Ein beliebtes Experiment in Seminaren mit us-amerikanischen und europäischen Teilnehmern geht so:
Man fordert alle Teilnehmer auf, drei Kreise zu malen: der erste Kreis soll für die Vergangenheit stehen, der zweite für die Gegenwart und ein dritter für die Zukunft. Mit signifikanter Differenz sehen die Darstellungen unterschiedlich aus, je nachdem, ob ein Teilnehmer in den U.S.A. oder in Europa sozialisiert wurde:
Die typische Darstellung eines US-Amerikaners:
Die typische Darstellung eines Europäers:
Ich habe dieses kleine Experiment in den letzten Monaten einige Male durchgeführt und in der Tat klappt es meistens. Stellt man das Ergebnis zur Diskussion, so ist die Interpretation ebenso einfach wie einleuchtend: der Amerikaner sieht eine große Zukunft vor sich, der Europäer eine große Vergangenheit hinter sich.
Die Rolle von Vergangenheit und Zukunft ist nicht so klar, wie es scheint
Dass dies aber nicht einfach als Optimismus versus Pessimismus zu interpretieren ist, sondern auch als unterschiedliche Auffassung vom Wert der Vergangenheit interpretiert werden kann, muss meistens noch hinzugefügt werden. Für viele Teilnehmer von der anderen Seite des Atlantiks ist die Vergangenheit abgeschlossen, für Europäer ist sie oftmals auch ein wertvoller Quell für die Analyse der Zukunft. Das macht ihre Größe, die große Bedeutung ihrer Vergangenheit aus.
Spannend wäre es, dieses Experiment auf Menschen mit afrikanischer Kultur auszuweiten. In zahlreichen afrikanischen Kulturen liegt die Zukunft bekanntlich „hinter“ dem Menschen, die Vergangenheit aber „voraus“. Für sie ist die Vergangenheit „sichtbar“, steht also „vor Augen“, während die Zukunft so ungewiss ist, wie jenes, was sicher hinter unserem Rücken abspielt. Eigentlich gehen wir Europäer in afrikanischen Augen rückwärts. Und das ist vielleicht gar nicht mal so falsch gedacht …