Ich bin ja ein großer Fan von Singles. Man hat einfach mehr Bewegung, als mit LPs, die man nur alle 20 Minuten umdrehen muss…

Außerdem habe ich mich vor einigen Wochen in einer Single-Börse, die eigentlich eine Partner-Börse ist, angemeldet. Meine Frau hat das erst ein wenig irritiert. Nachdem ich ihr aber klar gemacht habe, dass meine Profilierung als „attraktiver und finanziell unabhängiger Mann in den besten Jahren“ rein beruflich veranlasst ist – ich habe mich derart auf einen Pitch um den Social Media Etat eines großen Partner-Portals vorbereitet – war sie auch wieder beruhigt. Den Mann aus dem von mir angelegtem Profil kannte sie eh nicht.

Aber was red ich hier schon wieder. Es geht mir um etwas ganz anderes.

Ich habe – bedingt durch meine neue Sensitivität bei diesem Thema – eben einen wirklich spannenden Blog-Beitrag über die Herausforderungen der sozialen Medien für etablierte Partner-Börsen entdeckt. Jürgen Vielmeier outet sich auf netzwertig als Elite-Partner-Single. Und was er an klassischen Partner-Portalen bemängelt ist ihr statisches und wenig flexibles Gehabe. Man (und frau) gibt seine Vorlieben und Eigenschaften in weitgehend standardisierten Selbstbeschreibungen an und der Computer matcht dann die so generierten Profile. Damit es künftig zwischen einem Lasagne-Esser und einer Pferdefreundin nicht zu Konflikten kommt.

Demgegenüber stehen soziale Apps, die mehr oder weniger den Akt der Selbstbeschreibung durch eine Interaktions- und Netzwerkanalyse ersetzen: Das System analysiert aus unserem Verhalten in sozialen Netzen ein Profil und matcht dieses Profil mit anderen sozialen Profilen. Oder kurz: wenn Facebook eh schon alles von mir weiß, dann weiß Facebook auch besser, als ich, wer zu mir passt. Ein interessanter Ansatz.

Und eine Herausforderung für die großen führenden Online-Partnervermittlungen wie ElitePartner, FriendScout24 oder PARSHIP. Diese leiden heute daran, dass viele ihrer „Kunden“ noch nicht öffentlich zu ihnen stehen wollen. Man liked sein Partner-Portal noch nicht so gerne auf Facebook. Das digitale Partner-Suchen spielt sich noch immer oft im Verborgenen ab. Jürgen Vielmeier ist hier eine Ausnahme. Dabei ist die Partner-Suche über Online-Börsen heute quer durch alle sozialen Schichten weit verbreitet und niemand braucht sich mehr dafür zu „schämen“. Der Erfolg von Online-Dating und Online-Partnervermittlung kennzeichnet die Brüchigkeit von Partnerbeziehungen in unserer schnelllebigen und hochgradig mobilen und flexiblen Zeit. Welche Ehen werden denn noch für das „Leben“ geschlossen? Und wo trifft man gleichgesinnte „Suchende“, wenn man bereits mit allen drei Beinen im Berufsleben steht?

Trotzdem sehen die Facebook- und Twitter-Angebote der großen Dating-Anbieter in aller Regel jämmerlich aus. Vergleicht man die Dating-Branche mit anderen Branchen, so ist das Defizit in Sachen Social Media Marketing unübersehbar. Dabei geht es bei der Partner-Vermittlung um Kommunikation, um sozialen Austausch, um Erfahrungen, um Emotionen, um Menschen, kurz: um alles das, was soziale Medien erfolgreich macht. Sterile Fragebögen und ein allzu steifes Beharren auf die „Seriosität computergestützter und deshalb objektiver Vermittlungstätigkeit“ ist nun einmal das krasse Gegenteil spaßorientierter sozialer Medien.

So wundert es nicht, das der Markt für klassische Online-Partnerbörsen ausgereizt zu sein scheint. Der Markt für Single-Börsen ist rückläufig, für klassische Partner-Börsen wächst er zumindest nicht mehr:

Es mag ja sein, dass die uns von Facebook zugedachte zielgruppenspezifische Werbung nicht wirklich seriös ist:

Aber intelligentes Target Marketing, dass die öffentlich vorliegenden personenspezifischen Informationen aus den sozialen Medien berücksichtigt, ist die zentrale Chance für klassische Partner-Börsen. Weil Facebook weiß, wer zu uns passt, und soziale Medien uns die Chance geben spielerisch miteinander zu kommunizieren, steht das „Partner-Marketing“ mal wieder vor einer Revolution.

