Ich liebe sie – die High End, die jährliche Weltleitmesse unserer Audio-Anbieter, die zur Zeit gerade im Münchner M.O.C. stattfindet. Man hört in der Regel leider eher schlechte Musik, aber in bester Auflösung und Wiedergabequalität. Man sieht unzählige Asiaten hinter wunderschönen mechanischen Leica-Kameras baumeln – vorzugsweise an den Ständen der international renommierten deutschen Laufwerksbauer, also der Hersteller kleiner Industrieanlagen, die man früher Schallplattenspieler nannte. Man gewinnt einen Überblick über die unterschiedlichen Design-Ansprüche in den großen highfidelen Märkten China, Russland, Amerika und Europa.
Ein Blog eignet sich nun wirklich am allerwenigsten zur Berichterstattung über Audiophiles. Man hört zu wenig. Also beschränke ich mich im Folgenden lieber auf die Wiedergabe einiger visueller Eindrücke. Bilder vom Hören. Hörbilder.
Hörbilder von der Münchner High End 2013
Horn und Röhre sind noch immer die bestimmenden Themen der High End. Kaum zu glauben, wie viele moderne Varianten der guten alten Röhrentechnik jedes Jahr neu auf der High End zu sehen sind. Zwischen übermannshohen Hörnchen …
verstecken sich 300B-Röhren in ihren Schmuckkästchen:
Die meisten Röhren sind eigentlich „Löhlen“ und kommen aus China oder Japan.
Attraktive Röhrenverstärker kommen neuerdings aber auch aus dem krisengeschüttelten Griechenland. Tsakiridis ist ein neuer Stern am Röhrenhimmel und wird neuerdings in Deutschland von Audioplan vertrieben. Audioplan-Chef Thomas Kühn, mit dem ich mich nicht auf der High End, sondern auf der zeitgleich stattfindenden hifideluxe auf eine Tasse Kaffee traf, verriet mir, dass es sich bei Tsakiridis um einen kleinen Familienbetrieb handelt, der seine Pretiosen quasi in der Garage herstellt: „Sensationell gut. Die Wirtschaftskrise in Griechenland bewirkt nur, dass eher zu wenige Geräte gebaut werden können. Die Qualität stimmt.“ Klingt so. Klingt gut.
Thomas Kühn vertreibt seit vielen Jahren auch schon die französischen Edel-Röhrenverstärker und die CD-Spieler der Marke Jadis. Französische Eleganz für Ohr und Auge:
Weibliche Röhrenverstärkerinnen kamen in diesem Jahr aber auch aus dem bayerischen Oberland:
Eine Brücke zur IAA schlägt auf der High End der Berliner Edelhörgerätehersteller Dieter Burmester. Von ihm stammen traditionell sündteure und chromglänzende Musikanlagen fürs Wohnzimmer, neuerdings aber auch die High End-Anlagen in rollenden Lautsprechern von Porsche und Bugatti.
