Ich kenne Maika nicht. Oder besser noch: Ich habe sie nie gekannt. Zumindest nicht im wahren Leben. Und doch gehöre ich zu einer Handvoll Menschen, die über Maika eine Menge wissen.
Denn Maika war auf Twitter – und hat dort ihr Leben und Sterben geschildert. Maika war an Leukämie erkrankt. Es war ein ständiger Kampf gegen den Krebs, von dem sie immer wieder geschrieben hat. Nicht nur, denn Maika hatte einen manchmal kräftigen und sarkastischen Humor, setzte spitze Bemerkungen und zynische Kommentare ab. Immer wieder aber drang der Krebs auch in ihr digitales Twitter-Leben ein. Maika schrieb von ihrem letzten Urlaub. Ein paar Tage an der Ostsee, ihrer Heimat, vielleicht – so schrieb sie – sei es das letzte Mal.
Maika sollte Recht behalten, am Ende hat sie den Kampf gegen den Krebs verloren und sie wusste, dass es so kommen würde.
Tweets dieser Art taten weh – und sie tun es noch. Aber das Leben ist eben nicht nur eitel Sonnenschein, auch auf Twitter nicht. Im Gegenteil scheint diese Plattformauch bestens dafür geeignet, seinen Ärger, seinen Kummer, seinen Schmerz hinauszuschreien in die Welt. Maika hat das getan.
Vor knapp zwei Wochen ist sie gestorben, wie ihr Mann der Twittergemeinde über Maikas Account mitgeteilt hat.
Den Account gibt es noch, Maikas Mann hat ihn nicht gelöscht. Er hat Maikas Follower über den Tod seiner Frau informiert und einige Tweets abgesetzt, in denen er sich für die Anteilnahme bedankt. Die nämlich ist gewaltig. Viele Twitterer – und längst nicht nur ihre Follower – sind einem Aufruf einer Twitterfreundin von Maika gefolgt, und haben am Tag ihrer Beerdigung ein Bild getwittert. Unter dem Hashtag #GrussfuerMaika sind seitdem hunderte von Bildern hochgeladen worden: Sonnenauf- und untergänge, Regenbogen, Wolken, Blumen, Wälder… und immer wieder Katzen: Das nimmt Bezug auf das letzte Foto in Maikas Account, das die Twittergemeinde zutiefst berührt hat – mich eingeschlossen.
Selbst die größten Zyniker – und Twitter ist voll davon – beteiligen sich oder halten sich zumindest mit Bemerkungen zurück. Wie wohltuend.
Eine Antwort
Danke Lutz. Dieser kleine Bericht erinnert wieder einmal schmerzhaft an den frühen Czyslansky-Freund und taz-Blogger Hans Pfitzinger, der vor nun schon viereinhalb Jahren seinen Kampf gegen den Krebs verloren hat. Auch er hat damals seine Krankheit und sein Scheitern öffentlich gemacht. Tim hat damals in unserem Namen den Nachruf geschrieben: http://www.czyslansky.net/?p=2784, ich selbst habe mich auf der dampfLog von ihm verabschiedet: http://www.vibrio.eu/blog/this-is-the-end-hans-pfitzinger-schriftsteller-und-taz-blogger-ist-tot/. Das öffentliche Sterben macht die Leser betroffen. Es macht sie aber auch zu tröstenden Begleitern eines immer schweren Wegs und es bringt uns den Tod als natürliches Thema zurück in einen Alltag, der Tod und Tote eifrig verdrängt.