Vor knapp zwei Jahren hatte ich einmal angefangen, mit Mythen im Internet aufzuräumen. Einer der Blogartikel ist mir noch recht präsent, er trug den Titel „Mythos 6: Ohne Verwertungsrechte sähe die Musik heute ärmer aus„. An diesen musste ich denken, als ich kürzlich an mehreren Stellen las, die Gema hätte einen Sieg gegen Youtube errungen. Einen Sieg? Ich weiß nicht. Was ist passiert?
„Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar“. Dazu ein betrübtes Emoticon. Jeder kennt es, keiner schaut genau hin, wir wissen, was das bedeutet: Man arbeitet auf einem Rechner, auf dem keine hilfreiche Software wie beispielsweise proxymate installiert sind. Ein lösbares Problem also, aber natürlich auch immer ein bisschen lästig. Natürlich stimmt etwas mit dem Text nicht. Das Video ist in Deutschland vielleicht schon verführbar, nur nicht bei YouTube, und YouTube sagt selbst, das Video enthalte möglicherweise Musik, für die eben eventuell an die GEMA gezahlt werden müsste.
Laut Internetworld sind mehr als 60 Prozent aller Videos aus den Youtube Top 1.000 Charts in Deutschland gesperrt. Das Landgericht München ist nun zur Ansicht gelangt, dieser Text sei eine Herabwürdigung der GEMA. Für Youtube heißt das nun ändern oder Ordnungsgeld zahlen.
Google kann natürlich in die nächste Instanz ziehen. Die Chancen, dort zu obsiegen, stehen nicht schlecht, immerhin stützt sich das LG München auf das Wettbewerbsrecht und die Frage darf schon erlaubt sein, inwieweit Google und die GEMA im Wettbewerb stehen. Im Wettbewerb um die öffentliche Gunst vielleicht, aber da hat die GEMA ohnehin keine Chance. Alternativ designt Google ein neues Hinweischild. Was Google letztlich macht, ist egal, die GEMA steht als Marke für die Verhinderung, Google für die Innovation.
Nun könnte einem die GEMA in der Auseinandersetzung fast leid tun. Gegen Google hat sie keine Chance. Dieser Sieg hilft nicht, genauso, wie es vor rund 2000 Jahren dem Pyrrhus nicht genützt hat, die Römer zu besiegen. Aber auch nur fast leid, zu ärgerlich ist immer noch die Faktenlage:
- Die GEMA hat den Interimsvertrag mit YouTube 2009 nicht verlängert, im Glauben, das verbessere ihre Optionen bei der Verhandlung
- Die GEMA hat über jedes verfügbare Mikrophon verbreitet, ohne das Geld von YouTube erginge es den Musikern schlecht. Dabei vertritt die GEMA nicht die Musiker (die haben ihr Geld schon bekommen und gehen bei allen späteren Verwertungen typischerweise leer aus), auch nicht die Musikproduzenten (die zwar von den meisten für geldgierig gehalten werden, ohne deren Vorfinanzierung aber viele Projekte niemals möglich geworden wären), nein, die GEMA vertritt die Komponisten.
- Die finanziellen Vorstellungen der GEMA waren unerfüllbar. 0,375 Cent pro Aufruf. Bei einem mäßig erfolgreichen Video mit 20.000 Aufrufen wären das 75,00 Euro. Bei einem Video. Geldgier ist eine Todsünde.
- Die GEMA hat behauptet, Google habe kein akzeptables Angebot gemacht. Stimmt nicht, Google hat vorgeschlagen, die GEMA an den Einnahmen aus den Videos zu beteiligen. Groß sind die nicht, aber in Summe komt da einiges zusammen. Daß Google mehr Geld ausspuckt, als es einnimmt, ist eine kindliche Forderung. Oder eine unaufrichtige.
Die GEMA hatte ihre Chance. 2009 hätte sie sich mit Google einigen können und zeigen können, daß sie bereit ist, für ihre Mitglieder auf die sich veränderende Situation im Markt Antworten zu schaffen. Einigen, auf einen kleineren Betrag vielleicht, aber auf jeden Fall auf mehr, als sie für ihre Klientel heute rausholt. Solange die Videos gar nicht ausgestrahlt werden, gibt es nicht wenig, sondern eben gar kein Geld.