Es ist nicht leicht, der Schnüffelaffäre um NSA und andere Geheimdienste eine positive Seite abzugewinnen, aber vielleicht war das endlich der Anstoß zu einem Umdenken in Sachen Datensicherheit bei den großen Internet-Anbietern wie Google, Yahoo und Facebook. Wie Nicole Perlroth and Vindu Goel in den New York Times schreiben, haben einige der führenden Figuren des Silicon Valley eingesehen, dass es nicht mehr ausreicht, sich Gedanken um ein schickes neues App oder einen coolen Messaging-Dienst zu machen. Wenn die Branchenriesen auch in Zukunft ihre Wachstumsziele erreichen wollen, müssen sie ihre Systeme erst mal sicher machen – weil wir Kunden das so wollen!
Insider nennen das schon den „Snowdon-Effekt“: Sicherheit hat plötzlich Hochkonjunktur! Internet-Firmen sind in ein wahres Wettrüsten eingestiegen gegen die NSA mit dem Ziel, ihre Systeme abhörsicher zu machen. Bradford L. Smith, der Chefjustiziar von Microsoft, wurde in einem Interview mit den Worten zitiert: „Wir wollen sicherstellen, dass Regierungen den Rechtsweg benützen und nicht mit technologischer Brachialgewalt versuchen, an die Daten unserer Kunden zu gelangen.“ Von Google und Facebook ist jetzt durchgesickert, dass sie endlich angefangen haben, ihren internen Datenfluss zu verschlüsseln. Und als Marissa Mayer von Yahoo dieser Tage in einer Pressekonferenz bekannt gab, ihren User ab Januar den Industriestandard Transport Layer Security anbieten zu wollen, war das Echo der Experten niederschmetternd: zu wenig, zu spät!
In meinen Vorträgen zum Thema Big Data behaupte ich seit Jahren, dass Marktwirtschaft die beste Form von Datenschutz sei, und werde dafür regelmäßig als Spinner deklariert. Meine Argumentation geht so: Firmen müssten die Daten ihrer Kunden schon aus wohlverstandenem Eigeninteresse schützen, weil alles andere für sie enorm geschäftsschädigend wäre. Sobald ich merke, dass jemand Schindluder treibt mit meinen Informationen, sie am Ende womöglich sogar gegen mich verwenden, dann kann ich als Kunde die Höchststrafe aussprechen: Entzug der Kundenbeziehung!
Leider haben die großen Internet-Unternehmen diese simple Logik in der Vergangenheit nicht begriffen. Statt die Sorgen der Menschen um ihre Datensicherheit ernst zu nehmen, haben sie sehenden Auges darauf verzichtet, die notwendige technische Schutzsysteme zu installieren, weil sie Geld kosten und die Systeme verlangsamen könnten. Das rächt sich jetzt, wie Forrester Research in einer Studie zum Thema Cloud Computing festgestellt hat. Da immer mehr Kunden kein Vertrauen zu den großen Anbietern haben, investieren sie weniger, was der Industrie bis 2016 womöglich einen Viertel ihres projizierten Umsatzes kosten wird, nämlich 180 Milliarden Dollar, wie Analyst James Staten in seinem Blog behauptet!
Sicherheit ist gut fürs Geschäft: Es hat viel zu lange gedauert, bis die Internet-Branche diese einfache Weisheit verstanden hat. Aber besser spät als nie… Jetzt müssen wir Nutzer nach dem wirtschaftlichen endlich auch den politischen Druck erhöhen, um den Gaunern und Stinkstiefeln im Staatsdienst endlich kurze Zügel anzulegen. Das ist die einzige Sprache, die die NSA versteht!