Hurra, Czyslansky macht Tee Vau!

Ist Czyslansky ein Fernsehsender? Ist das, was das kleine Häuflein der Getreuen Tag für Tag verrichten, infolge dessen lizenzpflichtig? Und da einige von uns Czyslansky-Jüngern ihren Wohnsitz im Freistaat Bayern haben: Müssen wir Angst haben, dass es plötzlich an der Tür klopft und draußen die Häscher der Landesmedienanstalt mit ihren Fangnetzen und Maschinenpistolen lauern?

Sie lachen. Aber lesen Sie erst mal, was in der 12. Änderung des Rundfunkstaatsvertrags steht. Sobald mehr als 500 Menschen gleichzeitig auf ein per Internet bereitgestelltes Bewegtbildangebot zugreifen, ist man ein „linearer Informations- und Kommunikationsdienst, die für die Allgemeinheit bestimmte und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten aller Art im Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektronischer Kommunikationsnetze“ – vulgo eben ein Fernsehsender.  Als solcher wäre man verpflichtet, sich wie weiland ARD, ZDF, RTL, ProSieben oder München-TV um eine amtliche Erlaubnis zu bitten.

Die Bayern sind in Sachen Überregulierung mal wieder vorauseilend tätig geworden, wie Heise-Online meldet. Der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) hat kürzlich eine entsprechende Änderung seiner Fernsehsatzung verabschiedet, wonach Streaming-Angebote im Netz unter bestimmten Bedingungen künftig als Rundfunk gelten und nur mit einer Sendelizenz erlaubt werden. Angebote, die 500 bis 10.000 gleichzeitige Zugriffe ermöglichen sind demnach heute schon genehmigungspflichtig – aber nur, wenn “programminhaltlich keine Bedenken bestehen”. Bei über 10.000 gleichzeitigen Zugriffsmöglichkeiten ist ein Organisationsverfahren wie bei einem normalen Kabelprogramm unter den Voraussetzungen des § 10  Abs. 2 und 3 der Fernsehsatzung notwendig.

Klar kann sich nur ein krankes Bürokratenhirn einen solchen Stuß ausdenken. Aber diese Wahnsinnigen haben im Deutschland des Jahres 2008 echte Macht! Also muss man sie leider ernst nehmen, sogar sehr ernst. Die Krake BML breitet die Greifarme aus und versucht, sich wieder ein Stück mehr Kontrolle darüber zu ergattern, was Menschen in diesem Land sehen und horen – und letztlich denken – dürfen und was nicht.

Bleibt die Frage: Ab wann ist beispielsweise ein Blog wie Czyslansky ein linearer Informationsdienst? Schließlich sind auch an dieser Stelle gelegentlich Links zu irgendwelchen Bewegtbildangeboten zu sehen, beispielsweise den allzeit beliebten und sehenswerten Clip „Aus dem Leben eines Business-Kaspers“ und irgendwann vielleicht auch zur abendfüllenden Doku-Soapopera „Aus dem Leben eines Landesmedienanstalts-Kaspers.

Gut, es verirren sich ausweislich unserer Auswertungsstatistik selten 500 Internetnutzer gleichzeitig auf diese Seite, aber wir stehen ja schließlich auch erst am Anfang!

Für YouTube zum Beispiel würde die vorgeschlagene Definition eines Fernsehsender vermutlich jetzt schon zutreffen. Müssen die YouTube-Macher also jetzt in der – notabene! – Heinrich-Lübke-Strasse in München, wo die BLM ihren Sitz hat, antanzen und einen Antrag abgeben? Müssen sie in Zukunft gar in jedem einzelnen Bundesland ein solches Papier einreichen? Und wenn nicht, müssen sie dann technische Vorsorge treffen um zu verhindern, dass YouTube-Sendungen in, sagen wir, MeckPom gesehen werden, weil man glaubt, es lohne sich nicht, dort eine Lizenz zu beantragen?

Es geht halt nichts über richtig solide deutsche Medienpolitik!

3 Antworten

  1. Ich bin inzwischen felsenfest davon überzeugt, dass bayerische und chinesische Bürokraten gemeinsame Vorfahren haben. Anders ist dieser gleichgerichtete offenbar genetische angelegte, starke Wunsch nach Kontrolle bei beiden Beamtenvölkern nicht zu erklären. Völlig fehlgeleitet wäre natürlich , wenn man sagte, sie hätten aufgrund ähnlicher Gene auch das gleiche Demokratieverständnis.

  2. Der Link verweist auf einen Artikel, den ich zu dem Thema vor ein paar Tagen geschrieben habe. These, Antithese, Synthese: Wir lernen zumindest, dass wir den regulierwürdigen Bürokraten alles zutrauen. Und wenn sie mal doch im Recht sein sollten, dann lernen wir, dass es sehr auffällig ist, wie auffällig es eben ist, dass sie doch mal Recht haben. Kann mir noch jemand folgen?

  3. Das sollte natürlich „regulierwütig“ heissen. Siegmund Freud hätte seine Freude an mir gehabt 🙂

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.