Die Jungs von Apple mögen zwar von Kundendienst keine Ahnung haben (siehe dazu mein Kommentar vom 8. Juli) aber hochfliegende Erwartungen produziert keiner so gut wie sie.
Am besten geht das, indem man sagt, man habe ein tolles neues Produkt in der Pipeline, wie es die Welt noch nie gesehen hat. Nur drüber reden können wir leider noch nicht. Nichts macht Journalisten wilder, als wenn sie ankitzelt und dann unbefriedigt sitzen lässt.
Der Trick funktioniert perfekt, wie Apple-COO Tim Cook am Montag wieder mal bewiesen hat.
Eigentlich ging es ja um die Quartalszahlen, aber die sind so langweilig, dass nicht einmal eine Umsatzsteigerung von satten 38 Prozent die Fachwelt aus dem Wachkoma reisst. Im Gegenteil: Die Aktie sank nach der Bekanntgabe sogar um zehn Prozent.
Das änderte sich aber schlagartig, als Cook in einem Nebensatz etwas von geheimnisvollen neuen Produkten sagte, über die er aber leider noch nicht reden könne. O-Ton: “We have some investments ahead of us that I can’t discuss with you today.”
Und was machen die Kollegen? Statt das Notizbuch zuzuklappen und zum Mittagessen zu gehen, stürzen sie sich auf ihre Laptops und hauen Sensationsgeschichten in die Tasten, frei nach dem Motto: „Apple erfindet den Computer neu.“ Ach, was sag ich: den Computer? Nein, die gesamte digitalen Industrie wird hier neu aufgemischt. Von irgendwelchen „neuen Geräteklassen“ ist die Rede, von einem mysteriösen „Subnotebook“ und vor allem – und da musste ich aufhorchen – von einer Art großgeratenem iPhone, der die volle Funktion eines Computers mit denen eines Organzisers sowie eines Mobiltelefons verbindet.
Wie wir Amerikaner sagen: „It’s deja-vu all over again!“
Ein solches Gerät wäre nämlich nichts anderes, als Apples Wiedereinstieg in einen Markt, den sie einmal selbst erfunden haben: den Personal Digital Assistant, oder PDA.
Der erste echte PDA der Welt hieß „Newton„, und war ein irres Teil. Es versprach, die einfache Bedienung des Kugelschreibers mit der Intelligenz eines Computers zu verbinden. Man schrieb darauf mit einem Stift, und eine geniale Software sollte in der Lage sein, das Gekraxel meiner Handschrift in digitale Texte umzuwandeln.
Das Ding hat auch fast funktioniert, aber leider eben nur fast. Die Fehlerrate bei der Erkennung lag zwar angeblich irgendwo bei 98 Prozent, aber die fehlenden zwei Prozent haben so viel Ärger gemacht, dass die meisten Käufer das Ding nach ein paar Wochen entnervt in die Ecke gefeuert haben. Außerdem hat es Apple nie geschafft, den Newton so weit abzuspecken, dass er wirklich in die Jackentasche gepasst hätte. Er blieb auch über mehrere Gerätegenerationen hinweg so groß und klobig wie ein Backstein, also musste man immer noch einen Aktenkoffer mitschleppen. Und da passte auch ein ganz normaler Laptop rein, mit dem man im Gegensatz zum Newton auch richtig arbeiten konnte.
Wenn es stimmt, wie applerumors.com berichtet, dass Cooks Geheimnis ein neuer Apple-PDA ist, dann wird er unweigerlich von irgendeinem Journalisten den Spitznamen „Newton 2.0“ verpasst bekommen. Ob das eine gute oder eine schlechte Hypothek sein wird, muss sich zeigen. Ich habe jedenfalls nicht vor, mich ein zweites Mal von Apples Hypemaschine einfangen zu lassen.
Andererseits: Ich bin auch nur ein schwacher Mensch. Mal sehen, ob ich wirklich die Selbstbeherrschung aufbringen kann, den Verlockungen der Weltmeister im Hochschrauben von Erwartungen zu widerstehen.
Lieber Tim, ausgerechnet Du als Apple-Hasser, ob aus Überzeugung oder Passion, willst dich von einem Sub-Tablett, zum erneuten Abfall von einem lieb gewordenen Glauben bringen lassen? Ich galube es nicht! Was soll denn ein revitalisiertes Fossil aus der Mobile-Computing Steinzeit bieten, was das iPhone nicht längst schon viel besser kann? Und das passt nicht nur in die Jacken- sondern sogar in die Jeans-Tasche. Dass da draußen immer noch ein paar halsstarrige Newton-Fans, die HEUTE noch auf ihrem Lieblingsspielzeug stehen, und versuchen ihm die eigene Handschrift kenntlich zu machen, herumalbern, gehört doch eher in die Rubrik „Seltsames und Skuriles“ als zum wirklichen „Digitalen Leben“. Kauf Dir ein iPhone (wenn’s denn irgendwann wieder welche gibt), wie ich auch, und das digitale Nomaden-Leben hat wieder ein neues Glanzlicht.
wenn ich mich richtig erinnere wurde der newton anfang der 90iger jahre vorgestellt, als jobs gerade nicht an bord war und der krisengeschüttelte apple als übernahmekandidat selbst von sun verschmäht wurde, und die haben ja wirklich früher alles gekauft, was nicht schnell genug auf dem baum oder in der insolvenz war.
ein neuer newton würde den makel des alten nie mehr los werden. vielleicht also wirds nur ein aufgebohrtes iphone, das ausser hübsch zu sein dann auch ein voll tauglicher westentaschen-pc wäre.
ein neuer apple fällt nicht weit vom iphone (stammt dieses marketinggesetz nicht von newton?)