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Für uns (West-)Deutsche ist Polen noch immer die große Unbekannte. In Italien erkennen wir jeden Strandabschnitt längst am Geruch des Sonnenöls. In Frankreich sind uns die Idiome der langues d’Oc ebenso vertraut, wie das Bretonische. Wir sind in der Lage einen Appenzeller durch leichten Fingerdruck auf die Schale von einem holländischen Bergkäse zu unterscheiden. Einzig unser großer Nachbar im Osten ist den meisten von uns eine terra incognita.

Dies galt es nun endlich zu ändern. Und so begab ich mich in diesem August auf eine Expedition zu den Polen. Ich startete in Wroclaw (Breslau) und reiste über Kraków (Krakau), Warzawa (Warschau), die Masuren und Gdansk (Danzig) ins pommersche Leba, in dessen altem Kurhaus ich diesen Bericht nun verfasse. Das heißt, eigentlich handelt es sich nicht um einen abgeschlossenen Bericht, sondern vielmehr um eine lose Reihung unterschiedlicher Eindrücke, die nicht für sich in Anspruch nehmen wollen, diesem Land gerecht zu werden. Andere mögen hier anderes anders erleben. Aber einige mögen hier Erfahrungen wiederfinden, die sie selbst so ähnlich einmal in Polen machten.

Meine größte Hoffnung aber liegt darin, dass diese Eindrücke den ein oder anderen dazu veranlassen, seine Koffer zu packen und endlich zu den Polen zu fahren. Es lohnt sich.

Polen A, Polen B und Warschau

Mein polnischer Freund Olgierd Swida, dem ich einen wunderbaren Tag in Warschau verdanke, hat mich auf die gängige Unterscheidung zwischen „Polen A“ und „Polen B“ aufmerksam gemacht: Unter „Polen A“ könne man die südlichen und westlichen Landesteile zusammenfassen, die modern und liberal sich nach Westen orientierten, während der Norden und Osten als „Polen B“ eher rückwärtsgewandt, katholisch und ländlich geprägt sei.

So eingängig diese Unterscheidung auch auf den ersten Blick erscheinen mag, in Bezug auf zwei Orte muss ich diese Grenzziehung korrigieren (wir Deutschen tun das ja für unser Leben gern): Das nordöstlich gelegene Danzig gehört zweifelsfrei zu Polen A und Warschau gehört weder zu Polen A, noch zu Polen B – sondern zur EU.

Warschau ist eine Stadt wie jede andere europäische Metropole. Es beherbergt die gleichen internationalen Ladenketten in seiner Innenstadt, es erstickt am Verkehr, es ist laut, es ist wie überall. Freilich möchte Warschau sein wie Prag, Bratislava oder Berlin, jene drei großen osteuropäischen Hauptstädte <Denkpause>, die es tatsächlich in jüngster Zeit zu vorgeblichen Trend-Städten geschafft haben. Allein reicht es nicht in angesagten Tages-Cafés die gängigen Trendgetränke Bionade, Aloha oder Fritz-Kola auszuschenken. Sonst wäre ja selbst München angesagt.

Stattdessen positioniert sich Warschau als Museumsstädtchen. Die Warschauer Altstadt, ein UNESCO Weltkulturerbe, wurde von den Deutschen zu 95 Prozent zerstört, ebenso wie die Neustadt, die auch schon 700 Jahre auf dem buckeligem Straßenpflaster hat. Das alte polnische Stadtzentrum wurde nach 1945 nach alten Vorlagen Stein für Stein wieder aufgebaut, wobei man sich wie bei Google Maps das Jahr, das als Vorbild für die Rekonstruktion dienen sollte, fast frei aussuchen konnte. Und so bietet sich dem Besucher ein einheitliches Stadtbild, das nahezu ohne Brüche auskommt und das Ganze so unwirklich und nüchtern als grandioses Bühnenbild entzaubert.

Areale, die nicht zum Kern der nationalen Geschichtsschreibung zählen, wurden eher zweckdienlich in den fünfziger und sechziger Jahren mit „Platten“ bebaut. Ich meine das ehemalige jüdische שטעטל, das Schtetl, das Gebiet des Warschauer Ghettos. Von diesem ist wenig übriggeblieben, alles in allem vielleicht ein Dutzend alte Häuser. Die toten Fensterrahmen eines dieser verfallenden Gebäude zieren Fotografien ehemaliger Bewohner, vielleicht heute der eindrucksvollste Ort in Warschau:

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Ansonsten erinnert nur wenig an das Ghetto: eine in den Bürgersteig eingelassene Markierung,

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natürlich das Denkmal, vor dem Willy Brandt 1971 niederkniete, die bescheidenen Erinnerungstafeln in der „Straße des Erinnerns“ und das Mahnmal am „Umschlagplatz“, an dem die jüdischen Einwohner Warschaus von den Nazis in Viehwagons nach Auschwitz und Treblinka „verladen“ wurden.

