Sommer, Sonne, Kaktus – wer jetzt nicht im Sand liegt, durchs Wasser pflügt oder das Opernhaus im Urwald sucht, der liest, und zwar einen Reiseblog. Die Zeiten, da man mit dem Finger im Diercke Atlas auf Reisen ging, sind vorbei. Reiseblogs liegen im Trend. Und zwar schwer.
Jahr für Jahr steigen die Zugriffszahlen auf Reiseblogs, steigt die Zahl der Reiseblogs, steigt die Zahl der bloggenden Weltenbummler. Und immer mehr Reiseblogger können von ihren Blogs leben. Denn die Industrie – Reiseveranstalter, Luftmatratzenbauer und Sonnenölmixer, aber auch Markenhersteller aller Branchen – haben die Reiseblogs längst als interessantes Werbeumfeld entdeckt.
Die Wachstumskurven der Reiseblogs macht lüstern:
Dass die Reiseblogs nicht nur das Fernweh ihrer Leser bedienen, sondern offenbar auch relevant für die Wahl und Buchung von Reisen sind, darauf deutet der Peak der saisonalen Suchvorgänge nach „Reiseblog“ im Januar hin, dem Monat, in dem viele Menschen ihren Jahresurlaub buchen.
Flughafen mit Reiseblog
Ich lasse ungern einen Trend aus, von aufdringlich-albernen Pokemons vielleicht abgesehen. Also blogge ich jetzt auch über Sommer, Sonne, Kaktus. Jedenfalls ein bisschen. Als der Flughafen München, immerhin einer der größten Airports des Kontinents, im vergangenen Winter nach einem Partner für die Entwicklung eines eigenen Reiseblogs suchte, hob ich meinen Finger. Und mein Finger war erfolgreich, weshalb ich nun seit einigen Wochen mit Kollegen inhaltlich zuständig für einen Reiseblog bin: Travellers Insight ist der Reiseblog des Münchner Flughafens. Leider bin ich zu wenig auf Reisen, um einen Blog alleine füllen zu können. Aber dann wäre das ja auch nur ein weiterer Reiseblog unter Hunderten. Aber Travellers Insight ist etwas anderes: ein Themen-Blog der Community.
Reiseblogger gibt es wie Sand am Meer. Und Sand ist kostbar.
Tatsächlich berichten auf Travellers Insight zahlreiche deutschsprachige Reiseblogger von ihren Reisen. Sie geben Tipps und Tricks zu Destinationen, aber auch mal zum Buch für unterwegs, zur Reisefotografie, zum sicheren Taxifahren und vieles mehr. Nur über den Flughafen München berichten sie nicht. Und das ist spannend: Der Airport stellt die Plattform zur Verfügung. Er ist Herausgeber. Aber er wirbt damit kaum für sich. Man muss schon genau hinsehen, um den Münchner Flughafen als Herausgeber des Blogs zu erkennen. Und inhaltlich hält er sich auch weitgehend heraus. Dem Blog tut das sicherlich gut. Letztlich geht es den Airport-Verantwortlichen um „Blogger Relations“, also um gute Verbindungen – um gute „Verbindungen“ geht es einem Flughafen ja immer – zu Meinungsmachern in Sachen Reise. Marketingtechnisch ist das ein Ansatz, den ich mag.
Große Reiseblogs
Leider gibt es kein zuverlässiges Reichweiten-Ranking für Reiseblogs. Rankings wie das bekannte Teads-Ranking sind unzuverlässig und veraltet. Es gibt aber eine ganze Reihe von Quality-Rankings, etwa das schön gemacht Ranking vom flocblog oder das recht bekannte Influma-Ranking für Reiseblogs. Analysiert man die dort genannten Blogs genauer, so sieht man, dass die wenigsten deutschen Reiseblogs auf fünfstellige monatliche Visit-Zahlen kommen. Blogs wie 22visits kommen offenbar schon mal auf 35.000 Besuche im Monat, die meisten Reiseblogs dürften klar darunter liegen. Der Markt ist arg segmentiert.
Dafür gibt es drei einfach einleuchtende Gründe:
- Zum Einen verdankt sich die Segmentierung dem Umstand, dass die meisten Blogs von einem oder höchstens von einer handvoll Bloggern geschrieben werden. Auch wenn diese Blogger rund-um-die-Uhr unterwegs sind, so ist ein Reiseblog doch schwieriger regelmäßig mit neuen Inhalten zu befüllen, als ein politischer oder News-orientierter Blog.
- Zum Zweiten sind die meisten Reiseblogger thematisch auf bestimmte Destinationen oder „Reisekulturen“ spezialisiert: unter ihnen gibt es Nordlandfahrer und Italo-Kenner, Fernreisende und Waldläufer. Viele Blogs sprechen einen thematisch recht engen Leserkreis an.
- Zum Dritten ist die Reise-Blogger-Szene bei aller Professionalisierung doch noch immer ein liebenswertes Biotop: der Blogger reist sehr gerne, schreibt gerne, fotografiert manchmal ganz gern – aber SEO ist Teufelswerk. Das macht die Szene liebenswert, granularisiert ihr Angebot aber auch.
Deshalb ist es so wichtig, die engagierten Reiseblogger zu fördern, indem die vielen unabhängigen Blogs fleißig verlinkt werden und indem sich auf Travellers Insight etablierte Blogger mit ihren Blogs positionieren können. Die Welt ist groß und will bereist werden. Die Welt der Reiseblogger ist auch groß – und sie will gelesen werden. Ich werde den August zuhause verbringen, nicht mit dem Finger im Atlas, aber mit der Maus in den Reiseblogs. Und mit der Tastatur in meinem Reiseblog. 😉
Danke für den Hnweis auf die Lesercharts.
35.000 Besucher ist etwas niedrig gegriffen. Ich schätze es gibt rund 10 deutsche Reiseblogs mit über 100.000 Uniques im Monat.
Kein Vergleich zu Modeblogs, aber immerhin.
Das ist ein wunderbarer Beitrag. Als neue Reisebloggerin freue ich mich zu lesen, dass nicht nur die Blog-Zahlen zunehmen, sondern auch das Interesse wächst.
Reisen ist etwas wunderbares und wenn man als Reiseblogger sein Hobby zum Beruf machen kann, ist das grandios. Schön, dass immer mehr die Faszination des Reisens entdecken. Dabei sind der Austausch mit den Reisebloggern, das Stöbern durch die zahlreichen, inspirierenden Blogs und die tollen Inhalte unglaublich wertvoll.
Ich freue mich jedenfalls, ebenfalls dem Trend anzugehören und die Zeit zu haben, spannende Beiträge wie diesen hier lesen zu können. Vielen Dank dafür!
Ich hab mal eine Frage, woher kommen die Zahlen für die Statistik bzw ich schreibe gerade eine Bachelorthema über das Thema reiseblogs und frage mich ob ich diese Statistiken verwenden kann?
Mit freundlichen Grüßen
Deborah
Liebe Deborah,
Ihre Frage nach den Quellen bezieht sich vermutlich auf die beiden oberen Grafiken zu „Google Trends“. Hier handelt es sich um eine einfache Abfrage nach „Reiseblog“ über das Tool „Google Trends“: https://trends.google.de/trends/. Sie können diese Grafik also einfach selbst aktualisieren (aber auch gerne meine Daten verwenden). Herzliche Grüße.