Ode an die Zwiebel
Ode an die Zwiebel Zwiebel,leuchtende Phiole,Blütenblatt um Blütenblattformte deine Schönheit sich,kristallene Schuppenließen dich schwellen,und im Verborgenen der dunklen Erdefüllte dein Leib sich an mit Tau.
Im Französischen ist ein Bijou ein Kleinod, ein kleines Schmuckstück, etwas kleines Feines. Bijoux, das sind kleine Schmuckstücke und – ja gut, ich weiß, umgangssprachlich in Frankreich auch schon mal die männlichen Hoden, das, was FC-Bayern-Torhüter gerne als „Eier“ bezeichnen. „Mon bijou“ meint dann auch so viel wie „Mein Schatz“, ein Kosename. Ich denke da natürlich an den Herrn der Ringe … Ich möchte heute unter der Rubrik „bijoux“ fünf kleine Bücher vorstellen, die mir alle etwas bedeuten, die kleine Meisterwerke sind, oder doch von kleinen Meistern verfasst wurden. Zwei von Ihnen sind alte Czyslansky-Freunde, waren früher Mitautoren dieses Blogs. Einem kann ich nicht das Wasser reichen, weil er ständig durch irgendwelche Seen schwimmt. Sein Buch kann man wohl mit einigem Recht als aquanautisch bezeichnen. Der andere Czyslansky-Bruder ist leider schon lange verstorben. Aber sein Buch lebt. Es ist heute nur noch schwer und antiquarisch zu bekommen. Die anderen drei Autoren werden durch beide Freunde geadelt. Logisch.
Héctor Abads „Kulinarisches Traktat für traurige Frauen“ ist ein ganz großartiges Frauenbuch von einem Mann. Geht nicht? Geht doch. Ein Kochbuch? Aber nicht doch. Abad ist Kolumbianer und Kolumnist für die Tageszeitung El Espectador. Früher war er Redakteur für den von Marquez gegründeten Cambio. Daher also weht der literarische Wind.
In dem kleinen feinen Buch aus dem kleinen feinen Wagenbach Verlag geht es ums älter werden Menschen, um Untreue und Treue, um Erotik, um Alkohol, um Krankheiten, ums einfache Leben, um Verführung, um Geburt, um Menstruation, um Jungfräulichkeit und was man dagegen tun kann, um die Trauer des Blumenkohls und immer wieder um Rezepte gegen die alltäglichen Leiden, etwa gegen den Überdruss:
„Koche eine Portion Spaghetti al dente und würze sie mit der einfachsten Sauce, die es gibt: Knoblauch, Öl und Ajipfeffer. Darüber reibst du eine Schicht Parmesankäse. Auf die rechte Seite des tiefen Tellers, auf dem sich die Spaghetti mit der Sauce türmen, legst du ein aufgeschlagenes Buch. Auf die linke Seite legst du ebenfalls ein aufgeschlagenes Buch. Dahinter stellst du ein volles Glas trockenen Rotwein. Jede andere Gesellschaft ist nicht empfehlenswert. Du blätterst aufs Gratewohl (sic!) die Seiten des einen und anderen Buches durch, aber es müssen Gedichtbände sein. Nur die guten Dichter heilen uns. Nur die einfachen, wesentlichen Dinge heilen uns von der Übersättigung durch die Völlerei.“
Ihr seht, das Buch kann auch von Männern mit einigem Gewinn gelesen werden.
Adrian Geiges erzählt mit viel Witz von seiner Sozialisation als junger westdeutscher Provinzkommunist zwischen Kapital-Schulung und weiblichen Kadermitgliedern auf Friedenfestivals von SDAJ und Jungen Pionieren und seinen ersten Entdeckungsreisen im Untergrund der Blauhemden. Das ist alles ziemlich komisch und wenn man wie ich aus der Provinz kommt trifft man auf viele alte Bekannte in diesem Buch.
Aber der Autor macht nicht Halt in der postpubertären Revolutionsromantik sondern begleitet sich selbst auf dem langen Marsch durch die Institutionen als Mitarbeiter eines großen deutschen Verlagshauses (Bertelsmann?) in China und eines Kommerzfernsehsenders (RTL?) in Moskau.
Dass das Studium des Marxschen Kapitals einer Tätigkeit für das Kapital durchaus förderlich sein kann ist ja weithin bekannt. Eine besonders feine Episode habe ich da selbst beizutragen: Um das Jahr 1990 herum erhielt ich einen Anruf aus der Vorstandsetage eines der größten Unterhaltungskonzerne in Deutschland. Ein renommierter Künstler, von dem kurz darauf bekannt wurde, dass er IM der Stasi war, hatte den Auftrag einen Kommunikations-Chef für das Unternehmen zu suchen. Auf mich aufmerksam geworden war er, weil ich während meines Studiums eine Weile gemeinsam mit einem jungen SPD-Nachwuchspolitiker in der Redaktion einer kleinen linken Zeitschrift saß. Der Mann wurde später deutscher Bundeskanzler. Meine Aufsätze in dieser kleinen Zeitschrift wiederum hat ein alter trotzkistischer Hochschulprofessor gelesen und der hat mich ausgerechnet dem Stasi IM empfohlen. Was habe ich gelacht …
Die Kirche Maria Schnee liegt in der Nähe von Amberg in der Oberpfalz. Das muss man nicht wissen. Weder, dass dort diese Kirche liegt, noch dass Bernstein sie 1986 gezeichnet hat, im Jahr der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.
