Buch-Tipp für Leseratten: Satoshi Yagisawa: Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Buch-Tipp für Leseratten: Satoshi Yagisawa: Die Tage in der Buchhandlung Morisaki Euch fehlt noch ein Weihnachtsgeschenk für eine Leseratte? Da hab ich was für Euch:
Das musste ja so kommen. Kaum habe ich hier und auf Instagram, Facebook und LinkedIn das schöne Buch „Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ von Satoshi Yagisawa vorgestellt, da legte mir auch schon jemand Michiko Aoyama ans Herz. Und diese Jemand war eine Frau, deren Intellekt und Herz ich außerordentlich schätze, eine Frau mit großer internationaler Erfahrung aus dem Vorstand eines großen IT-Konzerns. Wenn sie mir ein Buch ans Herz legt, dann lese ich es auch. Und so kam ich also zu meiner dritten japanischen Lese-Erfahrung:
Was ist das für ein Buch? Lasst es mich mal so sagen: es ist eigentlich keine Literatur. Es ist eher ein Ratgeber. Es handelt sich um fünf Kurzgeschichten einer Autorin, die schon mit 14 Jahren beschlossen hat Schriftstellerin zu werden, dann bei einer Zeitschrift als Redakteurin arbeitete, einen Fortsetzungsroman für eine Website schrieb, den dann als Buch veröffentlichte und mit „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ vor drei Jahren in Japan für alle überraschend einen absoluten Bestseller schrieb, der in diesem Jahr auch in Deutschland – bei Kindler – erschien. In meinen Augen ist aber auch dieses Buch eigentlich vom Typ her eine ideale Fortsetzungsgeschichte im Ratgeber-Format nach dem Motto „Besser Leben“, geschrieben für die GALA, diese Gartenlaube des frühen 21. Jahrhunderts für die Frauenzimmer der gebildeten Stände. In fünf in sich abgeschlossenen kleinen Stories laden Protagonisten ihre Sinn- und Lebenskrise bei der Bibliothekarin Sayuri Komachi ab. Diese liebt nicht nur Honey-Dome-Kekse und bastelt seltsame Dinge aus Nadelfilz sondern hat auch für jedes Problem das passende Buch als Lebenshilfe parat.
Der japanische Leser und die japanische Leserin des Buchs erhalten so wertvolle Buch-Tipps – auch ein Grund, warum Buchhändler in Japan das Werk von Aoyama, die übrigens hauptberuflich in einer Bibliothek beschäftigt ist, so schätzen. Wir, die des Japanischen nicht mächtig sind, haben davon leider wenig. Aber die allgemeinen Lebensweisheiten von der universellen Durchschlagskraft chinesischer Glückkekse verstehen wir auch ohne ergänzende Lektüre. Auch wir verstehen die Kraft des Mondauges und des Sonnenauges, und wir haben auch gelernt, dass fast überall außerhalb der deutschen Grenzen die Sonne männlich und der Mond weiblich ist. Selbst wir Bayern, die bekanntlich nicht gendern dürfen, sind in solchen Dingen tolerant und nehmen niemand den Butter vom Brot.
Aber ja doch! Nochmal: man sollte keine große Literatur erwarten. Satoshi Yagisawa halte ich literarisch für erheblich „anspruchsvoller“. Die Sprache Aoyamas ist schlichter, ihre Ideen sind „schlichter“. Man weiß immer schon zwei Seiten vorher, was drei Seiten später geschieht. Und ja, nach dem zweiten Kapitel war ich nah dran das Buch beiseite zu legen. Aber ich bin dabei geblieben und ich habe doch auch ein paar interessante Gedanken gefunden, die man weiterspinnen konnte. Schön etwa, die Idee des Krebsgangs im letzten Kapitel, also das Krabbenrennen von Vater und Tochter. Die Tochter erklärt dem Vater:
„Ein Sportwettkampf für Eltern und Kinder, Man musste Rücken an Rücken seitwärtslaufen … Du hast mir damals erklärt, dass es Spaß macht, wie eine Krabbe zu laufen. Die Landschaft würde seitlich an einem vorbeiziehen, und man sähe die Welt aus einer anderen Perspektive. Der Seitwärtsgang wäre wie ein Weitwinkelobjektiv. […] Wenn man immer nur nach vorne schaut, ist die Sichtweise sehr eingeengt. Wenn ich mal in Schwierigkeiten stecke und keinen Ausweg finde, verändere ich meine Perspektive, indem ich die Schultern sinken lasse und mich seitwärts fortbewege wie eine Krabbe“.
Und eigentlich genügt schon dieser kleine Ratschlag, um das ganze Buch zu empfehlen. Ich will im neuen Jahr 2024 öfter mal den Krabbengang gehen. Danke Frau Komachi. Danke für den Tipp. Ich muss ja jetzt nicht gleich die GALA lesen …
Michiko Aoyama: Frau Komachi empfiehlt ein Buch. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. Kindler 2023. Gebunden 22,- €. Zu kaufen bei der Buchhändlerin Ihres Vertrauens oder bei buch7.
Illustration © Michael Kausch
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Czyslansky ist das Blog von Michael Kausch. Hier schreibt er privat über alles, was ihn interessiert: Literatur, Hifi, Musik, Reisen, Fotografie, Politik und Digitalkultur.
Beruflich ist er als Kommunikationsexperte spezialisiert auf strategische und konzeptionelle Unternehmensberatung und Coaching im Bereich integrierter Unternehmens- und Marketingkommunikation, Markenkommunikation, Reputationsmanagement, Krisen-PR, strategisches Social Media Marketing, Inbound Marketing und vertriebsorientierte Öffentlichkeitsarbeit.