Sind es die Inhalte oder ist es die Form? Oder ist es ein generell abnehmendes Interesse an Nachrichten und Politik?
Die Hauptnachrichten, so berichtet der Branchendienst kress.de sind mittlerweile auf einem historischen Tiefstand angelangt, was die Zuschauerzahlen betrifft. Kress beruft sich auf eine neue Quotenauswertung der Media Control. Selbst der unangefochtene „Klassenprimus“ und Spitzenreiter Tagesschau hat mittlerweile kräftig Federn lassen müssen. Niemals lagen die Quoten so niedrig wie zur Zeit – und es sieht auch nicht danach aus, dass sich das signifikant ändern wird. Sicher werden weltbewegende Ereignisse die Quoten punktuell beeinflussen. Es gibt immer Tage, da hockt die halbe Nation vor dem Fernseher, feiert sportliche Großereignisse oder ist fassungslos angesichts eines Attentats. Aber das sind die Ausnahmen.
Die Regel zeigt: Fernseh-Nachrichtensendungen verlieren zunehmend an Bedeutung. Zumindest diejenigen, die zur PrimeTime laufen und mit Fug und Recht als solche bezeichnet werden dürfen.
Man muss wohl Angehöriger der Generation Ü60 sein, wenn es zu den ungeschriebenen Gesetzen gehört, niemals (oder wenn dann nur in absoluten Ausnahme- und Notsituationen) bei jemandem anzurufen, wenn die Tagesschau läuft. Darüber war auf Czyslansky.net in dem oben verlinkten Beitrag über die Tagesschau bereits zu lesen.
Die findigen Enkel allerdings haben es sich längst angewöhnt, fünf Minuten vor Beginn der Tagesschau bei Oma und Opa anzurufen: Damit ist der Pflicht genüge getan und genug Familiensinn gezeigt, andererseits das Gespräch aber auch bezeiten zu Ende, denn Opa will ja die Nachrichten sehen. Weil er es immer schon getan hat, und immer dieselben, und das schon, seit Karl Heinz Köpcke 1955 als erster Sprecher die Meldungen verlas.
Während es sich Opa aber noch treu und jedes Wort glaubend, pünktlich und hochkonzentriert vor dem Wohnzimmerfernseher bequem gemacht hat, ziehen sich die Enkel mehr und mehr zurück. Anders lässt sich der dramatische Quotenrückgang nicht erklären.
Selbst wenn Lehrer ihren Schülern immer wieder einbläuen, mindestens einmal am Tag Nachrichten zu schauen und die Inhalte sogar zum Unterrichtsgegenstand in Fächern wie „Geschichte“, „Sozialkunde“ etc. machen, ist für das klassische Informationsangebot der Sender nur noch wenig Begeisterung zu spüren. Und das betrifft die öffentlich-rechtlichen ebenso wie die privaten. Nur ist bei erstgenannteren die Fallhöhe um einiges größer.
Zyniker könnten jetzt einwerfen, dass „News“ bei Facebook eben keine echten News sind. Nicht nur, weil sie nicht neu sind, sondern weil ihr Gehalt eher dürftig ist. Vielleicht sollte man daher täglich 15 Minuten weniger im sozialen Netz aber dafür eine Viertelstunde vor dem Fernseher sitzen.
Noch weitere 15 Minuten? Dabei hocken doch die Deutschen im Durchschnitt schon über dreieinhalb Stunden am Tag vor der Kiste.Was dort den ganzen Tag über läuft, will ich gar nicht wissen…
Sage also bitte niemand, er habe sich nicht informieren können, wenn er nur gewollt hätte.