Es hilft einem auch keinen Deut weiter, wenn man das gleichnamige Buch verstehen will, das Bernsteins Freund Eckhard Henscheid zwei Jahre später, also 1988, veröffentlicht hat. Viel passiert nicht in diesem Roman. Kein Wunder, spielt er doch in der Oberpfalz. Ein Handlungsreisender isst ein Schaschlik in einer Pension. Das wars eigentlich weitgehend. Dabei hört er interessiert anderen Menschen zu. Mit Butzenscheiben als Brennglas erfährt er die Welt. Na ja, ein bisschen kommt er schon herum. Aber nicht weit.
In Corona-Zeiten wurde ja gerne zu allen möglichen und unmöglichen Anlässen Blaise Pascal zitiert – Ihr wisst schon:
„Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“
Wer wissen will, wie das ist, das Glück des Sitzenbleibenden, beim Lesen von „Maria Schnee“ könnt Ihr es erfahren. Ein Buch zum Schildkröteln. Müsste Polt schreiben um seine Miete zu bezahlen, er würde es mit solchen Büchern versuchen.
An dieser Stelle möchte ich ein Buch vorstellen, das mir aus mehreren Gründen sehr am Herzen liegt. Wegen dem Sujet und wegen dem Autor.
Vor vielen Jahren habe ich dieses Blog gemeinsam mit guten Freunden gegründet. Heute betreibe ich es alleine. Zu den Czyslansky-Gründern und -Betreibern gehörten neben dem Technologie-Publizisten Tim Cole, Web-Guru Ossi Urchs, Computerwoche-Herausgeber Christoph Witte, Internet-Pionier Sebastian von Bomhard, SEO-Papst Alexander Holl, Video-Künstler Alexander Broy auch die Blogger Lutz Prauser und Hans Pfitzinger.
Hans erreichte als taz-Blogger einige Berühmtheit. Er verfasste aber auch mehrere Bücher.
Sein mir liebstes Buch trägt den schönen Titel „Stille Winkel in München“ und beschreibt knapp zwanzig Flecken der bayerischen Landeshauptstadt, die Touristen in aller Regel eher verborgen bleiben, etwa den Auer Mühlbach, den Tivoli-Pavillon, den Poschinger Weiher und natürlich das alte Sechziger Stadion.
Das Buch erschien 2007 bei Ellert und Richter und ist längst vergriffen. Einige der darin beschriebenen Münchner Schönheiten gibt es inzwischen auch schon wieder nicht mehr. Und leider gibt es auch Hans nur noch in unserer Erinnerung. Er erlag vor vielen Jahren einem Krebsleiden. Mein Freund Ossi Uchs folgte ihm nur vier Jahre später.
„Stille Winkel in München“ aber findet man immer wieder mal im Antiquariat. Es lohnt sich. Mit diesem Buch in der Manteltasche wird ein Herbstspaziergang durch die Isarmetropole wunderschön. Versprochen.
„Bahnfrei“ von Wassermann Lutz Prauser. Taucht das was? Ja, das taucht was.
Bücher über Männer und Frauen die irgendwann anfangen Marathon zu laufen gibt es zum Regale biegen. Hier aber verrät der Klappentext: „Die Selbsterkenntnis des Endvierzigers ist erschütternd: Zu dick, zu träge, zu unbeweglich. Es wird Zeit, grundlegend etwas zu ändern. … Er will Schwimmen. Ungeübt, untrainiert aber zumindest am Anfang noch hochmotiviert.“
Heute ist Lutz leidenschaftlicher „Freischwimmer“, also einer, der nicht über Fliesen seine Bahnen zieht, sondern über Hecht und Karpfen. Da hat sich einer freigeschwommen und dabei seine feine Beobachtungsgabe für seine Umwelt nicht verloren. Seine Erlebnisse an den Seen und Teichen der Welt sind eine große Lese-Freude. Sein trockener Humor steht in feiner Konjunktion zu seinem Biotop. Also mein Tipp heute: Lesen, bevor der letzte See schon in wenigen Wochen gefriert gefriert. Es naht immerhin schon wieder einer dieser Herbste.
Illustrationen © Michael Kausch
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Josef Haslinger: Der Tod des Kleinhäuslers Ignaz Hajek – Buchvorstellung. Mit Haslinger im Waldviertel Es ist bitter, im Münchner Speckgürtel aufzuwachen, nachdem man die ganze
Literarisches Quintett XIV: Trunkenes: Hemingway, Kaminer, Numminen, Rowohlt, Seidl L.M. Bücher machen süchtig. Das haben sie mit Alkohol gemein. Und es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten:
Czyslansky ist das Blog von Michael Kausch. Hier schreibt er privat über alles, was ihn interessiert: Literatur, Hifi, Musik, Reisen, Fotografie, Politik und Digitalkultur.
Beruflich ist er als Kommunikationsexperte spezialisiert auf strategische und konzeptionelle Unternehmensberatung und Coaching im Bereich integrierter Unternehmens- und Marketingkommunikation, Markenkommunikation, Reputationsmanagement, Krisen-PR, strategisches Social Media Marketing, Inbound Marketing und vertriebsorientierte Öffentlichkeitsarbeit.
Eine Antwort
Sei aufs Herzlichste bedankt.
Aquatische Grüße vom Wassermann; Zwischen zwei Seen gesendet.