immernoch werden hexen verbrannt
auf den scheiten der ideologie.
irgendwer ist immer der böse im land
und dann kann man als guter und die augen voll sand,
in die heiligen kriege ziehn…
(Konstantin Wecker: „Hexeneinmaleins“)
Und schon haben wir sie wieder – die Sexismusdebatte, diesmal soll sie das Sommerloch der taz füllen helfen. Aber damit nicht genug, unseres auch: Denn einmal mehr darf sich, wenn sie/er es denn will, die/der Czyslansky-LeserIn in den Kreis derjenigen einreihen, die sich lauthals echauffieren, weil es ein Markenartikler/eine Markenartiklerin geschafft hat, eine Kampagne auf den Markt zu bringen, der man/frau den Makel anheften könnte, sexistisch zu sein. Oder noch bsser: Unsere LeserInnnen dürfen sich erhaben genug fühlen, sich bei denen einreihen, die sich darüber aufregen, wenn und weil andere sich aufregen.
Ist etwas Schreckliches passiert?
Ja…
Kein geringerer als der weltweit operierende Konzern Ferrero, der ja den LeserInnen bestens als Lieferant/Lieferantin der wenig gesundheitsförderlichen Schokoladencreme Nutella bekannt ist, ist in das Visier der taz-Autorin Daniela Zinser geraten. Warum?
Ein kleines Ei, das seit Jahrzehnten Kinder glücklich macht, wenn Muttis (und im geringeren Maße Vatis) etwas zum Spielen, was Süßes und eine Überraschung vom Einkauf mitgebracht haben, ist der Stein des Anstoßes. Warum mag man/frau sich fragen, wo doch ein Kinderüberraschungsei gleich drei Dinge in einem beinhaltet? Was kann falsch daran sein?
Die Verpackung macht’s, wettert die taz. „Fassungslos guckt man zu, wie einer die Uhr auf 1965 zurückstellt und dabei noch alles rosa malt“, so Daniela Zinser. „…herausgekommen ist Spiel, Spaß und Sexismus: das neue Überraschungsei, ,nur für Mädchen’“.
Damit ist mal wieder alles gesagt.
Ferrero hat es gewagt, eine Überraschungsei-Edition auf den Markt zu bringen, das eine gewagte Farbkombination zum üblichen weiß und orange-rot ziert. Es hat ein blumig-rosafarbenes Dekor. Optisch eher grenzwerig, aber über Geschmack kann man/ja streiten, und darum geht es auch gar nicht.
Mit dem Werbeclaim „Ei love rosa“ zielt Ferrero selbstverständlich auf ein weibliches Kundenklientel – Alter 4-10. Gesagt wird das explizit natürlich nicht. Muss es auch gar nicht. Die Generation, die sich von Prinzessin Lillifee bis zu Barbie alles in pink erträumt weiß auch so, dass sie gemeint ist. Mädchen eben. Und genau das, so urteilt die taz, ist anprangerungswürdiger Sexismus: „Alles Rosa, nur für Mädchen. Daneben, in der uncoolen Ecke, stehen ab Mitte August dann die normalen Ü-Eier für die Jungs und die Nicht-Mädchen.“ Und weiter: „Traurig ist das. Schnell mal alle Klischees zementiert und ein Ei drumrumgepackt.“
Während die Autorin ihren eigenen Artikel ironisch durchbricht und bestätigt, mit rosafarbenem Nagellack und rosafarbener Blumentasse vor dem Rechner zu sitzen, finden sich unter den KommentatorInnen des Artikels natürlich wieder die EmpörungsaktivistInnen. Denn so etwas, was Ferrero und andere Hersteller für’s rosafarbene kindliche Mädchengemüt anbieten, darf es natürlich nicht geben : … die Spielzeug-Industrie treibt die Geschlechtertrennung voran, weil Brüder und Schwestern sich weniger teilen wollen, ergo die Eltern mehr Geld ausgeben – und um eine fürchterliche Stereotypisierung, die die Wahlmöglichkeit des individuellen Menschen einschränkt. Was ist mit den rauhen Mädchen, den zarten Jungs, mit allen, die anders sein wollen? Welche Identitätsentwürfe erhalten die? bestätigt Katie in ihrem Kommentar zum Artikel die Autorin. Wesentlich weiter spannt den Bogen User Daniel: Als Vater eines Kindes dessen Mutter aus Sierra Leone West Afrika kommt, muss ich dazu sagen, Lillifee ist auch rassitisch. Es gibt keinen Charakter der aus Afrika, Indien oder China kommt. Als ob die Filme aus dieser Deutschen Prduktion 1933 gedreht wurden ist der Star blond und blauaeugig. Das so ws huete noch in Deutschland geht ohne dass ich jemand beschwert und auch noch ein Erfolg wird ist unglaublich!