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Nach der Niederschlagung des Ghetto-Aufstands 1943 rächten sich die deutschen Besatzer an den Steinen und Mauern und walzten alles nieder, was im Weg stand. So schufen sie Platz für einige moderne Bürobauten, die in den letzten Jahren auf den Brachflächen entstanden und heute ein repräsentatives Ambiente ausgerechnet für die Warschauer Niederlassung der Deutschen Bank bieten. Irgendwie macht nach Jahren alles doch wieder Sinn:

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Nicht verschweigen aber will ich noch, dass das eindrucksvollste moderne Gebäude ebenfalls auf einer solchen Brache erschaffen wurde; vom vielleicht wichtigsten lebenden Architekten mit jüdischen und polnischen Wurzeln, von Daniel Libeskind. Sein Zlota 44 kontrastiert wunderbar mit dem nahe gelegenem stalinistischem Kulturpalast. Man darf Warschau zu diesem Gebäude gratulieren. Wenn irgendetwas Steinernes die Überlegenheit der Moderne und der Demokratie über den nazistischen und stalinistischen Terror der Vergangenheit demonstrieren kann, dann dieser Bau eines polnisch-jüdischen Amerikaners:

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Auschwitz

Man kann als Deutscher Polen nicht besuchen, ohne nach Auschwitz gereist zu sein. Die größten Denkmäler deutscher Geschichte liegen nun einmal im Ausland. Das hat ja seinen Grund.

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Könnte man einen „Ausflug“ nach Auschwitz als lohnend bezeichnen, so müsste man diesem Ort das Adjektiv „lohnend“ vorenthalten. Ich habe Auschwitz nicht als Ort des Erinnerns, Gedenkens oder der Kontemplation erlebt. Stattdessen ist Auschwitz heute in der Tat ein Ausflugsort wie Neuschwanstein mit allen Attributen des Massentourismus. Private Parkplatzeinweiser konkurrieren wild um Touristen, ein Kiosk in einer Lagerbarracke bietet ein buntes Sortiment an Erfrischungsgetränken. Bis 15:30 Uhr darf das Gelände nur mit „Führer“ besucht werden. Und so wird man im Minutentakt durch die „Höhepunkte“ geschleust: acht Minuten Selektionsrampe, fünf Minuten Krankenbau, die Gaskammer bitte zügig durchschreiten, es will ja jeder mal rein. Eigentlich möchte man sich einfach irgendwo hinsetzen und alleine oder doch wenigstens für sich sein.

Auschwitz ist noch immer zu perfekt. Zwischen den gut erhaltenen Baracken bilden grüne Bäume schattige Alleen. An manchen Stellen fühlt man sich wie in einer nett hergerichteten Bergbausiedlung im Ruhrgebiet, wenn nicht die irritierenden deutschen Inschriften über manchen Toren und Türen die Blasphemie offen legen würden, die schon vor 70 Jahren alles als Lüge enttarnte:

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Die Gedenkstätte Dachau ist ein intensiverer Ort des Erinnerns und Mahnens als Auschwitz. Nicht nur weil die Baracken in Dachau fehlen und leere Grundsteinfelder den Verlust genauer markieren, als gut gepflegte Häuser, sondern weil in Dachau ein einzigartiges didaktisches Konzept Wissen und Zusammenhänge vermittelt. In Auschwitz verlässt der unvorbereitete Besucher – und das sind viele – das Mahnmal so dumm, wie er es betreten hat. Von seinem „Führer“ erfährt er nicht mehr, als was schon im Baedeker steht.

