Mit dem bevorstehenden Finale im DFB-Pokal, der Champions League und der Europameisterschaft ist König Fußball wieder einen Sommer lang in den medialen Mittelpunkt gerückt. Während auf Vereinsebene noch um zwei Pokale gerungen wird, ist das internationale Fußballgeschehen zumindest auf europäischer Ebene längst wieder ein Thema: Panini-Sammelbildchen, schwarz-rot-goldener Nippes, DfB-Fanartikel, Trikots in der Bierwerbung und allerlei Grillzubehör sind untrügliche Vorboten des kommenden Sommermärchens – wenn es denn eines wird.
In Scharen werden Fans zum Public Viewing pilgern, am Morgen am Arbeitsplatz die Spiele des Vorabends analysieren und die krassen Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern und Trainern diskutieren.
Das ist Anlass für Czyslansky, eine kleine Reihe über „Fußball und digitales Leben“ zu schreiben. Zweifelsohne hat der Lieblingssport vieler Landsleute im digitalen Zeitalter nichts an seiner Attraktivität verloren. Im Gegenteil: Der Fußballzirkus ist auch im Netz ganz groß. Die Kicker-App hält sich seit Jahr und Tag im Ranking der Topp-Apps im Apple- und Android-Market. Vereine und Spieler bespielen längst nicht mehr nur den grünen Rasen sondern auch Social-Media-Plattformen von Facebook bis Twitter – leider sind die Kicker dabei so virtuos wie mit dem Leder am Fuß.
Fans bloggen, Vereine auch. Newsletter und Nachrichtenticker versorgen die Anhänger mit Wissenswertem und Unnützem, vor allem aber mit Angeboten lizenziserter hochpreisiger Produkte. Doch die Bandbreite ist noch größer: Den Winter über vermehrten sich die EM-Boykott-Aufrufe auf den Facebook-Pinwänden vieler Freunde und Bekannte wie Unkraut. Kaum ein Tag, an dem ich nicht aufgefordert wurde, mich dem anzuschließen Es ging um das Töten der Hunde in der Ukraine, Tierschützer agitierten in erster Linie digital und belagerten wochenlang die Pinwände der Hauptsponsoren. Viele Unternehmen schlossen diese entnervt nach kurzer Zeit. Dieses Beispiel zeigt sehr eindrücklich, wie Fußball und digiales Leben sich beeinflussen.
Und doch wirkt es – obwohl kaum ein halbes Jahr her – völlig veraltet.
Derzeit überschlagen sich die deutschen Medien mit Meldungen über die Haftbedingungen von Julia Timoschenko und die Ankündigung zahlreicher deutscher Politiker, die Europameisterschaft zu boykottieren. Man kann Sigmar Gabriel recht geben, wenn er auf seiner Facebook-Seite notiert: Politiker müssen bei der EM aufpassen, dass sie nicht zu Claqueuren des Regimes werden. Denn sie sitzen in den Stadien möglicherweise neben Gefängnisdirektoren und Geheimpolizisten.
Mit diesem Standpunkt steht Gabriel nicht alleine da. Das Spektrum gleichlautender Äußerungen reicht durch alle politischen Parteien. Und wie selbstverständlich stößt auch Uli Hoeness in das Horn und fordert die Spieler Nationalmannschaft auf, Größe zu zeigen, öffentlich Stellung zu beziehen und sich mit dem Protest gegen die Regierung Janukowitsch zu solidarisieren. Man darf gespannt sein, ob der deutsche Kader eine ähnlich ausdruckssarke Geste finden wird wie die Black Power Bewegung bei den Olympischen Spielen 1968.
Vielleicht wäre derzeit eine „Fußball & Politik“ Serie angebrachter, aber die Reihe Kick it & Klick it lässt ja viel Raum…
Zurück zum Alltag. Die digitale Welt hat längst den Fußball- und Bundesligasamstag, die Pokalspiele und die Fernsehabende mit den Spielen der Nationalelf verändert. Informationen fließen viel schneller zu den Fans in den Stadien, vor den Bildschirmen und Radios, FB-Vereinseinträge werden umgehend kommentiert, Fans twittern Kommentare und Lob und Beschimpfungen ihrer Mannschaft im Sekundentakt.
Genug Stoff also für eine kleine Serie. Geplant ist eine Zusammenstellung ganz individueller Erfahrungen, Meinungen und Erlebnisse rings um Bits und Bytes, die allesamt angesiedelt sind in den Stunden, in denen das Runde in das Eckige gehört. Dazu kommen Anmerkungen zu ein paar bemerkenswerten Meldungen zum Thema „Fußball und digitale Medien“.
Einiges ist nicht mehr ganz taufrisch, einige Erlebnisse liegen in grauer Vorzeit. Sie passen aber dennoch sehr gut in diese kleine Reihe, und es muss nicht alles immer brandaktuell sein, um trotzdem erwähnenswert zu bleiben.
Die Leser mögen es verzeihen, dass zumindest beim Blick auf den deutschen Fußball zwei Mannschaften besonders im Focus stehen. Seit ich in Bayern wohne, hat sich der FC Bayern München stark uíns Blickfeld gedrängt, dagegen ist man im Großraum München machtlos. Das Herz aber bleibt schwarz-gelb, und das nicht erst seit dem zweiten Meistertitel in Folge. Daher wird’s des Öfteren auch um die Borussen gehen. Aber ganz gleich, ob sie im schwarz-gelben, königsblauen, grün-weißen oder roten Trikot o geschehen: viele, für die das Wochenende schlecht gelaufen ist, wenn der Heimatverein die Bude voll bekommen hat, werden ähnliche Erlebnisse und Erfahrungen gemacht haben, wie sie hier zu lesen sein werden. So gesehen ist der eigene Verein nur Platzhalter, das darf bei aller Beweihräucherung nicht außer Acht gelassen werden. Ersetzen Sie einfach meine vorgegebenen Vereinsnamen und -farben durch die Ihren, und schon passt das. Schön, dass wir und hier wieder finden.
Allen anderen, die der Unterschied zwischen direktem und indirektem Freistoß völlig egal ist, empfehle ich, die Beiträge gar nicht erst zu lesen. Das ist Ihr gutes Recht. Machen Sie Gebrauch davon.
Anpfiff der Serie auf Czyslansky.net ist am kommenden Samstag.
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