Smartie hingegen, ein/e andere/r NutzerIn des Portals, die/der sich unter dem Artikel zu Wort gemeldet hat, sieht’s eher gelassen: Au weia! Das einzige Klischee, das hier bedient wird, ist jenes der verbittert-spaßfreien, auch noch am Süßwaren-Regal um „Gender-Neutralität“ ringenden Feministin, die ganz dringend ein Thema fürs Sommerloch gebraucht hat. Wie recht er/sie hat.
Aber vollends auf den Punkt bringt’s eigentlich UserIn spin: ein kurzer blick in die kommentareliste, und man sieht ne menge dummheit – und sich-dumstellerei…
Dem ist dann wohl nichts mehr hinzuzufügen.
Bin gespannt, wann sich die ersten Berufsschwulen melden, die fordern, daß Rosa keineswegs nur für Mädchen sein darf. Und dann melden sich die Schlaumeier (zu recht) und weisen darauf hin, daß das „rosa“ eigentlich ziemlich lila ist. Jedenfalls für ein Rosa. Und dann melden sich die Fairtrader und regen sich drüber auf, daß die Eier irgendwo in der Dritten Welt von Kindern handgesammelt werden und dass die Diskussion hier doch recht zynisch sei und kurz drauf melden sie sich nochmal und korrigieren, es ginge nicht um Eier, sondern um irgendwelche Markenklamotten, aber im Endeffekt sei das dasselbe. Und dann melden sich die Zahnärzte und weisen drauf hin, daß Schokolade giftig sei und dann ist es September und man könnte wieder normale Sachen berichten, aber die Lust am Shitstorm wird nicht nachlassen und dann spielt es auch keine Rolle mehr, wenn es nur ein leichtes Shitlüftchen ist wie hier. Oh mei oh mei. Man reiche mir meine Piemontkirschen, solange es sie noch gibt.
Als Bub geh ich jetzt mit dem Sarottimohr spielen … http://www.sarotti.de/fun/spiel/start. Das ist zwar rassistisch und bäh, aber nicht so hohl wie ein Ü-Ei.
‚Piemontkirschen‘, wertgeschätzter svb, sind auch nur eine schäbige Erfindung der Ferrero-Werbestrategen. Die gibt es genausowenig wie lila Kühe… Und davon ganz abgesehen ist für ‚Mon Cherie‘ gerade selbstverordnete Sommerpause. Wegen der Produktfrische. Was natürlich auch wieder nur Werbestrategie ist. Warum regt sich eigentlich darüber niemand auf? Das ist doch viel skandalöser.
Ich hätte gerne eine hellblaues Ü-Ei (alleine die Abkürzung Ü-Ei ist schon zum Kotzen) mit schwarzer Herren-Schokolade in dem nur Männersachen drin sind. Zigarren, Hiltis, Playmates …
@Alexander: LOL. Ü-Ei gehört zu O-Saft, ist aber wegen des enthaltenen Hiats noch erheblich unerträglicher. Unerträglicher: Ein Wort, das ich hier zum Spass einmal steigere, auch wenn das sonst nur sprachunbegabte Politiker tun.
Nicht minder wertgeschätzter @Lutz: Genau das sage ich doch. Solange es sie noch gibt. Wenn der Shitstorm Ferrero wegspült, gibt es keine Piemontkirschen mehr.
Oh man die taz hat auch nichts bessers zu tun…
Rosa ist die Nummer eins Lieblingsfarbe der weiblichen Kindergarten Kinder und Grünschülerinnen ! Ich finde die Idee von Ferrero toll, da ich selbst früher immer ein bischen entäuscht war wenn da so ein „blödes“ Auto drinnen war. So kann nichts mehr schief gehen ! Ich freue mich für alle Mädchen da draußen die sich jetzt immer über ihre Überraschung freuen können 🙂
Konsequent wären Ü-Eier für Mädchen mit kleinen Schuhen drin statt Autos …
Meine Tochter (7) ist ein Sport und Natur liebendes Kind und keine „rosa Prinzessin“. Die hat sich das Ei im Supermarkt nur kurz angeguckt und als „hässlich“ betitelt und sich das herkömmliche Überaschungsei ausgesucht.
Subvertizing made in Leipzig„Rosa Eier“ auf Leipzig-Almanach
Nicht jedem scheint das rosa Ei zu schmecken…