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Er sieht hinter Glas einen Berg Koffer, in einem anderen „Schaufenster“ Schuhe und auch Berge von Haaren, die man den Gefangenen geschoren hat um sie industriell zu vermarkten. Die Chance, die ökonomischen Dimensionen des Holocaust und damit eine wichtige Facette des mörderischen Wahnsinns aufzuzeigen, bleibt ungenutzt. Aber man muss es doch hinausschreien, wie man einen Menschen auf seinen Wert als Rohmaterial für Seife und Filzpantoffel bewerten kann. Und man muss doch aufzeigen, dass diese Filzfabriken heute noch existieren. Im fränkischen Roth bei Nürnberg ist noch heute eine Straße nach dem Fabrikanten benannt, der Filzprodukte mit eben diesen Haaren produzierte. Nichts davon verrät Auschwitz. Nichts davon vermittelt Auschwitz.

Krakau

„Krakau ist der Höhepunkt, die schönste Stadt Polens, einzigartig, umwerfend.“ Alles Lüge!

Krakau ist Disneyland. Alles was der moderne Massentourismus in den letzten Jahrzenten hervorgebracht hat, kann man hier auf wenigen Quadratkilometern erfahren: Bunte elektrische Bimmelzüge, die die Touristen durch die Straßen tragen? In Krakau gibt es sie. Pferdedroschken und romantische Fiaker? In Krakau gibt es sie. Restaurants mit türkischem Kebab, italienischer Pizza, spanischen Tapas, amerikanischen Hotdogs, deutschen „Würstl“ auf einer Speisekarte? In Krakau gibt es sie. Blinkende Schleuderraketen? In Krakau … Kaffeetassen mit dem eigenen Bild drauf? In Krakau … Was waren das doch für Zeiten, als die Andenkenindustrie sich noch mit Ansichtskarten, Glaskugeln und bunten Plaketten für den Hut zufrieden gab.

Wie die Warschauer Altstadt wurde Krakau nach 1945 komplett als filmreife Kulisse neu aufgebaut. Das Problem ist freilich, dass die Zuschauer hier zugleich die Darsteller sind. Ein billiges B-Picture in einem professionellen Set. Ich habe Krakau nicht gefunden, kein altes und kein neues.

Obwohl … ein kleines bisschen altes Krakau hab ich ja doch entdeckt: den wunderbaren alten jüdischen Friedhof:

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Breslau

Von allen Städten, die ich in Polen gesehen habe, empfand ich Breslau als die angenehmste. Hier sind Wiederaufbau und Neubau ineinander verwoben. Hier findet man zwischen Touristenlokal und Andenkenladen auch noch ein Sanitärgeschäft. Nicht dass man im Urlaub unbedingt ein Sanitärgeschäft benötigte, aber die Art der Gestaltung eines Sanitärgeschäfts sagt mehr über die regionale und städtische Kultur aus, als ein Andenkenladen.

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Anmerkung: es mag aber auch sein, dass mir Breslau deshalb intensiver als Krakau und Warschau in Erinnerung geblieben ist, weil ich diese Stadt nicht ausschließlich als Tourist besucht habe. In Breslau sitzt in einem modernen Industriegebiet auch einer meiner Kunden: die Firma GOVECS baut hier in der alten schlesischen Hauptstadt moderne Elektroroller für den Weltmarkt. Soviel Werbung muss und darf sein:

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Danzig

Danzig ist eine Hafenstadt. Schon aus diesem Grunde liebe ich es. Hafenstädte sind tolerant, weltoffen, dynamisch und unbequem. Hafenstädte lassen sich nicht „beherrschen“. Das kommunistische Polen hat das leidvoll erfahren müssen. Hier in Danzig begann 1970 die Befreiungsbewegung, die knapp zwanzig Jahre später zum Untergang der DDR, der CSSR, der UdSSR und zur Demokratisierung Polens, Rumäniens und Bulgariens führte. Man muss das nationalistische und erzkatholische Gedöns um Lech Walesa nicht mögen, um die historische Leistung der Solidarnosc zu würdigen. Und man muss nicht zum Katholizismus konvertieren, um den großen Beitrag der Kirche zu diesem Volksaufstand anzuerkennen.

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Eine Rundfahrt durch den Hafen Danzigs ist immer schön. Ein Rundgang durch die Altstadt mag schön sein bei schlechtem Wetter oder außerhalb der Hauptsaison. Im August geht es in Danzig kaum anders zu, als in Krakau. Die alte Architektur ist sehenswert, vermittelt sie doch auch die großbürgerliche Stimmung der alten deutschen Hanse. Ständig erwartet man Oskar Matzerath mit seiner Blechtrommel um die Ecke paradieren.

