährung und andere vitale Funktionen überwachen.
Die Hancock-Versicherung erhält bei dem Deal Zugriff auf die Logdateien ihrer Kunden und kann beispielsweise sehen, wann und wie lange der Kunde im Fitnessstudio war, wo er gejoggt ist und wie er geschlafen hat. Es misst laufend die Herzfrequenz und das Blutvolumen sowie die Zahl der Schritte, die der Träger tagsüber aus eigener Kraft zurückgelegt und wie viele Kalorien er verbrannt hat.
Die Daten werden vom Fitbit Monitor mittels eines WLAN-Empfängers an den heimischen PC übertragen und im Fall von Hancock-Kunden gleich an den Versicherer weitergeleitet. Jedes Mal, wenn das Gerät ein gesundheitsförderndes Verhalten feststellt, bekommt der Kunde dafür Punkte. Wer beispielsweise nachweislich dreimal die Woche für eine bestimmte Zeit trainiert, hat am Ende des Jahres 3.120 Punkte gesammelt. Ab 3.500 Punkte steigt er auf zum „Gold-Status“ und erhält einen Teil seiner Prämie zurück. Ab 10.000 Punkten ist man „Platinum“-Mitglied. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, zusätzliche Punkte zu sammeln. Nichtraucher erhalten zum Beispiel 1.000 Punkte gutgeschrieben, wer ein Attest über eine Grippeschutzimpfung vorlegt, erhält weitere 400 Punkte. Die Zahl der Punkte hängt davon ab, wie eine bestimmte Aktivität die Lebenserwartung des Kunden beeinflusst.
Umgekehrt steigen die Prämien, wenn der Kunde seine Traningsziele nicht einhält. Fällt sein Punktestand irgendwann unter die Gold-Grenze, dann steigen die Prämien um zwischen 1,1 und 1,6 Prozent im Jahr. Das gilt natürlich auch für den Fall, dass einer ohne sein Zutun trainingsunfähig wird, also zum Beispiel an Krebs erkrankt.
Kaum vorstellbar, dass deutsche Datenschützer einem solchen Modell auch hier bei uns zustimmen würden. Aber die Idee, das Sammeln persönlicher Daten auf eine solide Geschäftsgrundlage zu stellen, hat durchaus seinen Reiz. Schließlich werden wir heute ja an allen Ecken ausgespäht, ohne etwas dafür zu bekommen – und meistens auch, ohne zu wissen, wer die Späher sind.
Wäre es da nicht sinnvoller, mit offenen Karten zu spielen und das Ganze zum Geschäft auf Gegenseitigkeit zu machen? Daten als Handelsware – damit hätten wir als Bürger und Verbraucher ein gewisses Maß an Datenhohehit zurückgewonnen. Und im Fall der Lebensversicherung auch ein Stück Wohlbefinden.
3 Antworten
Bei diesen Konzepten habe ich immer den Gedanken, wie sich die Versicherungen gegen Betrug und Missbrauch schützen, also die Überprüfbarkeit der Daten einfordern.
Wer sagt denn, dass der Nichtraucher nicht doch heimlich raucht?
Wer sagt denn, dass der Dibit-Monitor tatsächlich vom Versicherten getragen wird und man sich nicht sportliche Ertüchtigungen eines freundlichen Mitmenschen mit auf die Uhr nimmt?
Um das zu verhindern, muss ja zwangsläufig ein Kontrollmechanismus eingebaut werden…
@lutz: In Deutschland ist Versicherungsbetrug natürlich Volkssport. Es gibt aber auch ehrenwerte Menschen auf der Welt. Jemand, der ernsthaft Sport macht und gesund lebt, tut das aus Überzeugung. Wenn du ihm zusätzlich noch einen „sportlichen“ Anreiz gibst, macht er mit. Ich denke, das Geld ist ihm dabei sogar eher nebensächlich. Das weiß die Versicherung, und deshalb finde ich diese Idee auch so intelligent. Die brauchen keine großen Kontrollmechanismen. Und wenn ein Stinkstiefel dabei ist, dann sei’s drum. Aber vielleicht muss man Amerikaner sein, um das zu verstehen…
@Tim: Und da es eben leider hierzulande ein Volkssport ist, und die Versicherungen das auch wissen, würden hierzulande entsprechende Kontrollmechnaismen a priori eingeplant werden müssen. Ob sinnvoll oder nicht. Der Versicher hat einfach den Bedarf danach.
Aber vielleicht muss man Deutscher sein, um das zu verstehen… 🙂