Ebenfalls in Berlin beheimatet ist mbl, der Entwickler sagenhafter Biegewellen-Radialstrahler. Bei mbl gibt es jedes Jahr die nach meiner Meinung besten Hörvorführungen. Das mag aber auch daran liegen, dass ich seit Jahren privat mit Rundstrahlern höre:
Im Design baut mbl ganz offensichtlich vor allen Dingen für asiatische Märkte: die Optik mutet eher … äh … „balock“ an, in Weiß mit opulentem Gold-Zierat. So hört der Asienmann:
Der sachlich-schlichte Gegenentwurf kommt ausgerechnet aus der Schweiz, die von Prof. Greutmann und Prof. Greutmann – die beiden sind miteinander verheiratet und teilen sich einen Stuhl in München – designte Geräteserie von Soulution. Dass die Schweiz ein Land mit Qualitätserzeugnissen ist, wissen nicht nur Uhrensammler, sondern hört man auch bei Soulution. Und dass die Schweiz ein Hochpreisland ist, erfährt man dort auch: die günstigste Verstärker-Kombi gibt es nicht unter 60.000 Franken. Und der Wert eines Franken ist hoch. Ich muss es wissen, ich bin Franke …
Die dritte große Designschule kommt aus Amerika. „Schau mir in die (blauen) Augen, Kleines“ gilt seit Jahrzehnten für die klassischen Zappelzeiger von McIntosh:
Eine beinahe ebenso lange Tradition wie die McIntoshen haben die Verstärker von Friedrich Schäfer (ASR Audio), die als Emitter seit Jahren von mir „unter verschärfter Beobachtung“ stehen und tatsächlich von Jahr zu Jahr besser werden. Die Emitter werden seit mehr als 30 Jahren in zwei Hauptvarianten gebaut und laufend überarbeitet und aktualisiert. Ein Produktlebenszyklus, der von der Beharrlichkeit des Entwicklers zeugt und der – nicht nur bei mir – Vertrauen erzeugt:
Die McIntoshen und Friedrich Schäfers Emitter stammen aus einer Zeit, in der die Welt noch Schallplatten und Tonbänder abhörte. Einer ganz wunderbaren Bandmaschine begegnete ich überraschend bei einem Besuch von Duevel auf der hifideluxe. Dort befeuerte eine Revox die Rundstrahler von Markus Duevel:
Tonbandgeräte sind nun aber wirklich stark vom Aussterben bedroht. Fast so sehr, wie CD-Spieler. Unsterblich aber scheinen Vinyldreher zu sein. Und die besten kommen aus Deutschland, von Scheu, Acoustic Solid, Transrotor, oder eben von Acoustic Signature …
… oder aus dem schönen Frankenland, von Clearaudio:
Nein, das hier ist keine Bügelmaschine. Mit diesem „Statement“ von Clearaudio kann man auch nur Platten hören. Aber „hören“ ist hier wohl das falsche Wort. Man(n) kann Vinyl auf diesem Altar „zelebrieren“.
Doch zeigen Clearaudio und die anderen Marken vom Plattenbau, dass es auch ein paar Klassen kleiner geht. Dabei muss man noch nicht einmal auf viel verzichten. Jeder – aber auch wirklich jeder – Plattenspieler schlägt jeden CD-Spieler aus vergleichbaren Preisklassen um Rillenlängen.
Und das macht die High End aus, dass man neben Traum- und Albtraumgeräten der obersten Preisklassen tausende vernünftige Produkte von „günstig und preiswert“ bis „teuer und seinen Preis wert“ hören, sehen und betatschen kann.
Die wichtigsten Hörgerätehersteller auf der High End
Meine Favoriten auf der diesjährigen High End hab ich hier genannt. Ergänzen muss ich diese Liste noch um Marantz, deren SACD-Player ich zum Beispiel sehr schätze, und Denon. Dort setzt man nicht nur Trends im Bereich Audiovision, sondern dort mischt man auch gerade den Markt für Kopfhörer auf. Und falls Sie die High End in diesem Jahr noch besuchen wollen, dann vergessen Sie nicht einen Besuch bei Quadral. Von Quadral kam vor vielen Jahren mein erster richtiger High End-Lautsprecher. Und es hat mich in diesem Jahr schwer gefreut, dass Quadral den Phönix macht: neue Geräte und spürbare Investitionen in die Produkt- und Servicequalität erlauben der deutschen Traditionsmarke eine Rückkehr vom Kaufhaus- in den gehobenen Fachhandelsmarkt. Quadral ist ein schöner Beweis, dass diese Branche lebt und Deutschland ein starker Standort für innovative und qualitätsbewusste Mittelständler ist.
Apropos „innovative Mittelständler“: noch etwas unterscheidet die High End überaus wohltuend von anderen Messen: nirgends trifft man mehr verrückte und deshalb überaus angenehme und spannende Menschen – unter den Besuchern, aber vor allem auch unter den Ausstellern 😉
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