Es ist uns ein wichtiges Anliegen, ausdrücklich zu betonen, dass wir strikt gegen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus oder Rassismus sind“, zitierte gestern der Werbe-Branchendienst W&V eine Stellungnahme des italienischen Süßwarenherstellers Ferrero. Und weiter heißt es: „Ferrero distanziert sich klar von derartigen Vorwürfen. Bei der aktuellen Werbung handelt es sich um die Darstellung einer Produktvariation von Ferrero Küsschen mit weißer Schokolade. Alle Aussagen beziehen sich demnach einzig auf die weiße Schokolade – selbstverständlich ohne fremdenfeindlichen Hintergedanken…
Wir bedauern, wenn es bei dieser Werbung zu Missverständnissen gekommen ist und die Produktbotschaft anders aufgefasst wurde.“

Was hat der Schokoladen-Konzern, der ja nicht das erste Mal in das Fettnäpfchen politischer Unkorrektheit  getreten ist, denn nun wieder angestellt?

Es geht um Werbung – wie so oft:

ferrero
Screenshot von: www.ferrero.de

Es ist Wahlkampf in Deutschland und Ferrero meint, mit einer Wahlkampfsatire einen besonders pfiffigen und topaktuellen TV-Spot in die deutschen Fernseher gehoben haben. Eine Schachtel weißer Ferrero-Küsschen hält vor Journalisten und Zuhörern eine flammende Wahlrede. Im Publikum stehen Zuhörer mit dem Transparent Yes, weiss can.  Die satirische (?) Anspielung auf Obamas längst sprichwörtlich gewordenem Spruch Yes we  can  ist unbersehbar. Ferrors Claim lautet „Deutschland wählt weiß – für immer!“

Das ist nicht witzig, das ist auf gut deutsch gesagt einfach dämlich. Es erzürnte in den vergangenen Tagen die Gemüter, was zu erwarten war. Denn sofort werden Assoziationen wach, klingt ein rassistischer, diffamierender Unterton mit.  Zwar wollte Ferrero nur kommunizieren (wenn es denn so ist), dass die Küsschen mit weißer Schokolade jetzt immer im Handel erhältlich sind und nicht nur ein saisonales Produkt, aber der Schuss geht mal wieder nach hinten los. Verfolgt man die erregten Kommentare im Netz dazu, überrascht das nicht: Fremdenfeindlichkeit, Angst vor Menschen mit anderer Hautfarbe, reaktionäre Stimmung… Das volle Programm der Kritik prasselt auf Ferrero nieder. Denn wie immer fühlen sich – wenn etwas missverstanden werden kann – Menschen gemüßigt, selbiges mißzuversehen. Wie immer rattert die hier so oft schon beklagte Empörungsmaschinerie los. Es scheint, als sei es die Einzige, die in diesem Land noch wirklich gut funktioniert: „Hey ihr Lieben, eben habe ich die neue Werbung für Ferrero Küsschen mit weißer Schokolade gesehen und mir blieb der Mund offen stehen.“ postet zum Beispiel ein User im Diskussionsforum der ansonsten auf Klamottentausch spezialisierten Plattform Kleiderkreisel, setzt sich dann aber sehr differenziert mit der Werbung ausseinander. Weniger charmant und differenziert heißt es auf der Facebook-Fanpage von Ferrero aber auch „*dislike* was für eine ekelhafte Werbung, Ferrero Küsschen!“  ist da noch einer der harmloseren Posts.  Der Shitstorm war zu erwarten, wenn nicht sogar a priori beabsichtigt. Die Werbung ist ein lächelndes Ass, wie Oliviero Toscani nicht umsonst bereits vor Jahrzehnten erläuterte.
ferrero2ferrero3Aber es entwickelt sich – und das immer deutlicher – ein Gegenwind. Denn nicht jeder will sich vom Gutmenschentum gängeln lassen: Klar, die Werbung ist total rassistisch und so, scheiße seid ihr, die ‚Rassismus!!!‘-Schreier, dumm! ist auf Facebook im gleichen Zusammenhang ebenso zu lesen wie vom rotem Shitstorm, weeßte Bescheid, was interpretationsbedürftig ist, aber wohl genau in diese Tichtung zielt.
Es scheint, als habe die allgegenwärtige  gutgemeinte und gutmenschliche Empörungsbereitschaft mittlerweile das Toleranzmaß des Normalbürgers überzogen, als hätten es immer mehr Konsumenten satt, sich von selbst ernannten Moralisten vorschreiben zu lassen, was man politisch korrekt kaufen und konsumieren darf und was nicht.  Der mündige Bürger und Konsument erweist sich hier als besonders mündig, wenn er zurückruft: Mir egal, leck mich am Arsch, ich kauf es trotzdem… Weil ich es will und es Dich einen Dreck angeht, was ich kaufe und was nicht. Das Krakele wird mit Krakele quittiert.  Diskurs geht anders.

Nicht jede Geschmacklosigkeit, Instinktlosigkeit in der Werbung ist es wert, großes Geschrei zu veranstalten, nicht jede Mücke verdient es, zum Elefanten hochgeplärrt zu werden.  Deutschland wählt weiß zum Beispiel ist es nicht. Interessant – und nur deshalb lohnt es sich, das Thema hier überhaupt zu erwähnen – ist der allzu verständliche  Reaktanz-Reflex auf die Empörten und deren , der im Netz um sich greift.

Derweil hat Ferrero reagiert und will die Kampagne ändern, heißt es bei W&V. Hoffen wir (wieder mal und wie immer vergeblich), dass nach den Wahlen alles besser wird, zumindest, dass die Werbetreibenden sich intelligentere  Spots, Claims und Kampagnen ausdenken .

3 Antworten

  1. Dabei ist doch weisse Schokolade besonders gut für Negerkinder geeignet, damit sie sich nicht versehentlich in die Finger beissen, dachte ich. Ich kann da jetzt nichts Rassistisches Erkennen, aber vielleicht bin ich ja besonders unsensibel.

  2. Ich hoffe, dass Ferrero nicht versucht, aus diesen unverzeihlichen Fehler zu lernen und nächstes Mal wirbt „Deutschland wählt braun, für immer“.

    Aus Diskrimierungsvermeidungsgründen esse ich ab jetzt aber sicherheitshalber keine weiße Schokolade mehr. Mag ich eh nicht.

  3. Natuerlich ist diese Werbung rassistisch, sowas nennt man ,,Versteckte Rassismus“: Versteckte Rassismus ist eine Art Rassismus zu zeigen, ohne dass die Polizei Wind bekommt. Ich glaube, die wollen uns mitteilen, dass sie gegen ,,Nichtweissen“ sind! Traurig 🙁

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