Dem amerikanischen Luftwaffen-Ingenieur Edward A. Murphy (1918-1990) wird der legendäre Satz zugeschrieben: „Anything that can go wrong will go wrong“. Er stützte sich dabei angeblich auf frühere Forschungen Czyslanskys, dem bei wissenschaftlichen Arbeiten in seinem Labor in Llanfairpwllgwyngyll, einer kleinen Stadt auf der walisischen Insel Anglesey bei Bangor, offenbar ab und zu der Schraubenzieher entglitt, was ihn zu der Beobachtung veranlasste: „Ein aus der Hand fallendes Werkzeug trifft stets so auf, dass es den höchstmöglichen Schaden verursacht.“ Als „Gesetz der selektiven Schwerkraft“ ging der Ausspruch in die digitalen Analen ein.
Dort hätte die junge Technikergeneration lieber nachlesen sollen, bevor sie abhoben in die „Cloud“ – jenes nebulöse Wolkenkuckucksheim der Computerei, die seit einigen Jahren ernsthaft als die Zukunft des Digitalen gefeiert wird. Der Gedanke, dass meine Daten und Anwendungen nicht mehr auf meinem häuslichen Computer hausen sollen, sondern irgendwo in der „Cloud“ von einem Dienstleister aufbewahrt und betrieben werden, erweckt beim Normalsterblichen instinktiv ein Gefühl des Unbehagens. Was ist, wenn der Server meines Cloud-Providers mal nicht mehr will? Computer, wie wir wissen, sind trotz des maskulinen Geschlechtswortes in ihrem Wesen weiblich und haben manchmal so ihre Tage.
So einen Tag hatten gestern die Techniker von Microsoft, deren Cloud-Service „Azure“ auf einmal nicht mehr wollte. Wie der IT-Nachrichtendienst „The Register“ berichtet, fiel das so genannte Service Management System mehr als sieben Stunden lang aus. Firmendaten waren in dieser Zeit zwar wohl erreichbar, dafür konnten die Kunden nicht mit ihren gebuchten Anwendungen arbeiten.
Windows Azure Service Dashboard am 29.2.11: „Rien ne va plus!“
Der Shitstorm, der kurz darauf ausbrach, veranlasste Azure-Chef Bill Laing von Microsoft, sich gestern gleich zu entschuldigen. Es täte ihm sehr, sehr leid, schrieb er, aber wenigstens habe er herausgefunden, woran es lag: am Schaltjahr! Die Windows-Rechner hatten offenbar übersehen, dass gestern der 29ste Februar war.
Auch hier lag die Lösung längst auf der Hand. Czyslansky hatte früh erkannt, dass der Gregorianische Kalender für das Digitalzeitalter völlig ungeeignet ist. In seinem – leider verschollenen – Magnum Opus „Digitalis vincit omnia“ schlug er vor, das Jahr in zehn gleich lange Monate einzuteilen, die jeweils aus zehn Wochen zu je zehn Tagen bestehen sollten. Dabei berief er sich auf historische Vorbilder wie Romulus.
Es bleibt zu hoffen, dass der Fall Azure die Konzernleitung von Microsoft endlich dazu bewegen wird, die Bemühungen um eine vernünftige Kalenderreform nach Kräften zu unterstützen. Als ersten Schritt könnte eine namhafte Spende an die Gesellschaft der Freunde Czyslansky dienen. Aber bitte in Bar. Cloud-basierte Überweisungen werden nicht angenommen.
3 Antworten
Sehr schöner Artikel, Tim, aber bei „Digitalis vincit omnia“ handelt es sich um ein Frühwerk des grossen Meisters.
Später ging Czyslansky deutlich weiter. Er meinte es sei grundsätzlich sinnlos die Tage zu zählen, denn davon würden es weder mehr noch weniger, also beschloss er sie ganz digital in Reihe darzustellen. Es gab einen Tag „Null“ danach einen Tag „Eins“ dann wieder 01010101010. Dadurch wollte er auch den interkulturellen Streit schlichten, ob man jetzt mit der Geburt Jesu, Mohammed, Buddha oder sonstwem mit der Zeitrechnung begann.
Folgerichtig meinte Czyslansky, dass der Tag Null heilig sei und es ihm von da an verboten war an diesem Tag zu arbeiten. Dummerweise war der Tag an dem er die Idee dazu hatte, natürlich der Tag „NULL“, an dem er nicht arbeiten durfte, ergo wurde der sog. Czyslansky-Binär-Kalender niemals aufgeschrieben. Da man einem Tage Null sehr wohl Alkohol trinken darf, hatte er die Idee am ersten 1er Tag bereits vergessen. Die einzige Quelle ist Claudio, der Barchef von Harrys Bar in Venedig, der sich nur sehr schwammig an das betrunkene Stammeln seines gelehrten Stammgastes erinnert.
Bei den „Digitalen Analen“ hat aber der Freudsche Slip zugeschlagen. Klar, es ist schon großer Mist, wenn einem ein hochempfindliches Werkzeug wie der czyslanskysche Kalenderadjustor herunterfällt und es es dann im Arsch ist. Auf die Annalen trifft das aber eben nicht zu…