Am vergangenen Donnerstag traf sich die ganze Social Media-Meute zum Ringelpietz auf Google+, dem von vielen auserkorenen Facebook-Killer. Was war das für ein Tohuwabohu: alle waren sie plötzlich da, drückten neugierig auf neue Buttons, waren überrascht was passierte – wenn etwas passierte – und informierten die ebenso hektisch aktive Community über ihre Erfolgs- und Misserfolgserlebnisse. Tapio Liller, Björn Eichstätt, Kay Oberbeck, Stefan Keuchel, Mirko Lange, Mario Sixtus, Thomas Pfeiffer – alle waren sie da. Einzig Klaus Eck hat keiner gesehen, aber der war wohl gerade unterwegs. Drumherum standen – wie in Cannes neben dem roten Teppich – all jene, die nicht mitspielen durften, weil Google sein Geschäft versteht wie eh und je und den Zugang “aus technischen Gründen” immer erst mal limitiert. Aber erst das verbreitete Gejammer “Ich will hier rein” vor dem strengen Türsteher macht die Disco ja attraktiv. Google funktioniert auch nicht anders, als das P1. Nur dass statt Boris Becker eben Sascha Lobo drinnen Hof hält. Einen ziemlichen Hype haben sie da wieder losgetreten, die Google-Jungs und -Mädels. Lohnt der Wahn? Ich glaube ja!
Das meiste an Google+ kommt einem altvertraut vor: Menschen teilen sich mit – ein wenig seriöser, als auf Facebook (mag sein) – Fotos, Links und Videos werden eingebunden. Revolutionär scheint vielen die Tatsache, dass man nun auch fett und schräg posten kann (boah ey!) und Freund Tim Cole freut sich, dass er seine Beiträge nun auch nachträglich korrigieren kann (ja ja: im Alter werden die Finger zittrig).
Richtig neu sind die “Hangouts”, eine integrierte Möglichkeit für technisch minderwertige aber immerhin schnell aufzubauende Webcam-Meetings.
Und wirklich fein sind die “Kreise”. In diesen Circles kann man seine Kontakte verwalten. Worüber also viele Facebookianer immer jammern – Sie senden ihre Botschaften immer gleich an alle, an den Chef ebenso, wie an die Freundin – lässt sich in Google+ einfach vermeiden. Im Prinzip konnte man auch bei Facebook schon zwischen privaten und beruflichen Gruppen unterscheiden, aber richtig einfach geht dies wirklich erst in Google+: Jeder Kontakt wird in eine oder mehrere Kreise einsortiert und jede Botschaft kann man für einen oder mehrere Kreise oder halt auch für alle freigeben. Das Management der Kontakte funktioniert viel einfacher, als bei anderen sozialen Medien, aber leider auch viel komplizierter, als in klassischen CRM-Tools. Eigentlich sind Hilfsmittel für das Integrieren, Verschieben und Löschen ganzer Gruppen nach spezifischen Merkmalen nur rudimentär vorhanden. Deshalb sollte man sich zu Beginn seines Google+-Lebens schon Gedanken machen, welche Kreis-Definitionen für einen selbst sinnvoll sind. Später lässt sich diese Struktur kaum mehr sinnvoll ohne großen Aufwand verändern. Mein Beispiel:
So kann man seine Botschaften wirklich zielgruppenspezifisch bauen und vor allem auch sich seinen Stream einigermaßen interessegeleiteten modular organisieren. In meinem Kreis “1st” will ich eigentlich nur die Beiträge derjenigen sehen, deren Input für mich am wichtigsten ist. Es gibt aber auch Situationen, an denen ich die Beiträge meiner Kollegen, oder von Journalisten, oder von Social Media Opinion Leadern sehen möchte. Grundsätzlich lässt sich das mit den Kreisen schon ganz ordentlich organisieren.
Freilich kann man seine Kreise auch eher nach psychohygienischen Gesichtspunkten bauen, wie Sascha Lobo, der in letzter Zeit immer häufiger zu viele Dinge konsumiert, die er offenbar nicht verträgt:
Mit “Dingen” meine ich natürlich so was wie Kameras und Mikrofone …
Ich werde in nächste Zeit nach und nach meine Erfahrungen mit Google+ hier kundtun und freue mich über ergänzende oder auch gegenläufige Erfahrungsberichte.
Ich bin in dem erlauchten Circle „Hat keine Einladung bekommen“
Wenn ich so meine Umfeld betrachte, sind in diesem exklusiven Zirkel anscheinend sehr wenige.