„Mein Vorschlag für ein besseres Deutschland: Für jeden neuen Mitbürger moslemischen Glaubens schmeißen wir einen PEGIDA-Anhänger raus.“

Der bayerische Ministerpräsident Seehofer beschwichtigt: „[Bei den PEGIDA-Demonstrationen sind auch] viele Bürger mit berechtigten Sorgen [dabei].“ Und weiter: „Mit denen muss man in einen Dialog treten und darf sie nicht pauschal verurteilen“. Bei Seehofer könnte man ja noch darauf setzen, dass er ein zwei Tage später das Gegenteil behauptet. Aber er ist ja nicht allein mit seiner Beschwichtigungspolitik gegenüber dem neuen Rechtsradikalismus. Bundesinnenminister De Mazière behauptet gar unter den Teilnehmern seien viele, die „ihre Sorgen zum Ausdruck vor den Herausforderungen unserer Zeit“ bringen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

PEGIDA: Ja geht’s denn noch?

Nur weil die Krawallchöre der PEGIDA-Demonstranten dümmlich sind, sind sie nicht als Bewegung ernst zu nehmen? Nur weil emotionale und irrationale  Angst aus ihren Plakaten schreit, haben die Claqeure des Faschismus nichts mit dem Faschismus zu tun? Ist denn Hitler Kanzler geworden, weil die deutsche Intelligenz ihn gefördert hat? Waren seine Reden denn intelligent? Bildete die SA etwa das Podium des rationalen Diskurses um Blut und Boden? Bildeten denn im Gegenteil nicht gerade die vom sozialen Abstieg bedrohten alten Mittelschichten den Gärteig des Nationalsozialismus?

PEGIDA kommt aus der Mitte der Gesellschaft! Was ist das für ein Gerede? Wo kamen die Nazis Ende der zwanziger Jahre plötzlich her? Vom Mars?

Die Mitte der Gesellschaft ist doch kein Freiraum für totalitäre Denkstrukturen. Wer bestimmt denn, wo die Mitte ist? Meinen die Apologeten der Beschwichtigung nicht einfach das, was heute in Deutschland den sozialen Mittelstand bildet? Oder sich als Mittelstand definiert? In der Mitte einer demokratischen Gesellschaft zu stehen, ist doch nicht gleichbedeutend mit einer Zugehörigkeit zum demokratischen Spektrum. Wer PEGIDA als Mitte der Gesellschaft definiert, der verharmlost die Radikalisierung, die nur zu oft aus dieser vorgeblichen Mitte kommt. Das braune Arschloch kam auch „aus der Mitte.“

Der Chauvinismus von PEGIDA ist nicht neu, neu ist, dass er sich zeigt

Der „autoritäre Charakter“ war stets schon ein Charakterzug des Mittelstands. Dies hat vor Jahrzehnten Adorno nachgewiesen und dies tun heute sozialwissenschaftliche Forscher, die nicht völlig bekloppt sind nicht minder.

Während etwa eine aktuelle Studie der Universität Leipzig  ein offen rechtsextremistisches Weltbild „nur“ bei rund fünf Prozent der Bevölkerung ausmacht – in den neuen Bundesländern sind es ein wenig mehr – werden chauvinistische Einstellungen von fast jedem dritten Bundesbürger geteilt. Das ist der Schoß, aus dem es kroch, vor achtzig kurzen Jahren. Ich bin auch davon überzeugt, dass dieses faschistoide Potential schon lange in Deutschland, und nicht nur hier, in ähnlicher Größenordnung herumspukt. Die Menschen, die heute unter der Fahne von PEGIDA marschieren, die gab es vor ein paar Monaten und Jahren auch schon.

Was neu aber ist, ist dass man diesen Chauvinismus offenbar wieder offen zeigen darf. Man darf wieder auf die „Systempolitiker“ und die „Hetzpresse“ schimpfen und erfährt Verständnis bei zahlreichen Politikern vor allem der CSU, aber leider auch anderer Parteien. Die deutsche Schamfrist nach siebzig Jahren Entnazifizierung ist vorbei. Die Nationalradikalen formieren sich nun auch hierzulande so offen, wie sie dies in Frankreich, in Italien oder in Holland schon seit vielen Jahren tun.

Und das ist beängstigend – nicht, weil „die Deutschen“ empfänglicher qua Geburt für faschistische und autoritäre Ideologien sind – das sind wir nicht –  aber es ist beängstigend, weil hierzulande den irrationalen und geschichtsblinden neuen Nazis allzu schnell gar zu attraktive Idole aus unserer unseeligen Vergangenheit vorgestellt werden können. „Es war ja nicht alles schlecht und ER wusste das Ding mit den Juden eh nicht …“ Und es ist auch einfach beängstigend weil es überall beängstigend ist. Ich möchte auch nicht von Fräulein Le Pen oder irgendwelchen Nazi-Heroen regiert werden.