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Übrigens: in Danzig gibt es eine kleine Dauerausstellung mit Grafiken von Günter Grass in der Szeroka 34/35. Anschauen lohnt; auch weil man dort sicherlich nicht von einem späten Interview mit dem nun wirklich größten deutschen lebendem Schriftsteller konfrontiert wird.

Polnische Küche

Sollte die polnische Küche tatsächlich aus jenen sechs oder sieben Gerichten bestehen, die von Breslau bis Danzig als solche angepriesen werden, so wäre es um dieses Land traurig bestellt. Überall der gleiche Schweinekamm, die gleiche halbe Ente, das gleiche Kraut, die gleiche Zurek-Suppe. Während das landestypische sich auf eine immer kleiner werdende Auswahl an Standards reduziert, nehmen die Speisekarten häufig Buch-Volumen an. Dies liegt aber ausschließlich daran, dass polnische Restaurants gerne aus allen Teilen der Welt das adaptieren, was sie für besonders attraktiv halten. Während man in deutschen Städten sich überlegen kann, ob man sein Dinner beim Italiener, beim Spanier, beim Franzosen, beim Chinesen, neuerdings beim Österreicher oder eben beim Deutschen einnehmen will, geht man in Polen einfach ins nächstgelegene Touristenlokal: dort gibt es höchstwahrscheinlich alles.

Polnische Kirche

Ja, Polen ist katholisch. Dem Polenpapst Woitjla begegnet man überall, nicht nur in den Kirchen. Und er wird nicht nur in den Kirchen respektiert. Er eint das Land, wie es früher nur die Abgrenzung zu allem Deutschen vermochte. So gesehen war der Polen-Papst für uns Deutsche wichtiger, als Ratzinger. Wo geglaubt wird, glaubt man sehr katholisch, also in barocker Pracht und durchaus weltlich orientiert. Der Pfarrer liest schon mal eine Zeitschrift, solange er im Beichtstuhl auf arme Sünder warten muss:

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Vom Wein

Polen ist kein Wein-Land. In Polen braut man ganz ausgezeichnete Biere. Das ist wohl wahr. Wenn man aber in den gängigen Reiseführern liest, man könne in Polen gar einen anständigen Wein erhalten, so ist das geradezu töricht. Italienische Weine findet man zu sehr moderaten Preisen in oftmals vernünftiger Qualität. Bei Franzosen sieht das schon ganz anders aus: Noch der billigste und roheste Burgunder kostet ein Vermögen, gute sind kaum zu erhalten. Positive Überraschungen kann man mit bulgarischen Weinen erleben. Dies ist freilich ein Wagnis; wer kennt sich schon mit bulgarischen Weinen aus? Aus Übersee gibt es nahezu alles, was Südafrika und Kalifornien hergeben. Da ich mich mit Überseeweinen aber auch nicht auskenne, habe ich mich hier weitgehend auf Italiener festgelegt. Und hier scheint der italienische Großhandel einen guten Job zu machen. Es ist ja kein Wunder, dass der französische Weinmarkt seit Jahren in der Krise vor sich hindümpelt. Hier in Polen ist die Grande Nation gerade dabei, ihren Ruf als Weinnation gründlich zu verspielen. Auch wenn man Spülwasser französisch ausspricht wird es nicht bekömmlicher. Désastreux.

Vom Zloty

Polen ist günstig, jedenfalls für uns Deutsche. Ein Zimmer hier direkt am Strand der Ostsee in einem alten Grand Hotel mit Frühstück und viergängigem ordentlichem Abendessen für 100 Euro? Nicht möglich? Aber ja doch. Man sollte nur nicht vergessen, dass der Zloty hoffnungslos unterbewertet ist. Ein polnischer Facharbeiter verdient an die 1.000 Euro im Monat. Eine leitende Angestellte mit 15 Jahren Berufserfahrung in der HighTech-Branche verdient rund 2.000 Euro. Natürlich gibt es auch hier polnische Porsche und Mercedes. Die soziale Differenzierung ist sicherlich nicht kleiner, als in Deutschland. Aber sie ist jünger.

Die Waldhure

Die polnischen Wälder sind groß und mindestens so mystisch, wie die deutschen. Hier gibt es aber nicht nur zahlreiche Pilze und Beeren, sondern auch eine Spezies, die mir aus Deutschland völlig unbekannt ist: die Waldhure. Die Waldhure findet sich als Solitär in einiger Entfernung von besiedelten Gebieten vorzugsweise in größeren Wäldern entlang von Hauptverkehrsstraßen. Sie ist zumeist langbeinig und an eher knapper farbenfroher Bekleidung leicht zu erkennen. Zwischen den einzelnen Vorkommen der Waldhure liegen – als Verkehrsknotenpunkte – entlegene Waldbusstationen.

