Wohin geht die Reise?
In den US-Medien pfeifen es die Spatzen von den Dächern, am deutschen Blätterwald scheint die Story ziemlich spurlos vorbei zu rauschen: RIM, der Hersteller des einstigen legendären Lieblingshandys aller Unternehmensberater und Möchtegern-Manager, steht offenbar direkt am Abgrund. Ob die Kanadier morgen ein Schritt weiter sein werden, ist noch offen. Jedenfalls überschlagen sich in der US-Bloggerszene Meldungen wie „Blackberry and Blue, Again“ oder „RIM on the Edge“. Die Aktie befand sich bis vor Kurzem an der NASDAQ im freien Fall und dümpelt inzwischen irgendwo bei $28 Dollar herum – Anfang des Jahres lagen sie über $70.
Wie konnte das passieren? Wie konnte ein absoluter Technologieführer und Innovationsmotor, der Stolz aller Kanadier, auf einmal so abstürzen? Nun, Kate Solomon traf auf TechRadar.com vermutlich den Nagel auf den Kopf als sie schrieb: „Last year’s phones won’t save RIM!“ Es ist die Modellpolitik, die den Blackberry in den Ruin treibt. Während Apple mit dem iPhone und Hersteller wie Samsung und HTC mit Googles Android-Betriebssystem ein schickes Smartphone nach dem anderen raushausen und die Entwicklergemeinde sich mit immer tolleren Mini-Anwendungen („Apps“) gegenseitig überbieten, hat sich RIm viel zu lange auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Als sie dann plötzlich aufwachten und merkten, dass sich der Markt für sie verlaufen hatte, reagierten sie fast panikartig, indem sie irgendwelche halbausgegorenen Geräte wie den unsäglichen „PlayBook“ auf den Markt warfen – ein Möchtegern-iPad ohne E-Mail, Kalender oder Adressbuch! Mal im Ernst, Leute: Wer außer einem Hirntoten würde sich je ein solche Dumpfbacken-Tablette anschaffen, und das auch noch für einen Preis von $500!
Okay, die neuen Touchscreen-Handys wie der Torch 9850 oder der Bold 9900 mit berühungsempfindlichem Bildschirm und herausziehbarer Tastatur sind fast so schnieke wie mein HTC Desire – aber das Ding ist jetzt ein Jahr alt, und RIM kommt jetzt damit daher wie die alte Fastnacht. „This is too little, to late“, schreibt die Online-Ausgabe von „The Week“. Zu wenig. Zu spät. Schade drum, aber damit rettest du den Freund nicht mehr, liebe RIM.
Ob es wirklich so eine gute Idee war, Android-Apps auf dem Blackberry lauffähig zu machen (mittels eines Emulators) wird sich weisen.
2 Antworten
Hallo Tim,
die Modellpolitik für sich alleine betrachtet ist nur ein Teil des Problems.
Ich kann mich an Kollegen erinnern, die lange vor iPhone und Co. einen Blackberry und ein Telefon parallel nutzten, da sie sich „in der Öffentlichkeit doch nicht so einen Gameboy ans Ohr halten“ wollten. Aus der Sicht des Anwenders war das Design also wohl auch vorher schon nicht massentauglich.
Durch neue Modelle anderer Hersteller wurden aber die Spielregeln der Beschaffung als auch der Nutzung von Telefonen durch und im Unternehmen massiv geändert. Und so entscheidet immer stärker der Anwender und weniger die IT. Das haben sie meiner Ansicht nach zu lange nicht ernst genug genommen.
In Summe hat RIM vermutlich einfach zu viele Baustellen. Die Größte ist (oder war) vermutlich alle Produkte auf QNX zu trimmen. Das ist nichts, was man mal eben so zwischendurch macht. Selbst bei einem Unternehmen mit derzeit ca. 15.000 Mitarbeitern bindet das Ressourcen, die an anderer Stelle fehlen.
Gruß
Timm