Genau weiß ich gar nicht, warum ich so geschockt reagiert habe, als ich von der Insolvenz der Abendzeitung gehört habe. Ich habe das Münchner Traditionsblatt eigentlich seit vielen Jahren nicht mehr gelesen, erstens weil ich gar keine Zeitungen mehr lese und zweitens, weil seit dem Weggang des großen Sigi Sommers (Blasius der Spaziergänger) für mich auch gar nichts mehr an der AZ interessant gewesen ist. Ich lese Bücher zu 90% aus Papier und Nachrichten 90% digital, denn Tageszeitungen sind mir zu groß. Mit dem Format DIN A1 kann ich einfach nicht umgehen. Schon bei der Hälfte der Lektüre befinde ich mich in einer Altpapierkugel von zwei Kubikmetern. Mit der Weltkompakt hatte ich es einmal ein halbes Jahr versucht, die war zwar kleinformatig, aber auch irgendwie inhaltlich Schmalspur.
Zeitungen sterben dauernd, das kennt man nun schon seit ein paar Jahren, bei der Financal Times Deutschland war ich sogar noch ein wenig schadenfroh. Die großen amerikanischen Blätter betreffen mich nicht, aber bei der Abendzeitung war ich geschockt. Vielleicht weil ich eben Münchner bin, aber vielleicht auch, weil es jetzt langsam eng wird für den Journalismus. Die Süddeutsche, die FAZ, der Spiegel, vielleicht noch die Welt, aber das war es auch schon mit vernünftigen journalistischen Medien. Was machen wir, wenn die auch noch sterben? Was machen wir ohne Journalisten? Also richtige, recherchierende, unabhängige Journalisten? Wir wären auf die Regenbogenpresse und irgendwelche Blogs angewiesen.
Reflexartig habe ich die iPad-Version der Süddeutschen (Dieser Link zum Probeabo, mit dem ich für die SZ Werbung machen wollte, ist leider aus Leistungsschutzrechten gesperrt) bestellt (erstmal auf Probe) und ich möchte, dass es mir gefällt, sie zu lesen, denn wenn wir nicht bald alle für richtigen Journalismus bezahlen, wird es ihn nicht mehr geben und was dann?
6 Antworten
Nun ja. Da sind schon zwei Dinge, bei denen ich ein Fragezeichen machen möchte:
1. Dass die AZ insolvent ist, heißt noch nicht, dass der Zeitungsbetrieb eingestellt wird.
2. Die AZ bezeichnet sich selbst als Boulevardzeitung. Und damit ist sie deutlich näher an der Regenbogenpresse und den Klatschmedien dran als die „vernünftigen, journalistischen Medien“, die Du oben aufgelistet und als solche tituliert hast. Liest man Wiki über Boulevardzeitung, kann man schon die AZ in all den Definitionen und Kriterien wiederfinden. Damit will ich nichts gegen den Journalismus oder die AZ gesagt haben… Auf die gleiche journalistische Stufe wie Süddeutsche, FAZ, Spiegel oder ggf. Welt würde ich sie bei allen Vorbehalten gegen diese Medien und deren zeitwiligem Hang zum Boulevardesken doch nicht heben wollen.
Da habe ich mich vermutlich unglücklich ausgedrückt. Ich wollte die AZ nicht in eine Reihe mit FAZ und SZ stellen, sondern ihre Insolvenz, (ich weiss schon, das heißt nicht gleich, dass sie wirklich tot ist) als den Warnschuss, den ich als Umsonst-Website-Blog-Leser gehört habe, darstellen. Wenn das der AZ passieren kann, dann kann es vielleicht auch der SZ passieren. Deshalb möchte ich sie ab jetzt bezahlen und nicht mehr nur ihr Umsonst-Angebot nutzen.
Sollte die AZ sterben, stirbt die Königin der Schlagzeilen. Ich sage nur (vor ein paar Jahren):
Oder vor dreissig Jahren (ich habe es nicht vergessen):
(Hervorhebungen von mir)
Vielleicht ist der Ansatz der TZ besser, wenigstens partiell auf bairisch zu erscheinen. Allein schon deswegen, weil sich die FAZer so köstlich drüber aufgeregt haben. Aber all das hat mit Qualitätsjournalismus nichts zu tun – das ist doch eine ganz andere Baustelle. Vielleicht überlebt auf die Dauer nur eine einzige Zeitung. Reicht aus, solange ich sie lesen will 🙂
Ich verweise auf die entsprechende Passage von Ossi Urchs und mir in „Digitale Aufklärung“:
Der Münchner Markt ist sicher zu groß für 5 Zeitungen, und so nimmt es nicht wunder, dass hier eine Konsoidierung stattfindet. Wobei ich der Meinung bin, dass es durchaus nicht das Blatt mit der stärksten Online-Strategie trifft, die Erfolge im Ranking der Tageszeitungen mal ungeachtet. Wohl aber das mit der stärksten emotionalen Komponente – und dass, hätte ich gedacht, lässt sich am besten in die neue Ära transportieren.