Das Wifi

Das erste Hotel, in dem ich in diesem Urlaub für den W-LAN-Zugang zahlen muss, liegt in Potsdam. In Polen gibt es überall kostenlosen Internet-Zugang in den – auch einfachen – Hotels, in zahlreichen Cafés und Restaurants und an vielen öffentlichen Wifi-Points in den Innenstädten. Deutschland ist ja so … ach was … ich kann mich schon gar nicht mehr aufregen.

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Am Strand

Jeden Morgen erlebt Polen an seinen Ostseestränden erneut seine Teilung. Gegen neun Uhr beginnen polnische Ehemänner, Väter und Lebensabschnittsgefährden unter Aufsicht und Anleitung weiblicher Begleitpersonen den breiten Sandstrand an Polens Küsten zu parzellieren. Mit im Durchschnitt wohl 80 Zentimeter hohen Planwänden stecken sie das rechtwinklige Terrain ab, das sie für diesen Tag mit ihren Liebsten exklusiv beanspruchen werden. Es entsteht ein mindestens an drei Seiten geschlossener Bau. Paare nehmen dabei durchaus sechs bis acht Quadratmeer für sich in Anspruch, wobei freilich die Gesetze des Marktes auch hier gelten: wer zu spät kommt, den bestraft das Leben: ab zehn Uhr werden die Parzellen immer kleiner, bis gegen Mittag der Strand zur Gänze aufgeteilt ist. Die vierte Seite – gänzlich oder in Form eines engen Durchstiegs – liegt als offene Seite zumeist seewärts, manchmal aber auch landwärts. Man erwartet Angriffe also vor allen Dingen von der Landseite. Historisch eher unverständlich. Ich sage nur: Westerplatte!

Eine ähnliche Strandinlandnahme kannte ich bislang nur von einigen deutschen Stränden. Ob hier die vergleichbare historische Erfahrung von Polen und Deutschen sich in der Strandorganisation ausdrückt, wage ich nicht letztendlich zu entscheiden. Immerhin mussten die Deutschen nach jedem angefangenem Krieg ein Stück Territorium abtreten, die Polen haben ihr Land auch ohne eigenes Zutun regelmäßig zur Gänze verloren. Vielleicht also sucht man so sein Land tagtäglich aufs Neue zu markieren und zu verteidigen. Dabei ist es wie immer: Polen und Deutsche bauen ihre Zukunft auf Sand.

Dabei wissen wir doch längst, dass die Zukunft der Menschen schon lange nicht mehr von Territorien abhängt, nicht von deutschen und nicht von polnischen. Deshalb sind Grenzen heute keine Grenzen mehr; jedenfalls zwischen Polen und Deutschland. Und das ist gut so. Und das ist ein guter Grund für eine Reise zu den Polen, die eigentlich und im Gesamten ziemlich deutsch sind. Das heißt: vielleicht sind wir schon ziemlich polnisch.


Ich möchte Euch als ergänzenden Lese-Tipp noch auf die Reiseberichte von Tom Bischoff hinweisen. Er gibt auf seinem Blog zahlreiche hilfreiche Tipps und Informationen über Reisen nach Polen.

3 Antworten

  1. Chapeau, Mik.

    Ich bin ein wenig neidisch aber auch sehr inspiriert.
    Will sagen: Eine solche Reise könnte mir auch gut gefallen. Ich werd wohl ein Nachmacher.
    Und Du hast sowas von Recht mit der terra uncognita. Eigentlich beschämend.
    Gute Weiter- und Heimreise. Und Danke für Deine Eindrücke, an denen wir teilhaben.

  2. Kleine, aber wichtige Korrektur:
    Krakau ist KEIN Disneyland, wurde im 2. Weltkrieg nicht zerstört und wurde deshalb nicht wie Warschau, Danzig oder Breslau wiederaufgebaut. Es ist also (fast) alles echt. Sogar die Touristenkutschen gibt es seit vielen Jahrzehnten. Touristischen Overkill gibt es. Ja. Aber so etwas weiß man und stellt sich darauf ein. Wer dem entgehen will, muss sich 1 – 2 Straßenzüge außerhalb der Altstadt bewegen oder im März oder Oktober kommen.

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