 

5 Antworten

  1. Ich denke, das Problem liegt weniger bei den Social Media Plattformen als bei deren Usern. Wie ja bekannt – auch hier schon öfters thematisiert – bemühen sich gerade FB-User, gegenüber ihren „Freunden“ möglichst perfekt darzustehen. Das aber ist der Punkt. Einen Partner über eine Dating-Plattform oder FB zu suchen, hieße ja einzugesehehn, dass man im Reallife dazu nicht fähig ist. Dass man nicht so cool, so attraktiv, so sexy… ist.
    Wie stände man denn da vor seinen Facebook-Freunden da…

  2. Hallo Herr Kausch,
    Ich denke, Partnersuche ist zu individuell, um mit einer Strategie alle Bedürfnisse aller Singles erfüllen zu können und so ist die Vielfalt der Angebote und deren Strategien ein Spiegelbild der Unterschiedlichkeit von Singles. Dass bspw. Partneragenturen (Disclaimer: ich bin/war für mehrere tätig) nicht erfolgreich wären, steht im Widerspruch zu deren Erfolgsquoten. Eine Agentur bspw. hat gerade die Zahl der Paare veröffentlicht, die in diesem Jahr ihren zehnjährigen Hochzeitstag feiern. Das ist nicht nur in Vermittlung sondern auch in Langfristigkeit durchaus erfolgreich und eigentlich eine sehr schöne Sache, oder? MfG

  3. Hallo Herr Hegmann,

    Sie haben natürlich recht: die Angebote müssen so vielfältig sein, wie die Bedürfnisse der „Nachfrager“. Mir geht es auch nur um einen Trend, den ich meine, auszumachen: je akzeptierter und öffentlicher das Partnersuchverhalten wird, desto stärker wird die Integration von Partnervermittlung und Social Media werden. Und desto stärker kann die Selbsteinschätzung und Eigenprofilierung, auf die etablierte Anbieter heute setzen (müssen), durch Fremdprofilierung ergänzt (keinesfalls ersetzt) werden. Online-Partnervermittlung hat ihre Zukunft noch vor sich, wenn sie sich tendenziell den sozialen Medien gegenüber öffnet. Und was heute noch Nischenangebot ist, wird morgen Mainstream sein. Eigentlich auch eine schöne Sache, oder? 😉

  4. Unbedingt! Es ist doch großartig, wie viele Möglichkeiten heute Partnersuchenden offen stehen, wo es früher vielleicht nur Sonntagstanztee und Kleinanzeigen gab – oder die Vermittlung durch die Eltern. Ich denke, jede Strategie hat ihre Berechtigung. Erfolgreich ist meist diejenige, die die bisher erfolglose Strategie oder Muster durchbricht. Der Freundeskreis ist statistisch ja auch nicht umsonst der beste und bewährteste Kuppler. Neues zu auszuprobieren wird am besten durch Vielfalt ermutigt, glaube ich. Bei den sozialen Netzwerken und ihren integrierten oder aufgesetzten Anwendungen ist bisher die Furcht der vor allem weiblichen Mitglieder, als bedürftig zu erscheinen, der größte Hemmschuh. Intelligente „Vorschlagsysteme“ scheinen mir da Erfolgversprechend, bspw. das Konzept, das gerade Loveopolis vorstgestellt hat. Aber die bleiben nach meinen Erfahrungen den jüngeren Singles vorbehalten. Die Generation 50 oder 60+, die heute viel häufiger als früher, auch nach Trennung oder Tod eines Lebenspartners eine neue Beziehung suchen, fühlen sich bei den Agenturen mit ihrem beinahe klassischen Ansatz meist wohler als in den sozialen Netzen. Aber da wird, da gebe ich Ihnen ganz sicher Recht, noch sehr viel passieren und das wird bei uns und in anderen Kulturkreisen mit anderer Kennenlernkultur extrem spannende Entwicklungen hervorbringen. In China habe ich erlebt, dass sich Eltern von in die Großstadt gezogenen Kindern übers Netz zusammen taten, um dann vor Ort eine typische Kuppelparty zu veranstalten. Hauptsache, Menschen finden sich. Und sei es nur für eine Affäre 😉

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