Offener Brief an Josef Bryla

Sehr geehrter Herr Bryla,

ich kenne Sie nicht, Sie kennen micht nicht. Offengestanden bin ich mir ziemlich sicher, dass ich Sie auch nicht kennenlernen möchte. Trotzdem schreibe ich Ihnen diesen offenen Brief. Denn mir sind Ihre Kommentare aufgefallen, die Sie unter die Focus-Meldung „„Antifa-Zigeunerhure“: ARD-Moderatorin wird nach Flüchtlingskommentar massiv beleidigt bei Facebook abgesondert haben. Diese Kommentare finde ich in gewisser Weise herausragend – nämlich nach unten. Und da nicht jeder Facebook nutzt, erlaube ich mir, Ihre Hasspostings hier zu zitieren. Denn es ist ja eine öffentliche und mitnichten eine rein private Äußerung.

Sie kommentierten und antworteten also so:

bryla bryla2

Das hat mich neugierig gemacht und ich habe Ihr Profil besucht.
Offensichtlich stammen Sie, das spekuliere ich aus dem was ich dort lese, aus Polen. Das würde dann auch das überaus bescheidene Deutsch erklären, in dem Sie schreiben.

Sind Sie vor der „Wende“ nach Deutschland gekommen? Sind sie vielleicht sogar ein Anhänger der damals verbotenen Gewerkschaft Solidarnosc gewesen?
Vielleicht sind sie ein politisch Verfolgter des Regimes von Woiciech Jaruzelski, der das Land verlassen musste, als dieser im Dezember 1981 das Kriegsrecht ausgerufen hatte?

Dann wären Sie ja ein politischer Flüchtling… Gut, dass Sie es geschafft haben, dem langen Arm des diktatorischen Regimes unbeschadet zu entkommen.

Oder Sie sind vielleicht viel später nach Deutschland gekommen, vielleicht sogar erst, als Polen in die EU aufgenommen worden war und Ihnen das Recht zugestanden wurde, ihren Wohnort in jedem x-beliebigen EU-Staat frei zu wählen.

Sie wohnen am Rhein, wie ich sehe, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie in unser Land gekommen sind, nur weil es am Rhein so schön ist. Daher unterstelle ich Ihnen, dass Sie sich einfach und ungefragt das Recht genommen haben, ihre polnische Heimat zu verlassen und in einem anderen Land Ihr Glück zu versuchen, vielleicht in einem Land, in dem es mehr Arbeit gibt und in dem für die gleiche Arbeit mehr bezahlt wird… wie zum Beispiel in Deutschland. Das ist in Ordnung.

Aber sind Sie dann nicht auch so etwas wie ein Wirtschaftsmigrant? Jemand, der am höheren Lohnniveau genauso partizipieren wollte, wie an den Sozialleistungen eines anderen Landes?

Das wäre nicht ungewöhnlich. Viele Polen denken und handeln so. Der Zuzug aus dem Nachbarland gehört zu den stärksten Migrationsbewegungen in Deutschland überhaupt. Das ist nichts Neues, schon im 19. Jahrhundert kamen Polen in großer Zahl, um sich im Ruhrgebiet im Bergbau und den Hüttenwerken zu verdingen. Heute wundert sich dort niemand mehr über Namen wie Schimanski, Koslowski oder Slomka.

Schon als Kind lernten wir im Revier Wörter wie Mottek und Matka selbstverständlich zu verwenden, ohne, dass wir wussten, dass diese aus der Sprache der Ruhrpolen stammen. Es war einfach egal, so wie die für uns zwar gut aussprechbaren aber kaum richtig zu schreibenen Namen Rybarczyk, Majrczak, Przybilsk, Kaczmarek, P. Es waren ganz einfach Nachbarn, Schulkameraden, Freunde, Kollegen, Kommilitonen. So wie Müller, Meier, Schmidt und Schulze.zeche-kaiser

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Sie sind hier willkommen, lieber Herr Bryla.

Aber andere sind es eben auch, die Menschen, die heute zu uns kommen…
Ich glaube nicht, dass Sie das Recht haben, diesen Menschen die Sehnsucht nach einem friedlichen Leben und nach einem angemessenen Lebensstandard in menschenwürdigen Verhältnissen abzusprechen.

Und wenn diese Menschen viel dafür investieren, sogar ihr Leben riskieren, dann haben sie mehr auf sich genommen und vielleicht mehr zurückgelassen, als die Menschen, die in Polen ihre Wohnung zugesperrt, ihre Koffer in den Wagen geladen haben und einfach Richtung Westen gefahren sind … auf der Suche nach einer neuen Existenz in Deutschland.

Bitte überlegen Sie mal: Hatten Sie das Gefühl, in Deutschland willkommen zu sein?

Wenn ja: Warum gönnen Sie das dann nicht auch anderen Menschen, vor allem, denen, die Schutz in unserem Land suchen?

Wenn nein: Warum lernen Sie dann nicht aus ihren Erfahrungen und versuchen, es besser zu machen?

Denken Sie mal darüber nach und lernen Sie aus der Geschichte, vielleicht auch aus Ihrer eigenen… und dann handeln Sie entsprechend!

 

 

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