Spontan und auf der Suche nach einer netten, weihnachtlichen Story für Czylansky habe ich mich im November beim Twitter-Wichteln – kurz twichteln – angemeldet.
Ich werde twichteln schrieb ich und war neugierig, was denn dabei herauskommen würde.
Nun: Zunächst habe ich den Twitternamen und die Adresse eines mir vollkommen fremden Menschen bekommen. Wobei: Vollkommen fremd ist mir dieser Mensch nicht, denn wir folgen uns bei Twitter gegenseitig. Das heißt: Wenn es einigermaßen gut geht, liest dieser Mensch, nennen wir ihn H., meine Tweets und ich lese seine. Das aber passiert eher unregelmäßig und vor allem zufällig, wenn ich mal bei Twitter bin und H. gerade was geschrieben hat, dann taucht das bei mir in der Timeline auf. Ich habe mir abgewöhnt, halbe Ewigkeiten zu scrollen und nachzulesen oder einzelne Twitterer aufzurufen und mich durch deren Tweets durchzugraben. Dazu ist es zu viel geworden. So funktioniert es auch ganz nett: Tür aufreißen, reinschauen, eine Runde mitkreischen, Tür zu.
Nun aber ist es anders. Ich durchstöbere H.s Tweets auf der Suche nach Hinweisen. Was schenke ich diesem Menschen? Vielleicht finde ich in den Tweets oder in den Bildern, die er hoffentlich hochgeladen hat, ein paar Spuren.
Mann, ist das spannend. Herr P. (also ich) wird ein Profiler. Mosaikstein um Mosikstein baue ich mir H.s Profil zusammen. Natürlich erfahre ich, wo er wohnt (ok, das wusste ich aus der Mail der Veranstalterin). Aber ich weiß jetzt auch, wohin er in Urlaub fährt, wo er sich rumtreibt, welche Hobbys er hat, ob er ein Tier hat (ich glaube schon) usw. usw. Und ob H. ein Mann oder eine Frau ist (aber das verrät das Avatarbild sowieso, das ist ein Portrait, und ich bin sicher, dass ist H. selbst). Und plötzlich verstehe ich auch seinen Twitternamen, der sich aus dem Realnamen herleiten lässt. Mann… ich geh zur Kripo.
Aber ich bin kein Profiler. Ich bin ein Stalker wenn auch mit ehrenhaften Absichten. Irgendwann nämlich entdecke ich ein Foto auf Instagram, dass H. hochgeladen hat. Es zeigt etwas Nettes versehen mit dem Satz „So etwas hätte ich auch gerne“.
Den Rest macht Google. Ich finde das Produkt, bzw. ein Ähnliches. Um es zu bekommen, muss ich mich in einem eher sonderbaren Shop anmelden. Was es nicht alles gibt… ok, mach ich auch das. Das Teil gibt’s weder bei Amazon noch bei ebay und ich werde ganz sicher nicht kreuz und quer durch die Stadt laufen, um ein Geschäft zu finden.
Das Geschenk garniere ich noch mit meinem neuen Buch. Damit ich die Regeln einhalte und nicht über Budget komme, wird das als Privatentnahme notiert. 10 Euro sind die Obergrenze und daran halte ich mich (nun ja… fast).
Als ich das alles verpacke und das Papier glattziehe, komme ich mir ein wenig wie in einem RTL-Scripted-Reality-Format vor. So wie die frauensuchenden Bauern, die die Bettlaken extra gerade ziehen, die bauernsuchenden Frauen, die Irgendwas voller Hingabe als Mitbringsel packen… so viel Liebe, so viele Erwartungen, so viel Emotionen in einer winzigen Geste.
Natürlich bin ich weder Bauer noch Frau, suche weder das eine noch das andere, aber ich bin überrascht, wie wichtig mir das geworden ist, das mein Geschenk ankommt. Also lege ich einen Screenshot des Instagram-Fotos dazu und wünsche viel Freude mit dem ersehnten Teil. Und ich hoffe, mein Twitter-Wichtel-Gegenüber weiß das auch zu würdigen.
Ab jetzt schaue ich täglich in die Post nach Päckchen sonderbarer und unbekannter Herkunft. Wann kommt mein Twichtelgeschenk? Und was wird es sein?
Ich bin so gespannt, denn Post kommt reichlich. Auch Päckchen. Aber das sind alles Sachen, die ich selbst zum Verschenken bestellt habe, einiges bei Amazon Marketplace.
Ich will aber auch ein Geschenk. Verdammt. Ich bin so aufgeregt. Das ist ja wie Weihnachten…