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Geschmäht und mit Füssen getreten: Trotzdem war die CeBIT 2009 wieder eine Reise wert.

Die weltgrößte Computermesse erlebte zwar nicht gerade einen Besucherandrang, jedenfalls nicht im Vergleich zu den Vorjahren. Dafür war aber die Zahl der angereisten Czyslansky-Anhänger rekordverdächtig. Da niemand die digitale Szene so perfekt durchschaut wie die Mitglieder dieses kleinen und äußerst exklusiven Kreise von Vordenkern der Digitalität, haben wir deren gesammelten Eindrücke aus Hannover für die Nachwelt aufgearbeitet und ins Netz gestellt. Drei einfache Fragen, jede Menge Antworten, die Stoff zum Diskutieren und zum Nachdenken liefern.

1.    Was war das Interessanteste auf der CeBIT?

Alexander Broy: Das interessanteste war für mich eindeutig die Webciety, vielmehr die Menschen darin waren interessant, denn das Konzept mit den kleinen schwarzen Ständen an denen bunte Logos leuchten, hat mich nicht wirklich vom Hocker gehauen. Aber die Schlipsträger, die neugierig und zugleich vorsichtig tastend in die Welt des Web 2.0 eintauchen, die haben mich angerührt.

Michael Kausch: Natürlich die Webciety. Großer Andrang, interessante Gespräche, gute Atmosphäre. das Standdesign hat mich nicht beeindruckt, den Cateringbereichen fehlte der Lounge-Charakter. Keine Tools zum Matchmaking.

Christoph Witte: Dass die CeBIT dieses Jahr wirklich nichts Neues zu bieten hatte. Keine Ankündigung, die in irgendeiner Weise nicht schon bekannt gewesen wäre. Wenn es programmatisch gewesen wäre, hätte es nicht besser durchgehalten werden können. Als Treffpunkt hat die CeBIT allerdings keine Bedeutung eingebüßt. Eher im Gegenteil: Der Veranstalter versucht vor allem die B2B-Zielgruppe zu umgarnen und mit allerlei Incentives zu ködern. Zum Beispiel gab es eine Executive Lounge für CIOs mit feinem Catering und Limo-Service.

Tim Cole: Die Podiumsdiskussion über „Cloud Computing“ am Donnerstag auf der Webciety. Erstens, weil ich ein tolles, geistreiches, schlagfertiges und bestens informiertes Panel hatte mit Martin („@tallmartin“) Buhr, European Business Director von Amazon Web Services, dem „Extended Enterprise“-Papst Dion („@dhinchcliffe“) Hinchcliffe und Mark („@mastermark“) Masterson, Enterprise Architect und „Chief Troublemaker“ von CSC. Und zweitens weil ich zum ersten Mal eine Diskussionsrunde erlebt habe, bei der die meisten Publikumsfragen per Twitter herein kamen.

2.    Was war das Schönste auf der CeBIT?

Michael Kausch: Das Treffen mit meinen Mit-Czyslanskys natürlich!

Alexander Broy: Das schönste war dieses Jahr, dass deutlich weniger zweifelhafte Schönheiten in schrillen Hotpants mit Firmenlogos im üppigen Dekolleté unterwegs waren. Ich vermute die Sex-Sells-Strategie hat weniger Bedeutung seit die Hardware schöner geworden ist.

Tim Cole: Die Ruhe. An manchen Messetagen war die CeBIT fast so gemütlich wie in den letzten Jahren auf der  SYSTEMS (Gott hab‘ sie selig). Als Messeveranstalter würde mich das unruhig machen…

Christoph Witte: Der strahlende Sonnenschein während der ersten zwei Tage. Das zweitschönste war der künstliche Fischteich mit virtuellen Fischen, den die Telekom in Halle 26 gezeigt hat. Die Wesen erschrecken sich sogar, wenn man auf die Oberfläche des Teiches tippte und spritzten davon. Technik vom feinsten, aber völlig sinnfrei, wie es sich für ein Messe-Exponat gehört

3.    Was war das Skurrilste auf der CeBIT?

Alexander Broy: Das skurrilste ist, dass die CeBIT doch tatsächlich 10 Euro die Stunde für WLAN verlangt. Ob das auch nur ein einziger Besucher bezahlt hat? Für 10 Stunden immer noch 60 Euro … Ist das vielleicht Webciety?

Tim Cole: Abgesehen von dem ausgewachsenen Feldhasen, der mich am Donnerstag am NordLB Forum fast umgerannt hätte, waren es die Massagestühle und Ledertaschenverkäufer, mit der die Messe versucht hat, die gähnende Leere in der Halle 25 zu kaschieren.

Christoph Witte: Skurril ist Hannover eigentlich immer zur CeBIT-Zeit, weil  – auch in schlechten Messezeiten mehr Fremde in der Stadt sind als Einwohner. Das erzeugt eine sehr seltsame Atmosphäre – ein bisschen wie Marsmenschen in Berlin.

Michael Kausch: Die Begegnung mit einem alten Freund. Man kennt das ja: plötzlich steht ein Wildfremder vor einem und ruft mit breitem Grinsen: „Mensch, altes Haus … du hier in Hannover? Ewig nicht gesehen…“ Und schon flieht man den sinnfreien Smalltalk. Auf der Russendisco am Mittwochabend in Halle 11 aber war‘s endlich mal andersherum: Ich erspähte zwischen zahllosen Wodkaflaschen meinen alten freund Joachim T. – aber dieser Schnösel erkannte mich nicht! Und dann spielte sich beinahe wortwörtlich folgender Dialog ab:

(mk): „hallo Joachim. Mensch – ewig nicht mehr gesehen!“

(jt mit irritiert flackerndem Blick): „äh, hallo…“

(mk): „Wir kennen uns ja noch von Microsoft her …“

(jt): „Ach ja. Microsoft. Lange her.“ (kraftloses Händeschütteln. Jt geht weiter, um fünf Minuten später unsteten Schrittes zurückzukehren)

(jt): „Woher kennen wir uns noch gleich?“

(mk): „Von Microsoft. Und später haben wir auch noch über vibrio miteinander zu tun gehabt.“

(jt): „Hmm, vibrio… Meinst du mit dem Michael Kausch?“

(mk):“Äh…, ich bin der Michael Kausch.“

(jt blickt mir tief in die Augen): „Stimmt!“

(mk): „Na, dann bin ich aber beruhigt.“

2 Antworten

  1. tatsächlich gibt es auch von mir noch eine ungleich seriösere einschätzung der diesjährigen cebit. sie erscheint in fünf kleinen teilen mit den themen

    Montag: Mut zur Reform statt zur Lücke
    Dienstag: Die WebCiety – Hype oder Zukunft der IT-Messen?
    Mittwoch: Green IT – ein alternativer Landfrauentag für Computer-Freaks?
    Donnerstag: IT Security – Sicherheit nur noch für Spezialisten?
    Freitag: Versuch einer Bilanz

    ab heute auf der dampflog (http://www.vibrio.eu/blog/).

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