Die ganzen Sorgen und Nöte eine leidgeprüften IT-Chefs lassen sich heute kurz und präzise in genau vier Buchstaben ausdrücken: BYOD! Das ist die Abkürzung für den englischsprachigen Begriff „Bring Your Own Device“, was auf Deutsch heißt: „Bring dein eigenes Gerät“. Eigentlich fehlt aber bei dem Kürzel das Wichtigte, denn die Fortsetzung des Spruchs müßte lauten „…in die Firma“. Und genau da wird die Sache prekär. Denn wenn jeder sein eigenes Smartphone oder Tablett-PC zur Arbeit mitbringt, öffnet das Hackern, Industriespionen und sonstigen Bösewichten im wahrsten Sinne des Wortes Tür und Tor. Denn Privatgeräte sind, anders als die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Modelle, in aller Regel schlecht oder gar nicht gegen Schadsoftware geschützt. Und der IT-Chef hat auch keine Möglichkeit, den Kollegen Vorschriften zu machen, etwa darüber, welche Virenschutzsysteme zu verwenden oder wann Patches aufzuspielen sind. Schließlich sind die Geräte ja Privateigentum!
Firmenbesucher vergrößern nur das BYOD-Problem. Aber da kann man ja wenigstens bei der Einlasskontrolle etwas tun. Fragt sich nur, ob man das Richtige tut. Denn eines ist auch klar: Wenn man das Problem mit Hilfe fehlbarer Menschen beizukommen versucht, geht die Sache häufig schief.
Neulich durfte ich einen der schärfst bewachten Orte in Deutschland betreten, nämlich die Räume der Bundesdruckerei in Berlin. Das ist der Ort, an dem die ganzen Geldscheine gedruckt werden, die wir Tag für Tag im Sack mit uns herumführen, wenn wir welche haben und der Bankomat noch brav was ausspuckt. Da liegen die Millionen nur so herum, fein säuberlich auf Paletten gestapelt und in Folie eingeschweißt, wie Müsliverpackungen oder Umzugskartons. Übrigens nicht nur Euros, sondern auch Währungen anderer Länder wie Israel und Kolumbien, die vor allem die hohen Sicherheitsstandards schätzen, die in der deutschen Bundesdruckerei herrschen.
Ich meldete mich pflichtschuldigst an der Pforte, wurde nach meinem Personalauseis gefragt und musste einen Besucherzettel ausfüllen. So weit, so gut. Das kennt man ja auch von anderen Unternehmen und Behörden, die nicht wollen, das Krethi und Plethi bei ihnen frei herumlaufen. Aber dann fragte mich der freundliche Logist, ob ich denn ein Handy mit Kamera bei mir hätte. Okay, auch das kenne ich schon: Smartphones abgeben kennt man auch anderswo. Ist ärgerlich, wenn man womöglich ein Gespräch erwartet, aber verschmerzbar.
Aber der freundliche Pförtner wollte mein iPhone gar nicht einsperren – sondern nur unschädlich machen. Und das ging ganz einfach: Er griff in die Schublade, holte einen Bogen kreisrunder Klebeetiketten heraus, nahm eine runter und pappte sie über die Linse. Dann gab er mir das Gerät zurück.
Ich war, ich gebe es zu, etwas verdutzt und fragte ihn, ob er wirklich glaube, dass das etwas bringe. Schließlich könnte ich das Ding ja ganz leicht wieder abziehen, irgendwelche Firmengeheimnisse fotografieren und es dann wieder aufkleben. „Nee“, sagt er lächelnd, „dat seh ick!“
Aber wir waren ja noch nicht fertig. „Habense ooch n Laptop bei?“, fragte er. Und ich holte brav meinen Thinkpad heraus, der ebenfalls einen Pickerl auf die Linse bekam. Dann winkte er mich fröhlich durch und wünschte mir noch viel Spaß.
Was er mich nicht gefragt hat, war, ob ich vielleicht noch ein Gerät bei mir hatte. Ein echter Gadget-Freak hat ja heute mindesten drei Dinge mit: Smartphone, Laptop und iPad. Das ist so wie früher die Leute, die Stanwell geraucht haben: Mütze, Pfeife, Schal und so.
Nun, wenn man mich nicht fragt, sage ich natürlich auch nix.
Und das illustriert, wie ich finde, sehr schön die Zwickmühle, in der IT-Chefs heute stecken. Sie wissen, dass sie machtlos sind, aber es nützt nichts: Sie müssen! Nämlich versuchen, wenigstens die schlimmsten Auswüchse von BYOD verhindern. Aber sie wissen auch, dass immer wieder einer durchwitschen wird. Im Zweifelsfall der Chef selbst, denn das ist ja der Erste, der sich an der IT vorbei ein schickes neues Smartphone anschafft. Und wenn der arme Pförtner versuchen würde, es ihm abzunehmen, dann ist das Ergebnis absehbar. Er wird einen furchtbaren Karriereknick erleiden.
Ich hoffe nur, dass die meisten IT-Chefs religiöse Menschen sind. Denn eigentlich hilft ihnen heute nur noch das stille Gebet…