Wer PEGIDA nachgibt, der verunglimpft die Demokratie

Wer Verständnis für diejenigen hat, die einfach mitlaufen, für die Mitläufer, die vor Überfremdung warnen, die auf das System schimpfen und gegen unsere politischen Institutionen, wer stets den Rückwärtsgang einlegt, weil er sich für politische Schmierenkomödien von der bayerischen Windradnichtpolitik bis zu Edathy schämt, weil er glaubt, dass die Defizite unserer Demokratie als Ursache für einen neuen Faschismus ausgemacht werden könnten, wer zurückweicht vor den Mitläufern, der gibt unsere Demokratie auf.

Es geht doch gar nicht nur darum, dass wir vor wachsender Fremdenangst warnen müssen. Wir müssen – und diese Herausforderung ist viel größer noch – Deutschland zu einer liberalen antichauvinistischen multikulturell ausgerichteten Gesellschaft machen. Angesichts der massiven Globalisierung und angesichts dessen, dass Deutschland von dieser Globalisierung wie kaum ein anderes Land nachhaltig profitiert und auf diese Globalisierung angewiesen ist, können wir uns eine Gartenzwerg-Idylle gar nicht mehr leisten. Unsere Argumentation darf nicht lauten „Ihr braucht keine Angst vor einer Islamisierung zu haben, solange der Anteil der Ausländer gerade einmal bei fünf oder wie in Dresden bei zwei Prozent liegt“. Unsere Argumentation muss sein: „Deutschland ist das zweitgrößte Einwanderungsland nach den USA und wir müssen uns darauf einstellen, dass der Anteil der Ausländer in Deutschland bald bei zehn und mehr Prozent liegen wird.“

Wir müssen die Menschen auf diese Reise mitnehmen, weil es hierzu keine demokratische Alternative gibt. Wer jetzt gegenüber PEGIDA versucht zu schlichten und zu besänftigen, der wird auf kurze Sicht nichts erreichen, weil Mitläufer für Argumente nicht erreichbar sind. Und der macht sich auf lange Sicht unglaubwürdig, weil Multikulti kommt und kommen muss – und schön ist, wenn wir richtig damit umgehen.

PEGIDA: No pasaran

PEGIDA ist die letzte Alarmglocke für eine wehrhafte Demokratie. Sie muss Flagge zeigen: gegen PEGIDA, gegen Chauvinismus, gegen Rassismus, gegen Faschismus. Es darf nicht schick werden und es darf nicht geduldet werden, dass man die Demokratie in Frage stellt, wie PEGIDA dies ungestraft tut. Keinen Zentimeter Platz darf es für PEGIDA im demokratischen Diskurs geben. Wer bei PEGIDA mitläuft ist kein Demokrat. Denn das darf ich von einem Demokraten erwarten: dass er wählen geht und dass er aktiv Politik mitgestaltet, dass er reif ist für einen Diskurs, auch für den Streit der Meinungen. PEGIDA ist keine Meinung. PEGIDA ist bloße Negation.

Wenn die Mitte der Gesellschaft da ist, wo PEGIDA ist, wo ist dann bitte Platz für mich?

 

5 Antworten

  1. „Patriotische“ Europäer – ohne jedes Geschichtsbewusstsein. Es gab Zeiten, z.B. in Nikosia/Zypern, in denen Christen (katholisch, orthodox), Juden und Muslime friedlich miteinander lebten – natürlich jeder in seinem eigenen Viertel.

  2. Wer die Bürger und Demonstranten der PEGIDA verunglimpft lebt selbst im Arsch der Welt und will wie die drei Affen nichts sehen, nichts hören und nichts sagen. Der neue Klerus der „demokratischen Gutmenschen“ wird sich dafür bedanken ohne Kritik alles machen zu dürfen und das eigene Volk immer mehr in seinen Rechten einzuschränken und mit Steuern gut zu belangen. Die Loge der Freimaurer lacht sich kaputt über soviel Dummheit und kann die Werte der Gesellschaft, die in Jahrhunderten gewachsen sind, weiter zerstören.
    P.S. Es wäre nicht schlecht die 19 Punkte der PEGIDA-Bewegung vorher zu lesen, bevor man Menschen Chauvinismus, Rassismus und Faschismus vorwirft. Damit ist ihr Beitrag leider nicht gelungen.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.